Erlanger Schüler im Lockdown: Sehnsucht nach dem Schulleben

5.3.2021, 06:00 Uhr
Erlanger Schüler im Lockdown: Sehnsucht nach dem Schulleben

© Harald Sippel

Das erste Halbjahr dieses so ganz anderen Schuljahres ist vorbei. Die Zwischenzeugnisse sind diesmal nicht das, was sie einmal waren. Aussagekräftig jedenfalls dürften sie oftmals eher nicht sein. Doch nicht allein um die Noten geht es. Da war doch mal noch was anderes – Klassengemeinschaft, soziales Miteinander, Interaktion, pädagogischer Auftrag. Schule eben. Dass in den weiterführenden Schulen die Schüler fehlen – abgesehen von den Abschlussklassen – , fällt vielen auf. "Mir fehlt etwas", sagte dieser Tage eine Sekretärin gegenüber diesem Medienhaus. "Hier liegt in den Gängen nichts mehr herum. Und es ist so still." Selbst der gelegentlich sehr hohe und zu anderen Zeiten als nervig empfundene Geräuschpegel wäre ihr lieber als die Stille.

In diesen Tagen werden auch E-Mails verschickt wie die folgende am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Erlangen: "Liebe Schülerinnen und Schüler, jetzt seid ihr schon 7 Wochen daheim im Distanzunterricht. Vormittags daheim. Nachmittags daheim. Abends daheim. Eine lange Zeit. Eine großartige Leistung. Ich bewundere Euch.

Und ich freue mich sehr darauf, Euch wiederzusehen. Leider kann ich gar nicht sagen, wann das sein wird. Aber eines weiß ich: es wird ein fröhliches Wiedersehen! Bis dahin grüße ich Euch herzlich. Eure Schulleiterin Katarina Keck".

Seit dem 12. Dezember daheim

Das war Anlass, bei den Schülern nachzufragen, wie es ihnen eigentlich geht. Jugendliche aus zwei achten Klassen der Hedenusschule und des Ohm-Gymnasiums haben Auskunft gegeben.

"Wann warst Du das letzte Mal in der Schule?" Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. "Das ist so lange her, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, wann das war", sagt Josefine. "Es war noch vor den Weihnachtsferien", sagt Eric. Und in der Tat: Seit dem 12. Dezember sind sie daheim – also seit über zweieinhalb Monaten.

Ein Zeitraum, in den auch die Ferien gefallen sind. Und in dem danach mit Distanzunterricht weitergemacht wurde. Eine Zeit, in der alles viel gleichförmiger wurde. Ihren alten Rhythmus versucht Lili aufrechtzuerhalten. "Ich stehe um 6.45 Uhr auf wie zu Schulzeiten", sagt sie. "Ich stehe um 6 Uhr auf und gehe joggen", sagt Areeba. Andere nutzen die Zeit, die sie nicht für den Schulweg brauchen, um länger im Bett zu bleiben. "Um halb acht stehe ich auf, mache mich fertig und gehe ins erste Meeting rein", sagt Luke.

"Homeschooling ist eine coole Lösung"

Der Unterricht, sagen sie, sei ziemlich ok. "Das Konzept von Homeschooling ist simpel und gut", meint Quinn. "Eine coole Lösung", findet Eric.

Mit ein paar Haken allerdings. Dass man nicht mehr einfach kurz mal zum Lehrer gehen und sich etwas erklären lassen kann, empfinden manche als Problem.

Anstrengender als Präsenzunterricht sei der Unterricht auf Distanz manchmal. Anstrengend, so lang am PC zu sein – "man kann auch bei den Pausen nicht abschalten". Schwierig, dass einige Lehrer bei den Videokonferenzen überziehen.

"Ich vermisse den Schulalltag"

Und es ist auf jeden Fall nicht das Gleiche: "Ich finde es komisch, wenn man jetzt in Sprachen auf Distanz Partnerarbeit macht. Das ist was ganz anderes, als wenn man in der Schule sitzt", sagt Quinn. "Es ist ein komisches Gefühl. Die Körpersprache fehlt halt." Doch das ist nicht alles. Es fehlt noch mehr. "Ich vermisse den Schulalltag. Zuhause sitzt man vor dem PC. In der Schule ist alles viel persönlicher", sagt Stefan. "Die Lehrer bringen oft so einen Witz rein", meint Lukas.

"Man ist oft allein. Das ist manchmal nicht so toll", sagt Josefine. "Ich treffe mich noch mit einem Freund", erzählt Quinn. "Aber in der Schule redet man auch mal mit jemandem, mit dem man nicht so befreundet ist." Die spontane Interaktion fällt jetzt weg. "Das ist schon ein bisschen trist."

"Etwas einsam"

Nicht nur Quinn empfindet das so. "Ich finde es etwas einsam, weil ich die ganze Zeit in meinem Zimmer sitze", sagt Lili. "In der Schule treffe ich auch andere. Das ist schöner, als allein zu sein." Das findet auch Areeba. Manchen Jugendlichen erlauben die Eltern nicht, ihre Freunde zu treffen, andere verzichten darauf aus Angst, dass sie ihre Eltern gefährden könnten, wenn sie sich möglicherweise mit Corona anstecken.

Treffen mit Freunden finden jetzt vor allem virtuell statt, mitunter telefonisch. Nach dem digitalen Schul-Vormittag den Nachmittag und Abend ebenfalls am PC oder Handy zu verbringen, ist derzeit Schüler-Alltag. Kein Zweifel: Die Digitalisierung eröffnet die großartige Möglichkeit, trotz allem in Kontakt zu bleiben. Und dennoch: Diese Eintönigkeit stört die Jugendlichen selbst. "Ich würde mich schon ziemlich freuen, wieder in die Schule zu gehen", sagt Luke. Aus dem Mund eines Achtklässlers klingt das nach richtig großer Sehnsucht.

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