Freude für alle

Fall 1: Fürther lebt seit zwölf Jahren auf der Straße und im Park

13.11.2021, 09:55 Uhr
Lebt seit acht Jahren als Obdachloser weitgehend auf der Straße und in Parks: "Wolfi" K. - Fallgeschichte für "Freude für alle"

© Wolfgang Heilig-Achneck Lebt seit acht Jahren als Obdachloser weitgehend auf der Straße und in Parks: "Wolfi" K. - Fallgeschichte für "Freude für alle"

An Nebeltagen dringt die feuchte Kälte langsam selbst durch dicke Pullover. Und neben seinem Schlafsack braucht Wolfi K. schon mehrere Lagen an Decken, um die frostigen Nächte zu überstehen: Für Menschen, die wie er fast rund um die Uhr im Freien leben und leben müssen, sind Spätherbst und Winter die härteste Zeit im Jahr - ein Schicksal, das trotz einer ganzen Reihe von Notunterkünften mindestens ein paar Dutzend Menschen im Großraum teilen.

Und vor einem Jahr hatte es auch für Wolfi K. beinahe Spitz auf Knopf gestanden: Weil eines Morgens all seine Habe durchnässt war, erlitt er einen Zusammenbruch und musste schwer unterkühlt in eine Klinik gebracht werden. Es hat den inzwischen 60-Jährigen nicht davon abgehalten, an den Platz zurückzukehren, der ihm schon seit ein paar Jahren als Quartier dient: eine Bank im Fürther Stadtpark.

Seine letzte "eigene" Wohnung hat er 2009 verloren. Notgedrungen hat er sich etwas abseits der Passantenströme häuslich eingerichtet. Die wichtigsten Utensilien wie Becher, Frischhalteboxen, ein kleines Radio und Medikamente hat er um sich herum parat gelegt. Und natürlich nutzt er jeden wärmenden Strahl aus, sobald die Sonne hervorspitzt. Für längere Strecken steht ein Rollator parat.

Manche glotzen ungeniert

Dabei kommen laufend Spaziergänger und Jogger vorbei. Der Fürther hat längst gelernt, schon von weitem zu erkennen, wer zu welcher Gruppe gehört: "Die einen wenden sich unsicher oder verschämt ab und tun so, als würden sie nichts sehen, andere glotzen ganz ungeniert, wieder andere sprechen mich auch mal an, erkundigen sich, wie es mir geht, oder bringen etwas vorbei", erzählt er.

Das war umso wichtiger, als Wolfi K. lange nicht mal beim Jobcenter gemeldet war und nicht mal Grundsicherung bezog. Auch bittere Erfahrungen sind ihm nicht erspart geblieben: Kaum zu glauben, dass es Halunken gibt, die sich noch an der dürftigen Habe von Obdachlosen vergreifen. Seinen Humor und Witz hat er sich dennoch bewahrt: "Eigentlich bin ich ein echter Peterlesbou", stellt er sich vor. Und natürlich war er einst auch berufstätig, lange in einem Elektrobetrieb, später im Getränkehandel.

Bis er, durch eine Verkettung von Schicksalsschlägen, in eine Abwärtsspirale geriet und eines Tages auch die Miete nicht mehr zahlen konnte. "Freude für alle" schildert das Schicksal von Wolfi K. beispielhaft für alle, die von Obdach- und Wohnungslosigkeit betroffen sind. Schon angesichts der bevorstehenden Kälteperioden, aber auch weil Hilfe und Unterstützung hier besonders gefragt sind.

Ohne Hilfe überfordert

Kompetente Partner dafür sind Einrichtungen wie die Wärmestuben. So kümmert sich jetzt der "Fürther Treffpunkt" um den 60-Jährigen – der neue Hoffnung schöpft, das Leben auf der Straße bald doch hinter sich lassen zu können. Aus eigener Kraft würde er es allerdings kaum schaffen, eine geeignete Bleibe zu suchen und zu finden. Im Kontakt mit Vermietern bemüht sich in Fürth nicht zuletzt ein engagierter Ehrenamtlicher im Treffpunkt-Team, Wohnungen für Menschen wie Wolfi K. zu finden.

"Das ist mehr als mühsam", weiß Treffpunkt-Leiter Wolfgang Sperber. Zumal Wolfi K. davon träumt, in "seinem" Viertel bleiben zu können – wo er sich auskennt und die wenigen Bekannten trifft, die ihm geblieben sind. Weil der Verlag Nürnberger Presse alle Verwaltungskosten und die Sparkassen im Großraum die Druckkosten für die der Zeitung beigelegten Überweisungsträger übernehmen, ist sichergestellt, dass sämtliche Zuwendungen ohne jeden Abzug Bedürftigen zugutekommen.

Verwandte Themen