Vorstellung des Haushalts

Corona-Loch: Gerät der Bezirk Mittelfranken bald an seine finanziellen Grenzen?

10.12.2021, 06:00 Uhr
Der Haushalt des Bezirks Mittelfranken. Auch wenn er etwas besser ausfällt als befürchtet, könnte er demnächst an seine Grenzen kommen.

© dpa Der Haushalt des Bezirks Mittelfranken. Auch wenn er etwas besser ausfällt als befürchtet, könnte er demnächst an seine Grenzen kommen.

Die Lage beim Bezirk Mittelfranken bleibt weiter angespannt, auch wenn die vorgestellten Zahlen zum Haushalt 2022 zumindest etwas besser ausfielen als erwartet. Darüber war auch Bezirkstagspräsident Armin Kroder (Freie Wähler) sichtlich erleichtert: "Da können wir wirklich dankbar sein."
Für das kommende Jahr veranschlagt der Bezirk Ausgaben von über einer Milliarde Euro. Der Hauptanteil davon, rund 87 Prozent, fließt in die Sozialausgaben. Dazu gehören vor allem Hilfen für Behinderte, Pflegebedürftige und Senioren.

Zwar steigt gleichzeitig auch der staatliche Finanzausgleich für erbrachte soziale Hilfen um 17,6 Millionen Euro. Laut Kämmerer Fritz Weispfenning, der bereits Ende Oktober den ersten Entwurf des nächsten Haushaltes vorgestellte hatte, hinken diese Gelder aber langfristig den immer weiter steigenden Sozialausgaben hinterher. Vor allem die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes erfordere immer höhere Beträge. Allein die Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung und die Hilfe zur Pflege belaufen sich auf knapp 696 Millionen Euro.

Um zu sparen, hatte der Bezirk Ende Oktober Einschnitte beim Fahrdienst für Behinderte beschlossen, die Mitte nächsten Jahres in Kraft treten. 100.000 Euro sollen damit im kommenden Jahr gespart werden. Zu wenig, sagt die AfD: "Mittelfranken wird nach wie vor nahezu so viel für den Behindertenfahrdienst ausgeben wie der Rest von Bayern", sagte Fraktionsvorsitzender Thomas Klaukien in seiner Haushaltsrede.

Anders sehen es SPD und Grüne: Die wichtigste Aufgabe des Bezirks sei die Inklusion von Menschen mit Behinderung, deswegen müsse hier weiter investiert werden, betonte SPD-Fraktionsvorsitzende Gisela Niclas.

Mehr Geld für ambulante Dienste

Fast alle Parteien brachten bei der Haushaltsdiskussion – die, um mehr Abstand einhalten zu können, in den Räumen der Landwirtschaftlichen Lernveranstaltungen in Triesdorf (Landkreis Ansbach) stattfand – zudem weitere Anträge ein: Eine deutliche Mehrheit fand unter anderem der Vorstoß, die finanziellen Mittel für ambulante Dienste wie etwa die Suchtberatungsstellen und sozialpsychiatrische Dienste um weitere 443.000 Euro, auf 25,7 Millionen Euro, aufzustocken.

Der Ausbau der jeweiligen Versorgungsstellen sei gerade aufgrund der negativen Folgen der anhaltenden Corona-Pandemie wichtig, so SPD-Fraktionsvorsitzende Niclas.
Angenommen wurde auch der Antrag der CSU, dass Inhaber der sogenannten Bayerischen Ehrenamtskarte im kommenden Jahr für den Besuch des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim keinen Eintritt zahlen müssen.

Corona-Loch: Gerät der Bezirk Mittelfranken bald an seine finanziellen Grenzen?

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Um alles zu finanzieren, greift der Bezirk vor allem auf seine Haupteinnahmequelle zurück, die sogenannte Bezirksumlage, die die fünf kreisfreien Städte und sieben Landkreise in Mittelfranken an Ansbach überweisen. Dieser Posten errechnet sich noch aus der kommunalen Steuerkraft 2020, dem Jahr, in dem die Pandemie losging.
Dennoch gab es zumindest in diesem Punkt gute Nachrichten, die Kämmerer Weispfenning auch dementsprechend erleichtert verkündete: Die endgültige Umlagekraft 2022 liege "doch deutlicher über der Trendmeldung als erwartet". In konkreten Zahlen kann der Bezirk damit Einnahmen von rund 637 Millionen Euro verbuchen – 2,7 Millionen mehr als zuvor erwartet.

Gelöst sind die Finanzprobleme in Mittelfranken damit aber keineswegs. Um die Ausgaben wie beschlossen finanzieren zu können, muss der Bezirk tief in seine Reserve-Tasche greifen: Insgesamt 20 Millionen sollen aus den Rücklagen entnommen werden. Zudem verständigten sich die Fraktionen darauf, eine weitere halbe Million als Kredit aufzunehmen. Auch die Erhöhung des Hebesatzes für die Umlagen von derzeit 23,55 auf 23,85 Prozentpunkte hätte das nötige Geld in die Bezirkskasse gespült.

Aus "Verantwortung gegenüber den Städten und Landkreisen" sei jedoch "ein Agieren innerhalb der kommunalen Familie" angebracht, hatte Kämmerer Weispfenning bereits bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs gegen diese Lösung argumentiert.

Doch spätestens für den darauffolgenden Haushalt könnte dem Bezirk nichts anderes übrig bleiben. Denn durch die Pandemie hatten die Kommunen massive Gewerbesteuerausfälle.
Für das Jahr 2020 hatte die der Bund ausgeglichen. Werde das für das Jahr 2021 nicht wiederholt, "droht in 2023 eine massive Deckungslücke im Bezirkshaushalt", so die eindringliche Warnung der Kämmerei. Laut der Berechnungen könnten das an die 68 Millionen Euro sein.

Viele Schulden

Schon jetzt steht Mittelfranken finanziell nicht gut da: Im Vergleich zu den anderen sechs bayerischen Bezirken hat der mittelfränkische mit 69,1 Millionen Euro die mit Abstand höchste Verschuldung. Und auch die Rücklagen sind deutlich schmäler als bei den meisten anderen Bezirken.

Für 2022 kann die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage von 9,5 Millionen noch erreicht werden, betonte Kämmerer Weispfenning. Ohne weitere Kredite oder eine Erhöhung der Umlagen, könnte das für die kommenden Jahre aber deutlich schwieriger werden.

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