Evakuierung und Millionenschaden: So wütete das Unwetter in Mittelfranken

19.8.2019, 15:24 Uhr
In dem kleinen Ort Ellenbach im Nürnberger Land wurde eine massive Holzhütte auf die Straße geweht.

© Sandra Hautsch In dem kleinen Ort Ellenbach im Nürnberger Land wurde eine massive Holzhütte auf die Straße geweht.

Besonders schlimm hat es am vergangenen Abend Roth erwischt. Hier kam es zu orkanartigen Böen mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 117 km/h (Windstärke 12), zeitweise regnete es bis zu zwölf Liter pro Quadratmeter. Das größte Pech hatten an diesem Abend wohl die 400 Reisenden im ICE 709 von Hamburg über Augsburg nach München. Ihre Reise war am Abend durch den Sturm unwillkürlich beendet worden. Zwischen Roth und Georgensgmünd war ein Baum in die Oberleitung gekracht, der Zug konnte nicht mehr weiterfahren. Die Evakuierung dauerte Stunden.

Auch fernab der Schiene waren die Einsatzkräfte im Landkreis Roth im Dauereinsatz. Die Bundesstraße 2 musste zwischen Rednitzhembach und Roth zwischenzeitlich komplett gesperrt werden. Der Verkehr staute sich auf über fünf Kilometern. Zusätzlich deckten die orkanartigen Böen die Grundschule am Nordring in Roth komplett ab.

Straßen seien im ganzen Landkreis teils unpassierbar gewesen, erklärt ein Sprecher. Deshalb hätten die Rettungskräfte teils einige Zeit gebraucht, um zu den Einsatzorten zu gelangen. Die finanziellen Folgen beginnen sich gerade erst abzuzeichnen. Die Höhe des Sachschadens steht noch nicht fest, zum Teil müssen erst noch Gutachter tätig werden. Erste Schätzungen gehen von einem Millionenschaden aus.

Nürnberg selbst kam vergleichsweise glimpflich davon. Trotzdem musste die Nürnberger Feuerwehr insgesamt 145-Mal ausrücken. Hier kam es zeitweise zu Windgeschwindigkeiten von bis zu 33 km/h, es regnete rund fünf Liter pro Quadratmeter. Am Dutzendteich etwa wurden dutzende Bäume entwurzelt. Glück hatten Passanten an der Bayernstraße. Hier hatte der Wind die Verkehrssicherung einer Baustelle sowie eine temporäre Ampelanlage auf die Straße geweht. Das Bushäuschen, in dem die Menschen Schutz gesucht hatten,wurde dabei nicht beschädigt.

Das Stromnetz in Nürnberg hielt dem Unwetter teilweise nicht mehr stand. Betroffen waren die Gebiete "vor den Toren Schwabachs über den Osten Nürnbergs ins Nürnberger Land", wie es in einer Pressemitteilung der Main-Donau-Gesellschaft heißt. Ab 19.18 Uhr kam es zu einem "großflächigen Stromausfall", betroffen waren die Orte Igelsdorf, Leerstetten, Rednitzhembach, Schwand und Wendelstein sowie Teile von Büchenbach. Ausgelöst wurden die Stromausfälle den Angaben zufolge in den meisten Fällen durch umgestürzte Bäume oder abgebrochene Äste, die Stromleitungen beschädigt haben.

Schlimm erwischt hat es auch das Nürnberger Stadionbad. Hier hat ein Nutzer noch am Abend die Schäden gefilmt. Überall liegen umgeknickte Bäume herum, der Außenbereich des "Stadion Parko", der Schwimmbad-Bar, ist komplett verwüstet. Die Aufräumarbeiten sollen hier noch bis Donnerstag andauern, erst dann soll das Bad auch wieder eröffnet werden.

Insgesamt verzeichnete die Polizei in Mittelfranken rund 230 Einsätze - die meisten davon wegen umgestürzter Bäume oder abgebrochener Äste.

Unwetter wütete auch in Unterfranken

Schwer getroffen wurde auch Unterfranken: "Im Landkreis Aschaffenburg haben wir 96 Einsätze wegen des Sturms gezählt, das Dach der Polizeiinspektion Alzenau wurde abgedeckt", sagte ein Polizeisprecher.

Mehrere Ziegel seien vom Dach gestürzt, Fensterscheiben vom Wind eingedrückt worden. Dadurch sei auch Regenwasser in die Diensträume eingedrungen. Zahlreiche Bäume in der Region wurden entwurzelt und Keller und Straßen überflutet. Ein Kamin stürzte wegen des starken Windes ein. In einigen Gemeinden fiel zeitweise der Strom aus. Die Autobahn 45 war bis nach Mitternacht voll gesperrt, weil Bäume auf der Straße lagen und Wasser die Fahrbahn teilweise überflutet hatte.

DWD warnte rechtzeitig

Bereits am Sonntagmorgen hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor Starkregen und orkanartigen Boen gewarnt - explizit auch in Mittelfranken. Die erste Unwetterwarnung für die Region gab es dann gegen 17 Uhr, zwei Stunden bevor das Gewitter den Großraum Nürnberg erreichte. Das erklärte ein Sprecher des DWD auf Anfrage von nordbayern.de. Die kurzen, starken Niederschläge und die höhen Windgeschwindigkeiten seien für diese Art Unwetter typisch gewesen, so der Sprecher. Sich schnell bewegende Wetterzellen hätten die Angewohnheit, schnell und heftig abzuregnen, wobei es auch zu hohen Windgeschwindigkeiten komme. Bewege sich die Zelle hingegen langsamer, sei mit länger anhaltendem Regen und geringeren Windgeschwindigkeiten zu rechnen.

Erste Warnhinweise bezüglich des herannahenden Unwetters habe der DWD schon in der Nacht auf Sonntag ausgegeben, sagte der Sprecher weiter. "Die Unwetterwarnungen geben wir aber erst unmittelbar von dem Herannahen der Unwetterfront aus. In der Regel ein bis zwei Stunden vor dem eigentlichen Ereignis." Beschlossen werden solche Unwetterwarnungen nach Bedarf übrigens ein einer großen Konferenz in der Zentrale des DWD in Offenbach am Main.

Live-Ticker zum Wetter: Unwetterschäden in der Region

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