Angst vor dem Brexit? Nürnberger Händler bleiben gelassen

29.1.2020, 06:23 Uhr
Oliver Spiller betreibt das "Rosegardens" in der Vorderen Sterngasse.

© Michael Matejka, NNZ Oliver Spiller betreibt das "Rosegardens" in der Vorderen Sterngasse.

Englische Kekse und Körperpflegeprodukte, Regenschirme mit Union-Jack-Motiven, Tassen mit Rosen und anderen floralen Motiven: "Very british" können sich Kunden des Fachgeschäfts "Rosegardens" im Zentrum fühlen. Inhaber Oliver Spiller, der mit seinem Mann Michael Heidrich den Laden in der Vorderen Sterngasse führt, ist ein bekennender England-Fan. "Mich beeindruckt die freundliche und höfliche Art der Engländer — auf meinen Reisen habe ich nur positive Erfahrungen gemacht", sagt der 50-Jährige. Am Freitag tritt das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus. Die Entscheidung der Wähler für den Brexit habe ihn durchaus enttäuscht, erklärt Spiller.


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Doch Oliver Spiller macht sich derzeit keine großen Sorgen wegen möglicher Auswirkungen auf sein Geschäft. Sein Motto lautet britisch unaufgeregt: "Abwarten und Tee trinken!" Es sind mehrere Gründe, warum der Geschäftsinhaber derzeit so cool ist. So gibt es dank einer Übergangsfrist, die bis Jahresende gilt, beim Handel vorerst (noch) keine Veränderungen. Zudem hat Oliver Spiller einen eigenen großen Lagerraum, in dem sich mittlerweile viele Produkte aus England befinden. Und dann sind Waren von der Insel nicht das einzige Standbein des Fachgeschäfts: So gibt es unter anderem auch Naturkosmetik aus anderen Ländern oder feine Rosengelees der nordbayerischen Manufaktur Bergler-Fischer.

Brexit: Eigenes Lager für Händler in Holland eingerichtet

Als "querbeet" beschreibt Oliver Spiller seine Kundschaft: "Es kommen Deutsche wie Touristen, Jüngere wie Ältere." Bärte sind bekanntlich bei jungen Männern seit einigen Jahren wieder in — dies hat ihm eine neue Kundengruppe gebracht: "Die Rasierpinsel und die Sets sind gefragt."

Bei allen Generationen kommen Produkte der englischen Illustratorin Hannah Dale an. "Das ist der Renner", berichtet der 50-Jährige. Und auch hier habe man schon vorgesorgt, damit keine Lieferengpässe entstehen: "Hannah Dale hat bereits ein eigenes Lager in Holland für die Händler in der EU eingerichtet."

Ähnlich gelassen gibt sich Otto Steudel, der in der Nürnberger Südstadt das Spirituosengeschäft "Celtic Whisk(e)y" führt. Neben Spirituosen kann man dort auch Tee aus Irland oder Schottland sowie Marmeladen und landestypisches Nasch- und Knabberzeug wie zum Beispiel Shortbread, Chips, oder Fudge, also Karamell-Konfekt, kaufen. Er selbst könne mit der Situation leben, doch glaubt Otto Steudel: "Das Problem sind die Transportkosten, die höher ausfallen. Unter Umständen werden die Einkaufskosten steigen — aber das wird sich alles noch herausstellen." Angst, dass ihm die Ware ausgeht, hat Steudel nicht: "Ich habe mich nicht eingedeckt, das läuft alles über Großhändler."


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Relaxt gibt sich auch Michael Gradl, der sein "Whiskyfässla" in Altenfurt betreibt. Das Fachgeschäft hat ein breites Sortiment an Spirituosen sowie eine kleine Auswahl an Zigarren. Sein großer Vorteil: "Wir verkaufen keine verderblichen Lebensmittel!" Der Brexit werde dem Handel allerdings das Leben nicht leichter machen. So sagt Michael Gradl: "Der Verwaltungsaufwand wird größer werden. Und auch die Zollabfertigung wird länger dauern. Das kostet alles Geld." Langfristig bedeute das eben: "Der Whisky wird teurer werden."

Gradl bedauert ebenfalls den Austritt Britanniens: "Es ist nicht gut, dass die Engländer gehen." Anderseits ist der Händler froh, dass der Brexit nach langem Hin und Her endlich durchgezogen wird. Jetzt müsse man eben mit den Auswirkungen leben, betont Gradl. "Ändern können wir sowieso nichts mehr."

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