Jugendmigrationsdienst hilft jungen Menschen

Für einen guten Start in der fremden Heimat

20.7.2021, 08:38 Uhr
Seit 60 Jahren hilft der Jugendmigrationsdienst. Die individuelle Beratung steht an erster Stelle, doch gibt es auch Orientierungskurse (Das Archivbild wurde vor der Corona-Krise gemacht).

© Stadtmission Nürnberg/Stephan Minx, NN Seit 60 Jahren hilft der Jugendmigrationsdienst. Die individuelle Beratung steht an erster Stelle, doch gibt es auch Orientierungskurse (Das Archivbild wurde vor der Corona-Krise gemacht).

„Es geht darum, dass sie ein selbstbestimmtes, erfolgreiches Leben mit einer guten Zukunftsperspektive führen können“, sagt Elke Dörr, Leiterin des Jugendmigrationsdienstes. Denn oft ist der Start in der fremden Heimat hart. Wie etwa bei Sheila (Name geändert), die im Alter von 13 Jahren mit ihren Eltern und sieben Geschwistern aus Syrien nach Deutschland flüchtete. Elke Dörr und ihr Team begleiten sie seit 2018: „Sheila war immer sehr schüchtern, aber mindestens genauso ehrgeizig und diszipliniert.“

Das Team des Jugendmigrationsdienstes half ihr, in die 11. Klasse einer Fachoberschule aufgenommen zu werden, organisierte eine Einzelförderung oder unterstützte sie bei der Praktikumssuche. So suchten die Helfer der Stadtmission den Kontakt zu den Lehrern und der Schulleitung. „Sie hatte etwa Angst, vor der Klasse zu sprechen, weil sie früher wegen der Sprache ausgelacht worden war. Am Ende durfte Sheila ihre mündlichen Prüfungen ohne Publikum absolvieren.“ Heute ist die junge Frau viel selbstbewusster. Geholfen hat ihr dabei die „Lesewerkstatt“ vom Jugendmigrationsdienst: Eine Sprachtrainerin schult junge Menschen, um Kindern oder älteren Menschen ehrenamtlich vorzulesen.

"Mädchen für fast alles"

Sprachförderung ist ein wichtiges Ziel der Einrichtung mit den 2,5 Vollzeitstellen und rund 15 ehrenamtlichen Helfern. Worauf muss ich im Bewerbungsschreiben achten? Wie kann ich schulisch voran kommen? Wie verhalte ich mich im Vorstellungsgespräch? Auch diese Fragen werden geklärt. „Im Grunde sind wir Mädchen für fast alles.“


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Die Einrichtung, die im Südstadtforum zu finden ist, kooperiert unter anderem mit Sprachschulen, dem Jobcenter oder sucht den Kontakt zu Schulen. Individuelle, maßgeschneiderte Beratung und Hilfe macht die Arbeit aus - zusätzlich gibt es noch flankierende Gruppenangebote. Das bedeutet allerdings nicht, dass den Schützlingen die Arbeit abgenommen werden soll. Ziel ist vielmehr, dass die Migranten im Alter von 17 bis 27 Jahren Stück für Stück sicherer und selbständiger werden sollen. „Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe.“

"Wir machen einen guten Job"

An die 400 junge Zugewanderte begleitet der JMD im Jahr. Die jungen Menschen nehmen in der Regel zwei, drei Jahre lang die Hilfe in Anspruch. Rund die Hälfte findet per Mund-zu-Mund-Propaganda den Weg ins Haus, dazu sagt Elke Dörr: „Das spricht für sich, wir machen einen guten Job.“ Rund 70 Prozent sind Flüchtlinge, der Rest sind EU-Bürger. Viele haben keinen sicheren Aufenthaltsstatus. Sie wissen also nicht, wie lange sie bleiben dürfen. Sozialpädagogin Elke Dörr meint dazu: „Viele haben ein riesiges Potenzial und könnten sich erfolgreich in unserem Arbeitsmarkt und unserer Gesellschaft einbringen. Wer eine Berufsausbildung oder einen Arbeitsplatz hat, sollte unter bestimmten Bedingungen auch einen sicheren Aufenthaltstitel erlangen können. Das wäre ein Gewinn für uns alle.“

Finanziert wird die Einrichtung weitgehend vom Bundesfamilienministerium, das 90 Prozent der Personalkosten zahlt - den Rest übernimmt die Stadtmission. „Es bleibt immer ein Minus“, sagt Elke Dörr.


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Die Pandemie hat auch in dieser Einrichtung für harte Monate gesorgt. „Die digitale Beratung war nicht so berauschend“, sagt Elke Dörr freimütig. Dennoch sei der Kontakt zu den jungen Menschen nicht abgerissen: „Wir waren immer erreichbar, notfalls hielten wir unsere Beratung sogar bei Regen im Freien ab.“

Elke Dörr selbst ist schon seit über 30 Jahre mit dabei - und schwärmt von einer spannenden Aufgabe. „Es ist sehr vielschichtig und vielseitig.“ Man müsse auf Zack sein, sich mit den ständig ändernden Bedingungen etwa im Ausländerrecht auseinandersetzen. Und natürlich: „Man spürt viel Dankbarkeit.“

Das gilt auch für Sheila, die sagt: „Sie haben an mich geglaubt. Das war sehr wichtig für mich“. Heute studiert die 21-Jährige im dritten Semester Medizintechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg und hat einen unbefristeten Aufenthalt in Deutschland. Eine echte Erfolgsgeschichte.

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