Lebensgefährliches Wetterphänomen

Darum ist auch Franken vor einem Tornado nicht sicher

17.2.2022, 12:08 Uhr
Tornado über Kiel: Mehrere Menschen wurden durch die Luft gewirbelt und teilweise schwer verletzt.

© Philipp Brandl/dpa Tornado über Kiel: Mehrere Menschen wurden durch die Luft gewirbelt und teilweise schwer verletzt.

Erst im Juni 2021 hatte ein Tornado unweit Frankens Menschenleben gefordert, es kam völlig überraschend zu einer Katastrophe in Tschechien.
"Die Vorgänge in der Atmosphäre sind einfach zu chaotisch, um eine genaue Vorhersage solcher explosiven Naturereignisse zu treffen", so Andreas Friedrich, DWD-Tornado-Experte, damals im Interview mit unserer Redaktion. "Verschonte Regionen haben einfach Glück gehabt", es hätte "jederzeit" auch Süddeutschland treffen können.

Tornados, drehende Wirbelwinde, entstehen, wenn sich verschiedene feuchte und warme Luftmassen übereinanderschichten oder zusammenprallen. In Tschechien haben bei dem Unwetter mindestens vier Menschen ihr Leben verloren, 200 wurden verletzt, davon mussten fast 60 stationär in einem Krankenhaus versorgt werden. Der Tornado hatte sieben Dörfer in der Region Südmähren verwüstet.

Die Dunkelziffer ist hoch

Laut Friedrich vom DWD werden in Deutschland jedes Jahr bis zu 60 Tornados gezählt, bei weitem nicht alle natürlich von der Stärke wie jetzt im Nachbarland. Die seien in diesem Ausmaß hierzulande eher selten, aber keineswegs ausgeschlossen. Außerdem sei die Dunkelziffer hoch, weil von den Meteorologen nicht alle erfasst werden könnten.

Zuletzt habe es solche folgenreichere Stürme 1968 in Pforzheim gegeben und 1984 in der damaligen DDR, wo Mähdrescher durch die Luft geflogen seien. "Das ist aber erst nach der Wende bekannt geworden", erläuterte Friedrich, "in dem kommunistischen Land habe man das der Öffentlichkeit gegenüber verschwiegen, weil man eine solche Nachricht als unwillkommene Beunruhigung der Bevölkerung wertete."

Bis zu 420 Stundenkilometer

Für die Stärke von Tornados gibt es ähnlich wie für Erdbeben mit der Richterskala einen eigenen Maßstab, die Fujita-Skala. Sie wurde 1971 von einem Japaner entwickelt und richtet sich nach aufgetretenen Windgeschwindigkeiten und entstandenen Schäden. Diese Schadensklassifikation für Starkwinderscheinungen wie Tornados reicht von F0 bis F5. Der Sturm in Tschechien dürfte bei F4 gelegen haben, schätzt Friedrich. Das bedeute Windgeschwindigkeiten von 330 bis 420 Stundenkilometer.

Ein Mann fährt im Juni 2021 mit seinem Fahrrad auf einer Straße vorbei an den Trümmern zerstörter und stark beschädigter Gebäude im tschechischen Dorf Mikulcice.

Ein Mann fährt im Juni 2021 mit seinem Fahrrad auf einer Straße vorbei an den Trümmern zerstörter und stark beschädigter Gebäude im tschechischen Dorf Mikulcice. © Ondrej Deml, dpa

In Franken und der Oberpfalz haben vergleichbare Unwetter in der Vergangenheit durchaus schon Verwüstungen angerichtet, wenn auch nicht in dem Ausmaß wir kürzlich in Tschechien. So kam es im August 2019 im Landkreis Roth zu schweren Schäden. Da wurde das Dach einer Schule teils abgedeckt, ein ICE strandete und Ortschaften hatten keinen Strom mehr.

Eineinhalb Jahre zuvor zerstörte ein Tornado Gebäude und Fahrzeuge im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Bewohner des heimgesuchten Dorfes Wind blieben glücklicherweise unversehrt. Und vom schlimmsten Sturm der vergangenen 25 Jahre sprachen Feuerwehrleute in Fürth von einem Sturm 2017 in der Stadt und im westlichen Landkreis Fürth.

Übersät mit zerbrochenen Dachziegeln

Erst zwei Jahre zuvor richtete eine gefährliche Windhose, wie Tornados auch genannt werden, verbunden mit einem Hagelsturm im Landkreis Neumarkt massive Schäden an. Die Bewohner von Ohausen erlebten ein angsteinflößenden Schauspiel. Und 2006 wurde die Südstadt Nürnbergs wegen eines solchen Wetterphänomens zum Katastrophengebiet. Die Straßen waren übersät mit zerbrochenen Dachziegeln, Balken zerbarsten, Dachrinnen wurden abgerissen, kiloschwere Blumenkübel wirbelten durch die Luft.

Dieser Artikel erschien erstmals im Juni 2021 und wurde aktualisiert.

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