Mehr Infizierte in Bayern: Das sind die Gründe

23.9.2020, 10:10 Uhr
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) meint: "Die Zahl derer, die sich über Leichtsinn infizieren, wächst." Dies zeige sich an der hohen Zahl junger Infizierter.

© Owen Humphreys, dpa Ministerpräsident Markus Söder (CSU) meint: "Die Zahl derer, die sich über Leichtsinn infizieren, wächst." Dies zeige sich an der hohen Zahl junger Infizierter.

Das Robert Koch-Institut, kurz RKI, führt die Zunahme bei der Zahl der Infizierten in Würzburg auf einen Ausbruch in einer Shisha-Bar zurück. Weitere Fälle kamen durch private Feiern oder eine Ansteckung bei der Arbeit zustande. Da viele Menschen zwischen Stadt und Landkreis Würzburg pendeln, meldeten die Behörden zuletzt auch etliche Infizierte im Landkreis.

In München sieht das RKI verschiedene Ursachen für die vergleichsweise hohen Fallzahlen. "Covid-19-Fälle treten besonders in Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis auf. Der Anteil der Reiserückkehrer unter den Fällen geht zurück." Ministerpräsident Markus Söder (CSU) meint: "Die Zahl derer, die sich über Leichtsinn infizieren, wächst." Dies zeige sich an der hohen Zahl junger Infizierter.

Nach Worten von Gérard Krause, Leiter der Abteilung für Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, kommt in Bayern vieles zusammen: Ballungsraum Industrie und damit womöglich mehr Mobilität, Nähe zu Risikogebieten, bereits viele Infizierte im Frühjahr, mehr Tests.

Wie alt sind die Betroffenen derzeit?

In Bayern ist derzeit knapp jeder zweite neue Corona-Infizierte 15 bis 34 Jahre alt. Gut 47 Prozent aller in München gemeldeten Infektionen der vergangenen sieben Tage stammen nach Zahlen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) aus dieser Altersgruppe. Etwa 29 Prozent aller gemeldeten Infektionen der vergangenen Tage entfallen laut LGL allein auf die Gruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 30 Jahren.

Können Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen und Feierverbote an beliebten Orten helfen, Ansteckungen zu vermeiden? Gut möglich, glaubt Infektionsepidemiologe Krause und nennt etwa Weihnachtsmärkte als Beispiel, wo es kaum möglich sein werde, ausreichend Abstand zu halten. "Es geht nicht um absolute Sicherheit, sondern um zusätzlichen Mehrwert." Alles sei Abwägungssache, womöglich könne das Risiko einer Infizierung durch solche Maßnahmen gesenkt werden. "Da gibt es keine harten Daten."

Mehr Tests, mehr positive Ergebnisse?

Im Freistaat werden besonders viele Corona-Tests gemacht. Wer viel testet, findet auch mehr? Nicht unbedingt, sagt die Geschäftsführerin des Verbandes der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM), Cornelia Wanke. "Es wird natürlich mehr gefunden, das ist klar." Aber anlassloses Testen - zum Beispiel von Menschen ohne Symptome, die weder Kontakt zu Infizierten hatten noch in einem Risikogebiet waren - bringe nicht viel. "Wer gezielt testet, der findet auch viel." Nach ALM-Angaben testet Bayern bundesweit betrachtet sehr viel - knapp 158 000 Mal in der vergangenen Woche. In Baden-Württemberg, wo ähnlich viele Menschen leben, seien es nur etwa 112 000 Tests gewesen.

Laut RKI gibt es zahlreiche Gründe dafür, weshalb die Fallzahlen derzeit nach oben gehen. "Eine Ausweitung der Tests kann zu einem Anstieg der Fallzahlen beitragen, weil Fälle detektiert werden, die sonst unentdeckt geblieben wären - beispielsweise Fälle ganz ohne Symptome oder mit nur sehr milden Symptomen", schreiben die Experten in Berlin. "Die vorhandenen Infektionen werden dann also vollständiger erfasst."

Ansteckungen bei Partys

Die Fallzahlen würden aber auch zunehmen, "wenn das Infektionsgeschehen generell zunimmt" - durch viele Ansteckungen bei Partys oder am Arbeitsplatz, teils bedingt durch Urlaubsrückkehrer aus dem Ausland. Bei Ausbrüchen in Schulen oder Betrieben werden nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums Reihentests angeordnet, um Infektionsketten zu unterbrechen.

"Die Kliniken haben überhaupt keine Probleme momentan, die Patienten aufzunehmen", versichert der Sprecher Eduard Fuchshuber der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. "Es kommen deutlich weniger ins Krankenhaus als im Frühjahr." Derzeit würden bayernweit etwa 170 Covid-19-Patienten stationär behandelt, ein Viertel davon auf einer Intensivstation. Aber: "Es steigt moderat an."


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