Golf: Der Lockdown sorgt für wachsendes Interesse

12.4.2021, 17:13 Uhr
Golf: Der Lockdown sorgt für wachsendes Interesse

© Foto: Dominik Mayer

Sie kommt gerne hierher. Gerade jetzt im Frühling, wenn die Sonne erstmals im Jahr ihre wärmende Kraft entfaltet und sich die tiefen, grauen Wolken vom Himmel verzogen haben. Gabi Hinterleitner steht konzentriert auf dem saftig grünen Rasen der Anlage des Golfclubs Zollmühle in Ellingen. Seit mehr als 25 Jahren spielt die Weißenburgerin Golf. Gekonnt holt sie zum Abschlag auf und feuert den Ball weit über das Grün Richtung Loch. Neben ihr Wartet Renate Gutmann, ebenfalls eine Golf-Veteranin, ebenfalls aus Weißenburg. Und genau wie ihre Freundin Gabi froh darüber, dass sie ihrem Sport nun auch während des Lockdowns nachgehen dürfen. Ein Haushalt plus eine weitere Person, das ist erlaubt – selbst dann, wenn die Inzidenz über 100 liegt.


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Eine Tatsache, die auch Bernd Müller freut. Gemeinsam mit seiner Frau und seiner Schwägerin betreibt er die Anlage. "Wir sind ein Familienbetrieb", sagt er nicht ohne Stolz. Aktuell beobachten sie, dass das Interesse an der Sportart steigt. Sicher auch, weil durch die Pandemie viele andere Sport- und Freizeitmöglichkeiten weggefallen sind. "In den letzten zehn Jahren hat Golf stagniert. Jetzt aber merken wir einen leichten Anstieg über alle Altersgruppen hinweg." Die Anfragen für Schnupperkurse haben zugenommen.

Ryder-Cup an der B2

1100 ordentliche Mitglieder zählt der Golfclub, dazu kommen einige Fernmitglieder, die weit weg wohnen und deshalb weniger Beitrag zahlen müssen. Die meisten Sportler kommen aber aus der Region, aus Roth, Gunzenhausen, Weißenburg, Eichstätt, zum Beispiel. "Unser Einzugsgebiet reicht von der Mitte Nürnberg bis nach Ingolstadt", sagt Müller. Die Mitglieder aus Gunzenhausen und jene aus Weißenburg tragen jährlich ein Städteduell aus, analog zum berühmten Ryder-Cup. "Da wird mit harten Bandagen gekämpft und die Mannschaften werben auch mal Sportler aus anderen Städten", sagt Müller lachend.


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Die Golfanlagen in der Region buhlen derweil alle um Mitglieder aus der Metropolregion. Da hat es die Zollmühle nicht immer leicht, schließlich liegt sie eine gute halbe Stunde Autofahrt außerhalb Nürnbergs, kurz hinter Pleinfeld an der B2. Dafür ist die Anlage gepflegt, der Umgang freundlich und familiär. Beim Rundgang über das Gelände erwidert Müller jeden Gruß. Die Aktiven können über 18 Loch, 9 Loch oder auf dem Kurzplatz spielen. Dort sind die Abstände zwischen Abschlag und Loch wesentlich geringer, was für Anfänger ideal ist. Erst wer sich auf dem Kurzplatz bewährt, bekommt die Platzreife und damit die Erlaubnis, auf dem "richtigen" Golfplatz zu spielen.

Corona verlangt strenge Hygiene

Dort gelten durch die Pandemie allerdings strenge Regeln. Müller nimmt Corona sehr ernst. Vom Parkplatz bis zum ersten Abschlag herrscht Maskenpflicht – obwohl sich die Mitglieder ausschließlich im Freien bewegen. Ein gemeinsames Golfcart gibt es nur, wenn die Sportler aus dem selben Haushalt kommen. Zwei Spieler, die aus unterschiedlichen Haushalten stammen, müssen sich in getrennten Fahrzeugen über das 70 Hektar große Gelände bewegen. Oder laufen. Für diese Option entscheiden sich ohnehin die meisten.

Das Gespräch mit dem Altmühl-Boten findet vor dem Wohnhaus der Familie am Eingang zur Anlage statt. Die Maske bleibt die gesamte Zeit über in Müllers Gesicht. Der Betreiber der Zollmühle ist froh, dass er geöffnet haben darf, dieses Privileg will er nicht durch ein laxes Hygienekonzept gefährden. Dass der 51-Jährige heute einen Golfclub betreibt, war keineswegs vorgezeichnet. Eigentlich wollte er Berufsschullehrer für das Fach Maschinenbau werden. Studiert hat er das auch, nur beruflich kam es dann ganz anders. Woran Ehefrau Nadine die "Schuld" trägt.

Situation ist nicht existenzbedrohend

Ihr Vater war es, der 1989 den Golfplatz angelegt hat. Als Nebenerwerbslandwirt hatte er ein entsprechend großes Grundstück zur Verfügung. Sechs Bahnen gab es am Anfang. Die ersten Jahre waren hart. "Meine Frau erzählt, dass sie als Kinder oft auf den Parkplatz geschaut haben, aber es standen keine Autos dort", erzählt Müller. Als sein Schwiegervater 1996 früh an Krebs starb, kam das Paar "wie die Jungfrau zum Kinde" an die Golfanlage. Gemeinsam mit Nadines Schwester Sonja entschlossen sie sich, den Golfclub weiterzuführen.


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Über die Jahre machten sie ihn zu dem, was er heute ist: Ein erfolgreicher Familienbetrieb inklusive Gaststätte mit insgesamt bis zu 35 Angestellten. Drei Vollzeitkräfte gibt es, die anderen arbeiten saisonabhängig oder in Teilzeit. Momentan ist der Biergarten natürlich geschlossen, in normalen Zeiten tummeln sich dort bei schönem Wetter auch viele Nicht-Golfer. "Das ist öffentlich, jeder kann kommen und dort essen", sagt der Firmenchef. Dass momentan niemand kommen darf, spüren sie in der Kasse. Firmenfeiern, Tagungen, Hochzeiten – nichts geht.

Trotzdem ist die finanzielle Situation nicht existenzbedrohend. "Wir haben natürlich eine Mischkalkulation zwischen dem Golfbetrieb und der Gastwirtschaft, dadurch trifft es uns nicht so hart wie die normale Gastronomie", sagt Müller. Die Mitgliedsbeiträge der Golfer fließen ja weiterhin. Eine Herren- eine Damen- und drei Seniorenmannschaften nehmen für den Golfclub Zollmühle am Spielbetrieb des Bayerischen Golfverbands teil. Viele Mitglieder organisieren sich jedoch selbst in den zahlreichen Privatligen, die im Golfsport traditionell verbreitet sind. Ein Jugendteam gibt es auch. Schon mit vier, fünf Jahren kann man in der Zollmühle mit dem Golfspielen anfangen. Das Training ist dann aber eher noch ein allgemeines Bewegungs- und Fitnessprogramm, das den Kindern einfach Spaß machen soll.

Eine Runde verbrennt 1600 Kalorien

Müller ist es wichtig, mit dem Vorurteil aufzuräumen, Golf sei gar kein richtiger Sport. Oder nur für diejenigen gedacht, denen aus Altersgründen nichts mehr anderes übrig bleibt. Zum Beweis berichtet er von einem Mann, der erst mit 80 Jahren Mitglied im Golfclub wurde. Seine Familie hatte ihm einen Schnupperkurs geschenkt.

Der betagte Neuling war daraufhin derart begeistert, dass er sich laut Müller zu folgendem Satz hinreißen ließ: "Ich habe ja eigentlich immer gesagt, solange ich mit meiner Frau im Bett noch was anfangen kann, spiele ich nicht Golf. Hätte ich sie nur früher links liegen lassen." Wer den gesamten 18-Lock-Parcours absolviert, legt zwölf Kilometer zurück. "Man bewegt sich, aber man überanstrengt sich nicht", fasst Müller zusammen. "Es gibt Untersuchungen, wonach eine Golfrunde 1600 bis 1800 Kalorien verbrennt." Zumindest, wenn es über die volle Distanz geht. Aber nicht jeder muss gleich viele Stunden auf dem Platz verbringen. Auch kurze Einheiten sind problemlos möglich.

Nicht nur ein Sport für Reiche

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© Foto: Dominik Mayer

Bliebe da noch die Sache mit dem Geld. Tummeln sich auf dem Golfplatz nur grell geschminkte Zahnarztgattinnen, reiche Unternehmenserben und pensionierte Staatssekretäre? Nein, widerspricht Müller. "Das ist ein Vorurteil, bei uns spielen Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft. Vom Schlosser bis zum Vorstandsmitglied." Reich muss man tatsächlich nicht sein, um den Sport zu betreiben.

Ein solides Einkommen schadet aber nicht. Nach einem vergünstigen Schnupperjahr kostet die Mitgliedschaft im Golfclub Zollmühle 1100 Euro pro Jahr. Für das Geld darf man spielen so lange und so oft man will. "Wir haben von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet. Sie können golfen, bis Sie nichts mehr sehen", sagt der Chef. Eine gute Ausrüstung für Anfänger gibt es für wenige hundert Euro.

Dass Gabi Hinterleitner und Renate Gutmann das erste Mal auf dem Golfplatz standen, ist lange her. Spaß macht es ihnen immer noch. Mit Müllers verstorbenem Schwiegervater, dem Gründer des Clubs, habe sie hier noch Bäume gepflanzt, erinnert sich Hinterleitner. Dann schnappt sie sich ihre Goldtasche und macht sich auf dem Weg zu ihrem Ball. Solange der nicht im Loch ist, ist Hinterleitner nicht zufrieden. Disziplin muss sein, daran ändert auch das schöne Wetter nichts.

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