Weltfußballer schätzt die Heimat

Die Respektsperson: So geht Herzogenaurach mit Lothar Matthäus um

28.9.2021, 14:54 Uhr
Etwa drei Stunden verbrachte Lothar Matthäus auf dem Gelände seines Heimatvereins. Alle Autogramm- und Fotowünsche wurden erfüllt.

© Harald Sippel, NN Etwa drei Stunden verbrachte Lothar Matthäus auf dem Gelände seines Heimatvereins. Alle Autogramm- und Fotowünsche wurden erfüllt.

Schnelligkeit und Präzision, auch abseits des Platzes. Ein blauer Audi fährt die Einfahrt zum Sportgelände des FC Herzogenaurach entlang. Lothar Matthäus sitzt am Steuer, zügig parkt er mit etwa 25 Zentimeter Abstand zwischen Stoßstange und Garage.

„Jetzt ist er angekommen“, flüstert eine Mutter auf der Steintribüne ihrem Sohn zu. Etwa 150 Menschen, darunter viele Angehörige von fußballspielenden Kindern, erwarten ihn. Matthäus steigt aus, wird gleich vom zweiten FC-Vorsitzenden Klaus Bauer in Empfang genommen. Auf den Platz läuft ein 60-jähriger Mann, das Haar an den Seiten grau geworden, drahtiger Körper, sportlich-schicke Kleidung, er könnte auch Ende 40 sein.

Ehrung für 50 Jahre Mitgliedschaft

Matthäus spricht über seine Verbundenheit mit dem Verein und der Stadt, er wird für 50 Jahre Mitgliedschaft beim FC Herzogenaurach geehrt. Das Publikum klatscht höflich, niemand versucht ihn dann in Beschlag zu nehmen. Der Weltfußballer sieht sich ein Jugendturnier an. Danach wird aber selbstverständlich Zeit sein, alle Autogrammwünsche zu erfüllen, die Väter der jungen Fußballer könnten seine Söhne sein, manche haben das Bayerntrikot mit den vertikalen blau-roten Streifen und der Zehn auf dem Rücken mitgebracht.

Matthäus machte sich rar

Es gab eine Zeit, in der sie sich beim FC gewünscht hätten, dass sich der größte Spieler ihrer Vereinsgeschichte öfter blicken lässt. Da lebte Matthäus aber noch nicht wieder überwiegend in München und sein Name stand häufiger in der Gala als im Kicker.

„Die Verbindung wieder hergestellt“, so sagt es Matthäus selbst, hat sein Jugendfreund Klaus Bauer, der stellvertretende Vorsitzende des FC. Der Kontakt lief 2017 über Puma, seitdem telefonieren sie wieder miteinander. Und Lothar Matthäus kam. Er leitete Trainingseinheiten der Jugendmannschaften, sah sich einen Kunstrasenplatz an, den sie nach ihm benannt haben, und ließ 10.000 Euro für die Jugendarbeit des FC springen.

Landesliga-Aufsteiger 2018

Sein letztes Punktspiel bestritt er nicht für die Metro Stars aus New York, sondern für den 1. FC Herzogenaurach - mit 57 Jahren. Lothar Matthäus, Landesliga-Aufsteiger 2018. „Er kommt so zwei Mal im Jahr“, sagt Bauer. Im Regelfall sage Matthäus ihm etwa zwei bis drei Wochen vorher Bescheid, wenn er wieder nach Herzogenaurach kommen kann. „Dann überlegen wir, was wir für den Verein machen können.“

Jetzt wollten sie die Ehrung für 50 Jahre Mitgliedschaft beim FC Herzogenaurach nachholen, die sie vergangenes Jahr coronabedingt nicht vornehmen konnten. Weil Matthäus ein paar Stunden Zeit hatte, fuhr er von München nach Herzogenaurach, tags darauf muss er als Bundesliga-Experte für Sky in Gladbach sein.
Matthäus ist mittlerweile ein Ehrengast, an den sich die Heimat gewöhnt hat. Er steht an der Seitenlinie, die beide E-Jugendspielfelder voneinander trennt. Sein Blick wechselt zwischen beiden Feldern, er verschränkt die Arme, dann deutet er auf einen freien Mann auf Spielfeld A. „Geht ein bisschen weiter vor“, ermutigt er die Verteidiger auf Spielfeld B. Vier Teams, alle bestehend aus Spielern der E-Jugendmannschaften des FC, treten im K.-o.-Modus gegeneinander an.

Milan Matthäus hat keine Zeit

Eigentlich hätte auch Sohn Milan als Gastspieler dabei sein sollen, wieder ein Matthäus im FC-Trikot. Der Siebenjährige hatte sich aber kurzfristig für ein Turnier seiner eigenen Mannschaft entschieden, der Vater fuhr alleine nach Herzogenaurach. „Das habe ich zähneknirschend akzeptiert“, sagt Matthäus, „ich hatte ihm schon gesagt, was uns hier erwarten wird“. Er hat Milan aber auch gesagt, „dass es schön ist, dass er seine Mannschaft nicht im Stich lassen will“.

Nach dem Turnier schreibt Matthäus Autogramme, auf Trikots, Schuhe, Bilder, egal. Fotos werden gemacht, aber niemand wird aufdringlich, keiner brüllt „Loddar“. Der Weltfußballer mag es, wie respektvoll mit ihm in der Heimat umgegangen wird.

Matthäus isst am liebsten Schäuferle

Wenn er da ist, isst Matthäus am liebsten Schäuferle, ist von Klaus Bauer, seinem Mitspieler aus der Jugend-Bayernliga, zu erfahren. Das stand aber bei seinem Besuch nicht auf der Tageskarte des Vereinsheims. Stattdessen gab es Burger. „Hat ihm auch geschmeckt“, sagt Bauer, „alles ganz normal“. Etwa drei Stunden verbrachte Matthäus auf dem Gelände des FC. „Zum Essen haben wir uns am Ende zurückgezogen“, sagt Bauer. „Es kann nicht immer nur um Fußball gehen.“

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