Zweierlei Maß: Was Klima- von Corona-Politik unterscheidet

16.11.2020, 14:14 Uhr
In der Klimapolitik scheuen die Mehrheiten in Bund und Ländern jegliches Verbot. (Symbolbild)

© Olivier Le Moal/shutterstock.com In der Klimapolitik scheuen die Mehrheiten in Bund und Ländern jegliches Verbot. (Symbolbild)

Brav und fast schon selbstverständlich storniert eine Vielzahl ihre geplanten Weihnachtsurlaube, ebenso demütig wird in Kauf genommen, dass eine Generation übergewichtiger Kinder heranzuwachsen droht. Weil an normalen Sportunterricht, der ja nichts anderes als Gesundheitsschutz bedeutet, gerade nicht zu denken ist. Nun mag über jede einzelne dieser Maßnahme diskutiert werden, die Mehrheit der Deutschen steht hinter dieser mit vielen Einschnitten verbundenen Linie.

Und ein Großteil der politischen Parteien ebenso. Zumal bei Corona mit dem Gesundheitsschutz der Risikogruppen argumentiert wird, der eben über allem stehe.

Sogar Übererfüllung der Verbotspolitik wird akzeptiert. Jüngstes Beispiel dafür lieferte die bayerische Staatsregierung, die wohl in einer Art Trotzreaktion auf die mögliche Wiedereröffnung von Fitnessstudios gleich den gesamten Individualsport in Hallen verbietet.

Erstaunlicherweise führt all dies zu keinem kollektiven Aufschrei, lediglich die betroffenen Verbandsvertreter artikulieren ihren Unmut. Verbotspolitik kann also in Deutschland umgesetzt werden. Das ist eine der Lehren aus den vergangenen Corona-Monaten. Dass dabei Kollateralschäden entstehen, wie ein da und dort anzutreffendes Denunziantentum, wird billigend in Kauf genommen. Ganz anders liegt der Fall in der Klimapolitik: Hier scheuen die Mehrheiten in Bund und Ländern jegliches Verbot. Das neue bayerischen Klimaschutzgesetz steht exemplarisch für diesen Stil, der auf unverbindliche Gebote und freiwillige Mitwirkung der Bevölkerung setzt.

Dieses grundverschiedene Vorgehen irritiert aus vielerlei Gründen. Denn auch bei der Frage der Erderwärmung geht es um Leben und Tod. Einziger Unterschied: Die Opfer des Klimawandels werden erst in einigen Jahren, vielleicht auch Jahrzehnten zu beklagen sein.

Das führt nahtlos zur vielleicht entscheidenden Differenz. Weil uns Corona hier und jetzt betrifft, werden die Wählerinnen und Wähler auch bei der nächsten sich bietenden Chance über die Corona-Maßnahmen abstimmen.

Das Politikfeld Klima zieht hingegen nach wie vor deutlich mehr jüngere Wählergruppen in seinen Bann. Wer sich die Alterspyramide im Lande vor Augen führt, weiß, dass die Älteren derzeit ungleich mehr Stimmengewicht inne haben.

Sollte das die – natürlich unbestätigt bleibende – Begründung für die Zweierlei-Maß-Politik sein, käme dies einem Offenbarungseid für vorausschauendes Handeln gleich. Denn die Jugend von heute hat dieselbe Aufmerksamkeit verdient wie die Älteren.

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