Karstadt und die Stadt Nürnberg: Eine ewige Sanierungs-Debatte

4.7.2020, 10:52 Uhr
Karstadt und die Stadt Nürnberg: Eine ewige Sanierungs-Debatte

© Foto: Stefan Hippel

1967 gab die Karstadt-Zentrale bekannt, dass sie auf dem Grundstück an der Lorenzkirche ein Kaufhaus bauen will. Das Gebäude sollte mit einer Fassade aus einheitlichen Betonrippen verkleidet werden, wie andere Karstadt-Warenhäuser auch. Diese Einheitsarchitektur stieß auf erheblichen Widerstand in Nürnberg. Sechs Jahre wurde verhandelt und diskutiert.


Karstadt an der Lorenzkirche: Das ist der Rettungsplan


Ab 1973 gab es mehrere Planentwürfe. Es bestand sogar die Gefahr, dass die Fertigstellung der U-Bahn bis zum Weißen Turm sich verzögert, weil der Karstadt und damit das U-Bahnverteilergeschoss nicht rechtzeitig fertig wird. Das versuchte der Konzern als Druckmittel gegenüber der Stadt einzusetzen. Am Ende hatten die Proteste Erfolg.

Sandstein verdeckt das Betongerippe

In einer legendären Nachtsitzung fertigte der damalige Baureferent Otto-Peter Görl mit Tusche freihändig eine Skizze an, die einen Kompromiss zwischen Stadt und Karstadt möglich machte. Der verschachtelte Betonbauzweckbau wurde hinter einer Fassade aus Natursandstein mit unterschiedlichen Schattierungen versteckt. 22 Fassadenteile erhielten zusätzlich eine Struktur mit Erkern, Arkaden und Fenstern.


Karstadt an der Lorenzkirche: Veränderungen sind unabdingbar


Nach der Eröffnung des 26.500 Quadratmeter großen Gebäudes schwärmten die einen von dem neuen Kaufhaus-Typus, weil es keine uniforme Betonfassade hatte, andere spotteten über "gotische Tapeten". Karstadt-Lorenzkirche zählte mit seinen 100 Abteilungen und 200.000 Produkten zu den ganz großen Warenhäusern in der Bundesrepublik.

Karstadt und die Stadt Nürnberg: Eine ewige Sanierungs-Debatte

© Foto: Rudolf Contino

Damit das Haus wieder eine Zukunft hat, wird Galeria-Karstadt-Kauhof an einer Sanierung im Inneren und an der Erschließung neuer Verkaufsflächen nicht herumkommen. Auch das Umfeld muss weiter entwickelt werden. Die Passage zwischen Karolinenstraße und Adlerstraße, die das ehemalige Hörmannsgässchen ersetzt, wirkt heute wie aus der Zeit gefallen, einfach trostlos. Wenn 1978 vom Weltstadtkaufhaus geschwärmt wurde, dann zeigt der Zustand dieser Passagen, dass sich die Welt weiter gedreht hat.

"Dringender Handlungsbedarf"

2002 hatte die Nürnberger Zeitung auf den desolaten Zustand der U-Bahnpassage hingewiesen. Auch der damalige Baureferent Wolfgang Baumann sah einen "dringenden Handlungsbedarf" bei der U-Bahn-Passage an der Lorenzkirche. Doch nach 18 Jahren ist wenig passiert: Der U-Bahnbahnhof Lorenzkirche wurde 2014 von der VAG optisch und technisch modernisiert und SÖR hat die Toiletten auf den neuesten Stand gebracht. Doch nicht die Passage. Sie besteht aus zwei Achsen: Zum einen dient sie als Verlängerung des Stangengässchens, das Adlerstraße, Kaiserstraße und U-Bahn verbindet.


Galeria Karstadt Kaufhof konnte noch sechs Filialen retten


Zum anderen hat sie die Funktion eines U-Bahnausgangs in die Königstraße. Außerdem wird das Karstadt-Untergeschoss angebunden. Derzeit wirkt die Architektur sehr heruntergekommen. Es ist zu dunkel, die Gepäckschließfächer funktionieren nicht mehr und müssten, wenn sie noch intakt wären, mit D-Mark bezahlt werden, die Wasserspiele an der Seitenwand wurden abgestellt, die Rinne dient als Müllsammelstelle. Fliesen wie auch die Decke müssten überholt werden. Der Aufgang zum Stangengässchen lädt Sprayer geradezu ein.

Dass Veränderungen so lange dauern, hat mehrere Gründe. Neben Stadtverwaltung, Karstadt, VAG und N-Ergie reden auch die Mieter der Läden mit und müssen zustimmen. Wenn es um grundsätzliche Änderungen der Passage geht, dann ist auch das Einverständnis der Erben des Architekten nötig. Konzepte für die Sanierung wurden schon 2015 und 2017 vorgelegt, doch am Ende haben sich die Eigentümer von Karstadt für die Aufwertung der Passagen nicht interessiert. Die Pläne waren von Seiten der Stadt schon unterschriftsreif. Jetzt gibt es einen neuen Anlauf.

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