Ausbau der Bahnstrecke Nürnberg - Schirnding: Bürger stellten online Fragen

6.7.2020, 05:50 Uhr
Für eine Elektrifizierung müssten einige Eisenbahntunnel im oberen Pegnitztal aufgeweitet werden.

© NN Für eine Elektrifizierung müssten einige Eisenbahntunnel im oberen Pegnitztal aufgeweitet werden.

Bis Ende des Jahres erreicht die DB mit dem Abschluss der Vorplanungen einen wichtigen Meilenstein für den Ausbau der Bahnstrecke Nürnberg–Schirnding. Corona-bedingt konnten die Einzelprojekte nicht wie eigentlich geplant ab Juni bei mehreren Versammlungen vor Ort vorgestellt werden. Um dennoch zeitnah den Austausch mit den Bürger/-innen zu ermöglichen, dienen nun dazu aktuell als "neue Bausteine im Dialog" Online-Infotermine. Einer dieser Termine war vergangenen Mittwochabend, bei dem im Livestream der Planungsabschnitt 2 vorgestellt und über einen Chat Fragen gestellt werden konnten.

Matthias Trykowski, zuständiger DB-Gesamtprojektleiter Bahnausbau Nordostbayern erläuterte zunächst einen kurzen Projekt-Steckbrief, zeigte die geplanten Maßnahmen einschließlich Bahnstromversorgung auf der Strecke zwischen Vorra und Ranna auf und beantwortete anschließlich zusammen mit Michael Engelmann, Projektleiter Abschnitt Nürnberg-Schirnding, die Fragen der zugeschalteten Zuschauer.

Moderatorin Marion Fink bemühte sich dabei redlich, dass zumindest ein großer Teil der exakt 108 Anfragen in den zur Verfügung stehenden neunzig Minuten von ihren beiden Videopartnern beantwortet werden konnte. Vor allem die Variante 2 "Neubautunnel Hartenstein", erstmals bei einem kürzlich stattgefundenen Pressetermin in Lauf der Allgemeinheit bekanntgeworden, war dabei von besonderem Interesse. Einige Fragen dazu:

"Besteht die Möglichkeit eines unterirdischen "Bahnhof Hartenstein"?"

Neue Haltepunkte würden in der Zuständigkeit des Freistaates Bayern liegen, jedoch bei einem Deckgebirge von über 100 Meter technisch und finanziell kaum vorstellbar.

"Wie könnte die DB den Wegfall der Haltestellen Velden und Rupprechtstegen kompensieren?" "Wie würde die Anbindung an Velden garantiert?"

Ein Abzweig zum Neubautunnel, etwa bei Engenthal, sei zwar technisch vorstellbar, aber wenig sinnvoll. Bahnbenutzer aus Velden müssten sich eher in Richtung Bahnhof Neuhaus an der Pegnitz orientieren. Eine dann notwendige Busverbindung falle in die Zuständigkeit des Landkreises.

"Welchen Fahrzeitgewinn ergibt sich durch den Ausbau?"

Die beiden Tunnelröhren könnten mit 160 km/h befahren werden, Zeitgewinn etwa zwei Minuten.


Fünf Kilometer langer neuer Tunnel im Pegnitztal?


"Könnte die bisherige Strecke für die Regionalbahn, sprich S-Bahn erhalten bleiben?"

Ein paralleler Ausbau mit den bisherigen Problemen in den Bestandstunnels sei unrealistisch, so die Antwort von Michael Engelmann. Bei einem Kostenvergleich zwischen der Generalsanierung der vorhandenen Strecke mit einem Tunnelneubau seien die Kosten für letzteren natürlich höher, bei der Bestandsstrecke kämen aber neben den Tunnelaufweitungen noch andere Kostenfaktoren dazu, so dass die Summen für eine Variantenentscheidung kaum ausschlaggebend seien, so der Projektleiter.

Ein "Anonymous" und weitere Fragesteller wiesen darauf hin, dass man derzeit Brücken auf der Bestandsstrecke sanieren würde, was ja verlorene Investitionen seien, würde ein Tunnel Hartenstein realisiert. Der Sprecher erläuterte dazu, dass die jetzigen Brückenerneuerungen technisch zwingend notwendig geworden seien, damit der Bahnbetrieb dauerhaft aufrecht gehalten werden könne ("Die Züge müssen sicher unterwegs sein!"), denn die Bagger stünden ja nicht schon morgen im Pegnitztal.

"Und ab wann fahren die ersten elektrischen Züge auf der Bahnstrecke?"

Es sei leider sehr schwierig, diese Frage seriös zu beantworten. Auf den zeitlichen Ablauf habe man nur sehr begrenzten Einfluss, so müssten die Projekte noch ein Planfeststellungsverfahren durchlaufen, also ein förmliches Verwaltungsverfahren, das durch das Eisenbahn-Bundesamt durchgeführt wird. Der Zeitaufwand für ein solches Verfahren unterscheidet sich je nach Projekt teilweise sehr stark und kann sich beispielsweise durch Klagen deutlich verzögern. Man könne ganz allgemein von Umsetzungszeiträumen von etwa zehn Jahren sprechen und darüber hinaus von einer Bauzeit von "einem halben Dutzend Jahren".

Weitere Fragen und Hinweise waren unter anderem "Warum keine Wasserstoffzüge mit Brennstoffzellenantrieb?", "Bei einem Tunnelneubau würde sich die Parksituation an den Endpunkten stark verschlechtern!", "Wer würde im Falle eines Hartensteiner Basistunnel für Zusatzausstattungen für die örtlichen Feuerwehren und Rettungsdienste als Kostenträger aufkommen?" Angeregt wurde eine Haltestelle Güntersthal, wo im benachbarten Werk etwa 1000 Leute alle mit dem Auto zur Arbeit fahren. Und für die Neuhauser Zugbenutzer ganz wichtig: "Kann man weiterhin in einer halben Stunde nach Nürnberg kommen, egal, auf welcher Variante die S-Bahn eingeführt wird?" – "Ja", betonte Projektleiter Engelmann, "der Regionalexpress Neuhaus – Nürnberg wird bestehen bleiben, parallel neben der S-Bahn eine attraktive Verknüpfung!"

Zuschauende mit interessanten Fragen und Ideen

Und schließlich kam die Frage, ob man die Züge nicht einfach (stromlos) durch die Tunnel "segeln" lassen könne. Dies sei allerdings mit der Sicherheit des Bahnbetriebs nicht vereinbar, so beide Fachleute. Auch für einen möglichen Rückbau gab es schon Vorschläge: "Könnte man die alte Strecke dann eingleisig als Museumsbahn mit historischen Zügen betreiben? Und gleichzeitig das zweite stillgelegte Gleis zum Fahrradweg umbauen?" Ideen, die an diesem Abend noch nicht beantwortet werden konnten; nur grundsätzlich gelte "eine doppelte Infrastruktur wird es nicht geben".

Fazit nach 95 Minuten Online-Infoveranstaltung: Es ist noch viel Klärungs- und Gesprächsbedarf, mit der interessierten Bevölkerung und den tangierten Behörden (weitere Vor-Ort-Termine sind geplant) notwendig, ehe eine der beiden vorgestellten Varianten realisiert wird, was wohl in diesem Jahrzehnt nicht mehr der Fall sein dürfte. Ihr Auftrag sei vergleichbar mit dem eines Architekten, wie die Projektleiter Trykowski und Engelmann betonten, der zwar Planungsvorschläge einbringe, entscheiden werde aber stets der Bauherr, in diesem Fall der Bund, Stichwort "Parlamentarische Beschlussfassung".

Alle ausführlichen Infos zu diesem Thema, insbesondere auch zu einem Rückblick auf Mittwochabend mit allen Fragen und Antworten unter www.bahnausbau-nordostbayern.de

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