Bühne frei in der Stadthalle

Gunzenhausen: Theatersaison startet mit "Das perfekte Geheimnis"

12.10.2021, 06:11 Uhr
Und schon wieder hat das Handy einen Ton von sich gegeben: Junggeselle Peppev fragt sich, was jetzt auf ihn zukommt. Derweil reagiert der Freundeskreis noch mit Lachen und Grimassen. Später wird aus dem Spiel erst so richtig Ernst.  

© Wolfgang Dressler, NN Und schon wieder hat das Handy einen Ton von sich gegeben: Junggeselle Peppev fragt sich, was jetzt auf ihn zukommt. Derweil reagiert der Freundeskreis noch mit Lachen und Grimassen. Später wird aus dem Spiel erst so richtig Ernst.  

Die Zeiten waren hart und schwer, jetzt gibt es eine gewisse Rückkehr zu Gewohntem. Es ist endlich wieder Theaterzeit. Vor zwei Jahren registrierte das städtische Kulturamt noch 242 Abonnenten, jetzt sind es nur 140 oder besser gesagt: immerhin 140. Sie sitzen mit Abstand voneinander in der nach wie vor gefühlt nagelneuen Stadthalle, zuvor haben sie am Eingang bewiesen, dass sie die 3G-Regel einhalten, und auf dem Weg zum Sitzplatz trugen sie die Maske im Gesicht.

Eine gewisse Leichtigkeit

Auf der Bühne regiert von Beginn an eine gewisse Leichtigkeit des Seins. Sieben erwachsene Menschen, miteinander befreundet, treffen sich zu einem zwanglosen Abend bei gutem Essen und ebensolchem Wein. Eine Mondfinsternis steht bevor, da darf man gespannt sein, was dieser Abend im Wohnzimmer sowie am Firmament noch bringen wird. Man plaudert nett miteinander, und ab und zu fällt auch mal eine nicht ganz nett gemeinte abfällige Bemerkung, alles ganz relaxed und im Grund nicht böse gemeint. Nur die Tochter des Hauses macht Zicken, weil sie mit der Mama über Kreuz liegt. Es geht um die nächsten Stunden, die sie vielleicht zuhause, aber viel lieber bei einem Freund verbringen möchte. Typische Erziehungsprobleme eben, alles im grünen Bereich.


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Nicht typisch ist dann die Idee, doch einmal etwas Pep in die kleine private Feier zu bringen. Man könnte doch einmal alle Handys auf den Tisch legen und warten, was da so an Anrufen und digitalen Botschaften ankommt. Und was dann alles eingeht, muss der versammelten Mannschaft gezeigt werden. Klingt ganz nett, könnte amüsant sein und viel Lachen bewirken. Man hat ja nichts zu verbergen, ist ehrlich, offen, und guten Freunden kann man ja sowieso alles mitteilen. Zwar schwant dem einen oder anderen nichts Gutes, aber alle sieben lassen sich darauf ein. Ein lustiges Spiel mit dem Mobiltelefon, der „Black Box unseres Lebens“, kann beginnen.

Und so harren die Gastgeber Eva (Saski Valencia) und Rocco (Ralf Komorr) und die beiden Paare Carlotta (Lara Joy Körner) und Lele (Paul Kaiser) sowie Bianca (Nikola Norgauer) und Cosimo (Sven Schöcker) der Dinge, an ihrer Seite der fidele Junggeselle Peppev (Armin H. Köstler). Man braucht nicht lange zu warten, schon befindet sich die muntere Gesellschaft in einem Dschungel leicht peinlicher Enthüllungen. Es geht aber noch gesittet und ruhig zu – keine große Action zwischen den Akteuren. Da ist von einer Arbeitssuche, die bisher verschwiegen wurde, dem Versuch, seine Firma zu verkaufen, ebenfalls ein Geheimnis, und einer Brüstevergrößerung die Rede. Ach ja: Es kommt auch heraus, dass Rocco zur Psychoanalyse geht, und das eben nicht bei seiner Frau, von Beruf Psychoanalytikerin.

Steigerung ins Dramatische

Im zweiten Akt steigert sich das Ganze ins Dramatische. Es spielen sich Ehekrisen ab, auf das Bekenntnis, schwul zu sein und deshalb in beruflichen Schwierigkeiten zu stecken, folgt das „Geständnis“, vor Jahren schuld an einem schlimmen Verkehrsunfall zu sein und das verschwiegen zu haben. Es tun sich menschliche Abgründe auf – fast zu viel des Guten (oder Schlechten?). Da hätte der Autor des Stückes, Paolo Genovese, auch eine Nummer kleiner schreiben können. So wird halt dick und Schlag auf Schlag aufgetragen, im Übrigen von Schauspielern, die ihr Handwerk verstehen. Da fällt keiner und keine ab, ein sehr gutes Ensemble ist hier versammelt.


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Aha-Erlebnis zum Schluss: Plötzlich wird gezeigt, wie es gekommen wäre, wenn man eben nicht dieses seltsame Spiel gespielt hätte! Man hätte parliert, gespottet, auch mal gelästert, aber die Freunde wären Freunde geblieben, die Ehen hätten gehalten, die zwischenmenschliche Harmonie wäre gewahrt geblieben. Die „Geheimnisse“, die jeder hat, wären verborgen geblieben. Es wäre wohl besser gewesen für alle Beteiligten. Man sollte eben nicht alles wissen von seinen Mitmenschen.

Zum Schluss freundlicher Applaus aus dem Publikum und freundliche Mienen bei den Schauspielern. Sie sind heilfroh, endlich wieder ihren Beruf ausüben zu können. Es braucht kein „lustiges Spiel“, um das zu erkennen.

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz hatte zu Beginn die Richtung für die 45. Theaterspielzeit gewiesen. Die Stadt sei stolz und froh, dass es jetzt wieder losgehe, und habe mit Sorgfalt das Programm zusammengestellt. Von den aktuell 140 Abonnenten seien immerhin 32 neu dabei. Fitz ist zuversichtlich, dass der Zuspruch wieder so wie früher werden wird. Die Saison dauert bis zum 30. April.