20. Jahrestag 

Erlanger erlebte 9/11 in New York: "Die Erinnerungen sind immer noch präsent"

10.9.2021, 20:00 Uhr
Ein Bild, das sich eingeprägt hat: Am 11. September 2001 steuerten Terroristen Flugzeuge auf das World Trade Center in New York.  

© SETH MCALLISTER, AFP Ein Bild, das sich eingeprägt hat: Am 11. September 2001 steuerten Terroristen Flugzeuge auf das World Trade Center in New York.  

Wenn Guillaume d'Hommee an den 11. September 2001 zurückdenkt, geht ihm vieles durch den Kopf - und vor allem durchs Herz. An jenem Dienstag, der die Welt mit den Terroranschlägen in den USA für immer veränderte, war der heute 47-Jährige gerade Praktikant im Hauptquartier der Vereinten Nationen, mitten in New York City, in der Nähe des World Trade Centers.

Wie jeden Morgen stieg der gebürtige Erlanger, der heute in Berlin lebt und arbeitet, aus der U-Bahn in der 42. Straße, überquerte Straßen und Plätze, um an seinen Arbeitsplatz zu kommen. Dort erfuhr er dann von den Attacken, auch wenn man in diesem Moment noch niemand an Osama Bin Laden und das islamistische Terrornetzwerk Al Quaida dachte.

"Der 11. September und auch die Zeit danach sind immer noch präsent", sagt Guillaume d'Hommee heute. Eigentlich filtere der Mensch ja über die Jahre hinweg viele Erinnerungen aus seinem Gedächtnis heraus, erzählt der Unternehmensberater in der Kreativwirtschaft, der auch etliche Jahre im Produktmanagement bei Adidas beschäftig war, doch in diesem Fall sei das anders: "Es hat sich alles bei mir eingebrannt, das liegt auch daran, dass ich zu der Zeit gerade in einer richtigen Aufbruchstimmung war. Ich war als Student Praktikant bei der Uno, hatte dem damaligen Generalsekretär Kofi Annan noch vor ein paar Tagen die Hand geschüttelt, alles war aufregend und toll, ganz besonders die Stadt - und plötzlich wurde das schlagartig abgebremst und bekam eine ganz andere Tonalität".

Einschnitt für die Weltgemeinschaft

Der 11. September war ein Einschnitt - für die Weltgemeinschaft im Allgemeinen und für Guillaume d'Hommee ganz persönlich. Für den Franken war schon damals, noch in New York, sehr schnell klar: "Die Welt hat sich verändert und wird nie mehr so sein wie vorher."

Die Zeit und die Geschichte sollten ihm mit weiteren Terroranschlägen und dem Auseinanderdriften bestehender Weltordnungen recht geben. Dass ausgerechnet jetzt Afghanistan im Chaos versinkt, gebe dem 20. Jahrestag der Terroranschläge noch eine besonders brisante Komponente, sagt Guillaume d'Hommee.

Kampf gegen den weltweiten Terror

Schließlich begannen die USA den Kampf gegen den weltweiten Terror kurz nach dem 11. September auch mit Angriffen auf das Land am Hindukusch. "Das alles zeigt deutlich, was für eine Zäsur das damals war, und wie die weltweiten Auswirkungen bis heute reichen". Für Guillaume d'Hommee aber wäre das aktuelle dramatische Geschehen rund um die Lage in Afghanistan eigentlich gar nicht nötig, um an den Terror von einst erinnert zu werden.

Am 11. September 2001 hat der gebürtige Erlanger Guillaume d` Hommee die Terroranschläge als Praktikant der Vereinten Nationen in New York erlebt. 

Am 11. September 2001 hat der gebürtige Erlanger Guillaume d` Hommee die Terroranschläge als Praktikant der Vereinten Nationen in New York erlebt.  © privat, NN

Seit dem einschneidenden Jahr 2001 trägt er vor allem eines in sich: das Wissen, dass sich alles von einer Sekunde auf die nächste ändern kann und nichts gegeben ist. "Dieses Gefühl, dass nichts selbstverständlich ist, ist mir geblieben."

Aber noch etwas hat er damals gesehen, gelernt und für sein weiteres Leben mitgenommen: wie sehr Mitgefühl und Zusammenhalt in Krisen wichtig und möglich sind, auch heute, etwa beim jüngsten Hochwasser in Deutschland, gebe es das immer wieder. "Es hat mich beeindruckt, wie die New Yorker damals eben nicht in Schockstarre verharrt blieben, sondern sich gegenseitig gestützt und sofort wieder den Alltag bewältigt haben."

Deutsche Botschaft stellte Kontakt her

Angst hatte er damals zu keinem Zeitpunkt verspürt: "Das habe ich nicht an mich herangelassen", sagt er. Mehr Gedanken machte er um seine Eltern in Erlangen: "Die Telefonleitungen waren tot, ich konnte sie nicht erreichen und wusste, dass sie sich große Sorgen machen um mich, erst über die Deutsche Botschaft haben wir voneinander gehört.

Inzwischen hat Guillaume d'Hommee selbst Familie und weiß, wie man um seine Kinder bangt. Vielleicht wird er ihnen ja an diesem Samstag vom 11. September 2001 berichten, auf jeden Fall möchte er den Jahrestag in Ruhe verbringen, etwas in sich gehen.

In New York war er seit jenem September im Jahr 2001 noch ein paar Mal zu Besuch gewesen, Ground Zero, den Ort, an dem einst das World Trade Center stand, hat er nicht besucht, stattdessen aber die Straßen, an denen er Opfer und ihre verzweifelten Angehörige gesehen und den Rauch in der Luft gerochen hatte. Aber eigentlich, sagt er, müsse er nicht an den Orten selbst sein: "Die Erinnerungen sind immer da, egal wo ich bin."

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