Kann die Online-Steuer Fürths Einzelhandel retten?

23.12.2020, 20:00 Uhr
Kann die Online-Steuer Fürths Einzelhandel retten?

© Rolf Vennenbernd/dpa

Während die meisten Geschäfte derzeit wegen des Lockdowns verwaist sind, weiß sich die Paket-Branche kaum mehr zu retten vor Aufträgen. Soeben meldet die Deutsche Post einen neuen Rekord: Vergangene Woche, so das Unternehmen aus Bonn, hätten Mitarbeiter mehr als 61 Millionen Paketsendungen sortiert. Damit hat die Post im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Fünftel zugelegt.

Einzelhändler dürften derlei Zahlen mit einem gewissen Grusel verfolgen. Bedeutet eine solche Paketflut doch meistens auch, dass vor allem Versandriesen profitieren, wenn der Kunde am heimischen PC auf die Bestell-Taste drückt. Der kleine Einzelhändler mit Geschäft in der Innenstadt dagegen geht oft leer aus – obwohl er im Vergleich zum Online-Händler Gewerbesteuern zahlt.

Die Union möchte diesem Ungleichgewicht nun entgegenwirken. Sie hat die Debatte über eine Paket-Abgabe angestoßen. Sie soll, je nach Bestellwert, für den Internethändler anfallen und direkt ans Finanzamt fließen. Von dort könnte das Geld dann den Innenstädten zugute kommen. In Zeiten der Pandemie etwa könnten Einzelhändlern aus diesem Topf Überbrückungshilfen oder Schnellkredite gezahlt werden.


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Weil die Ankündigung einige Fragen und auch harsche Reaktionen etwa vom Handelsverband auslöste, besserte man in Berlin flugs nach. Einzelhändler, die ein zweites Standbein im Onlinehandel aufbauen und bereits Steuern vor Ort zahlen, würden nicht belangt, heißt es nun. Lediglich Online-Giganten müssten die Abgabe entrichten.

Eine solche Regelung würde auch Birgit Holzmann begrüßen. 2015 zog sie als geschäftsführende Gesellschafterin mit dem traditionsreichen Schreibwarenfachmarkt Saueracker in die Fürther Südstadt. Auf den Laden allein vertraut sie allerdings schon seit einiger Zeit nicht mehr. Bereits seit den 1990er Jahren verkauft sie für den Geschäftskundenbereich via Internet, seit 2017 mit professioneller Unterstützung auch für Privatkunden.

Mehr verkaufsoffene Sonntage?

Zur Rettung des stationären Einzelhandels nun verstärkt auf die finanzielle Hilfe von den Online-Anbietern zu setzen, ist für sie kein Allheilmittel. Eine Besteuerung von Internet-Giganten fände sie zwar überlegenswert, doch auch die Unterstützung aus der Politik bräuchte es, um beispielsweise mehr verkaufsoffene Sonntage und flexiblere Öffnungszeiten durchzusetzen. Darin sieht Holzmann noch großes Potenzial: "Wenn Einkaufen für die Kunden nicht extrem bequem ist, steigen sie aus." Internethändler wie etwa der Branchenriese Amazon seien da klar im Vorteil. "Sie sind uneingeschränkt kundenfreundlich", räumt Holzmann ein.

Das Ungleichgewicht zwischen dem Handel vor Ort und den Online-Giganten würde auch OB Thomas Jung gern beenden. Es sei kein fairer Wettbewerb, wenn Einzelhändler ihre Steuern bezahlten, Onlinehändler dagegen die öffentliche Infrastruktur wie die Straßen völlig kostenlos nutzten.

"Die Ladeninhaber sind da im Nachteil", sagt Jung. Das Geld, das die geplante Paket-Abgabe bringen könnte, sollte seiner Ansicht auch in kommunale Kassen fließen – um von dort aus etwa der Innenstadtgestaltung zugute zu kommen. Jung denkt konkret daran, zusätzliche Feste auszurichten, die Kundschaft bringen, Parkgebühren zu erlassen oder Fahrradabstellanlagen zu installieren.

Auch das Thema verkaufsoffene Sonntage würde er nur zu gern angehen und zumindest vier davon ermöglichen. Die Sonntagsallianz, ein Bündnis aus Kirchen und Gewerkschaften, blockiert dieses Vorhaben in Fürth aber vehement.

Die Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt indes hält Jung für ausreichend. "Hier muss man sich höchstens auf einheitliche Regeln verständigen", sagt das Stadtoberhaupt.

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