Keine Teststation am ZOB: Lassen sich Busreisende in Nürnberg trotzdem testen?

29.8.2020, 16:58 Uhr
Auf Deutsch und Englisch weisen am ZOB Schilder die Fahrgäste darauf hin, dass sich am Hauptbahnhof eine Corona-Teststation befindet.

© Foto: Ngoc Nguyen Auf Deutsch und Englisch weisen am ZOB Schilder die Fahrgäste darauf hin, dass sich am Hauptbahnhof eine Corona-Teststation befindet.

Seit fünf Jahren ist Florian Kohn für den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) zuständig. In dieser Zeit hat der Flixbus-Shopleiter zwei Drogentote in den Toiletten gefunden, etwa zwei Mal in der Woche brennt der Mülleimer neben dem Dönerladen, weil glühende Kippen in Flammen aufgehen. Angriffe von Fahrgästen sind keine Vorfälle mehr, über die er sich groß aufregt, sagt Kohn. Als das Unternehmen verkündete, wegen der Corona-Pandemie ab dem 17. März den Betrieb auf unbestimmte Zeit einzustellen, fuhr er nach Hause, hängte seine graue Flixbus-Jacke an den Haken – und weinte. Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) am Willy-Brandt-Platz ist für Kohn mehr als ein Arbeitsplatz.


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Vor der Corona-Krise fuhren jeden Tag rund 110 Busse auf den Busbahnhof, aktuell sind es noch etwa 30 Busse. Das ergebe rund 1000 Fahrgäste an einem Tag, teilt die Stadt Nürnberg mit, die den ZOB betreibt. Früher seien es fünfmal so viele gewesen.

Großes Misstrauen

Wer in diesen Zeiten eine Reise ins Ausland macht, dem schlägt daheim Misstrauen entgegen. Wie entwickeln sich die Infektionszahlen in diesem Land, ist es vielleicht ein Risikogebiet? Urlauber haben ihre Harmlosigkeit verloren, erst recht diejenigen, die am ZOB ankommen. Nutzer von Fernbussen stehen unter dem bösen Verdacht, wenig verantwortliche Hallodri-Reisende zu sein, die die Maske scheuen. Das Gesundheitsministerium beschloss daher: Alle Rückkehrer aus einem Risikogebiet sollen getestet werden, nicht nur die, die aus einem Flieger oder dem Zug steigen.

Am Mittwoch hat Michael Mandl drei Schilder erhalten, er sollte sie am ZOB aufhängen. Auf blauem Hintergrund steht auf Deutsch und Englisch, dass sich im Hauptbahnhof, 500 Meter entfernt, eine Corona-Teststation befindet. Mandl ist bei der kommunalen Noris-Arbeit (Noa) beschäftigt, im Auftrag der Stadt kassiert er bei den Busfahrern das Geld für die Nutzung des Busbahnhofs ab. Bisher, sagt er, habe sich nur ein Reise-Rückkehrer bei ihm erkundigt, wo denn nun genau diese Station sei. "Viele Fahrgäste können leider weder Deutsch noch Englisch."


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Will man es bis zur Teststation schaffen, ist Beharrlichkeit unerlässlich. Zuerst geht es über die Straße in die Allersberger Unterführung, in der zurzeit aber gebaut wird. Am Ende des Tunnels müssten die Fahrgäste nach rechts laufen, bis sie am Südausgang des Hauptbahnhofs auf die Teststation treffen.

Wartezeiten möglich

Dort zeigen sie das Busticket vor, das belegt, dass sie aus einem Risikogebiet anreisten. "An den Teststationen kann es zu Wartezeiten kommen", vermutet ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums. Man beobachte nun, ob die Fernbusreisenden das Testangebot am Hauptbahnhof akzeptieren.

In Nürnberg fahren täglich etwa drei Fernbusse den ZOB an, die direkt aus einem Risikogebiet kommen: aus Paris oder Rumänien. Auf den anderen Linien konnten die Fahrgäste umsteigen, zusteigen, aussteigen. Viele internationale Verbindungen sind weggefallen.

Auf den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) fuhren vor der Corona-Krise täglich 110 Busse, nun sind es noch 30. Zurzeit steuern am Tag drei Fernbusse Nürnberg an, die aus einem Risikogebiet kommen.

Auf den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) fuhren vor der Corona-Krise täglich 110 Busse, nun sind es noch 30. Zurzeit steuern am Tag drei Fernbusse Nürnberg an, die aus einem Risikogebiet kommen. © Foto: Ngoc Nguyen

"Wir begrüßen Vorhaben, auch an ZOBs Teststationen einzurichten, um Reisenden direkt vor Ort eine Möglichkeit zu einem Test zu bieten", teilte eine Flixbus-Sprecherin mit. Europas größter Anbieter von Fernbusreisen ist auch der größte Nutzer des Nürnberger Busbahnhofs. Das Unternehmen verteilt im Bus an jeden, der aus einem Risikogebiet kommt, "Aussteigerkarten" mit allen nötigen Daten. Kohn soll die Karten an das Gesundheitsamt weitergeben.

Er und Mandl hatten darauf gehofft, dass ihr ZOB eine eigene Teststation bekommt. Damit die Ankommenden aus Paris und Rumänien gleich hier ihren verpflichtenden Test machen und nicht erst später bei ihrem Hausarzt – oder überhaupt nicht. Damit es hier gesitteter und ordentlicher zugeht.

Mitte Juni hatte der ADAC den ZOB in Nürnberg zum schlechtesten Fernbusbahnhof Deutschlands gewählt: kein Schutz der Wartenden vor Wind und Wetter, keine digitalen Anzeigetafeln, die öffentlichen Toiletten in einem ekelhaften Zustand. Die miese Bewertung war keine Überraschung, die Missstände sind seit Jahren bekannt. Das Coronavirus und alle Gegenmaßnahmen in seinem Schlepptau setzen dem ganzen Elend nur noch die Krone auf.

Überall Nachlässigkeit

So herrscht in den Bussen Maskenpflicht, beim Ein- und Aussteigen und während der gesamten Fahrt. Wer sich weigert, darf nicht mit, so die Drohung der Bus-Unternehmen. Die aber läuft oft ins Leere, sieht Florian Kohn und deutet auf einige Fahrgäste. "Dort, mit Face-Shield, das reicht nicht, die muss eine Maske tragen. Der hier hat beim Einsteigen seine Maske nur am Kinn, die da beim Aussteigen nur einen Schal drüber." Diese Nachlässigkeit stört Kohn überall, auch in der S-Bahn oder in Zügen, "wenn öfter mal die Polizei Präsenz zeigen würde, wäre das schön, oder wir bekämen eine Videoüberwachung, dann würden sich die Leute nicht so aufführen".

Florian Kohn wünscht sich von der Bundesregierung ein Konzept, das Wege aufzeigt, wie mit der Corona-Krise zu leben ist, "ohne alles zu verbieten". Michael Mandl ist bescheidener: "Ich hätte gerne mehr Schilder gehabt als nur drei."

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