Langseebad in Not: Verein findet keine Bademeister

13.3.2021, 10:02 Uhr
Hat viele treue Fans: das Langseebad in Nürnberg.

© Harald Sippel Hat viele treue Fans: das Langseebad in Nürnberg.

Gehen die Vereinsbäder baden? Die Sorgen jedenfalls sind groß, auch beim Langseebad in Erlenstegen. Obwohl dessen Schwimmbecken ja ein See ist. Dennoch gibt es dort viel zu tun. Und dafür benötigt es auch Fachleute.

Herr Franzke, die Vorbereitung für die Badesaison rückt näher. Wie ist denn das vergangene Jahr gelaufen?
Jürgen Franzke: Relativ gut, auch dank des schönen Wetters. Es ist lange wirklich gut gewesen, hat nur ab und zu mal geregnet. Am Ende hatten wir mit etwa 22000 Besuchern ein fast normales Jahr, wenn man von Corona einmal absieht.

Normal ist in diesen Zeiten ja schon viel.
Jürgen Franzke: Dann sagen wir: nicht ganz schlecht. Natürlich hatten wir Einschränkungen. Erst wussten wir ja nicht, wie es mit Corona läuft. Im Juli haben wir dann geöffnet – bis Mitte September.


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Wie sind Sie mit den Einschränkungen umgegangen?
Jürgen Franzke: Unsere Obergrenze lag bei 800 Besuchern am Tag . Die haben sich sehr schön verteilt, unser Wiesengelände ist ja groß, das hat sehr geholfen, zu kontrollieren, dass keine Vorgaben verletzt wurden. Das wurden sie auch zu 90 Prozent nicht.

Jürgen Franzke, 74, ist seit 2011 Erster Vorstand des TSV 1846 Nürnberg, der heuer sein 175-jähriges Bestehen feiert.

Jürgen Franzke, 74, ist seit 2011 Erster Vorstand des TSV 1846 Nürnberg, der heuer sein 175-jähriges Bestehen feiert. © Foto: privat

Und die restlichen zehn?
Jürgen Franzke: Ein paar schleichen sich über den Kiosk immer ein, es haben sich ab und zu mal Schlangen vor dem Kassenautomat gebildet. Aber es hat nie gekriselt, die Leute haben sich an die Regeln gehalten. Klar, je jünger die Gäste, desto eher wurde es mal schwierig. Aber die musstest du dann halt deutlich auffordern, sich weiter auseinander zu setzen.

Sie scheinen ihre Gäste zu kennen.
Jürgen Franzke: Wir haben sehr viel Stammkundschaft. Aber das ist ja kein Wunder.

Wieso?
Jürgen Franzke: Weil ein Bad mit einem Natursee etwas besonderes ist. Da berührst du eben auch mal einen Fisch oder hast Algen am Arm. Aber die treuen Gäste, das sind so ungefähr zehntausend, die schätzen das weiche, etwas moorartige Wasser und die samtige Haut nach dem Baden.

Mal von einem Fisch gebissen worden?
Jürgen Franzke: Ein Kind hat mal die Füße ins Wasser und ist von einem Hecht gezwickt worden (lacht). Nein, man muss keine Angst haben. Aber sowas merkt man sich natürlich.

Trotz der treuen Kunde hat das Langseebad Sorgen. Die Vereinsbäder kriseln, das gilt auch für das Freibad des TSV 1846. Anders als beim Post SV oder Bayern 07 ist ihre Schwimmfläche aber ein See.
Jürgen Franzke: Bei dem es trotzdem viel zu tun gibt. Da wachsen Büsche rein, die zurückgeschnitten werden müssen. Wir kehren Blätter zusammen und entfernen Algen, weil wir ja nicht wollen, dass die überwuchern.

Der See muss also auch sauber gehalten werden.
Jürgen Franzke: Genau, deshalb sind wir dort mit Stand-Up-Padel unterwegs. Außerdem haben wir einen Sprungturm und zwei Stege, die instand gehalten werden müssen. Die haben wir vor wenigen Jahren erst neu beplankt. Aber das ist es gar nicht.

Auch der See muss sauber gehalten werden.

Auch der See muss sauber gehalten werden. © Stefan Hippel, NN

Was dann?
Jürgen Franzke: Wir haben das Seegelände bereits in den 1920er-Jahren von der Stadt gepachtet, der Erbbauvertrag läuft insgesamt 100 Jahre – und so haben wir als Verein viel investiert. Die Duschen, das Bistro, auch das Kinderbecken gehören dem Verein. Das ist ein Schwimmbecken aus Stahl, das gepflegt werden muss. Und das vor allem beaufsichtigt gehört.

Sie benötigen eine Badeaufsicht.
Jürgen Franzke: Ja, aber Rettungsschwimmer reichen da nicht mehr. Wir brauchen einen „richtigen“ Bademeister, also einen Fachangestellten für Bäderbetriebe. Jemanden, der die Technik versteht und überwacht, der die Chlormenge überprüft und Verantwortung trägt.

Finden Sie niemanden?
Jürgen Franzke: Das ist ein Teil des Problems: Solche Fachleute sind rar gesät und schwierig zu bekommen. Wir hatten einen, er wurde abgeworben. Und zu einem Betriebsleiter, der sich um alles kümmert, kommen dann noch Putzkräfte und Rettungsschwimmer. Einer ist zu wenig, weil sie oder er nicht den ganzen Sommer von früh bis spät arbeiten kann, hier müssen wir die arbeitsrechtlichen Regeln beachten.

Können Mitglieder vielleicht helfen?
Jürgen Franzke: Ja, das dürfen auch Ehrenamtliche machen, wenn sie ausgebildet sind. Wir hatten auch immer welche. Aber die haben nun auch Familien und nicht mehr so viel Zeit. Es mangelt auch an Nachwuchs.

So schön ist der Langsee.

So schön ist der Langsee. © e-arc-tmp_20190625-094351-016.jpg, NN

Was tun Sie dann?
Jürgen Franzke: Wir helfen uns mit 450-Euro-Kräften. Das klingt nach wenig, aber mit allem drum und dran kommen wir auf Kosten in Höhe von 80.000 bis 100.000 Euro – und das muss man erstmal erwirtschaften. Schlechtes Wetter können wir uns nicht leisten. Wir haben ein Bad, das alle mögen, aber wir können das mit unseren Mitgliedern allein nicht mehr tragen.

Das heißt?
Jürgen Franzke: Wir können so nicht mehr weitermachen – mit all dem, was dahintersteht. Damit meine ich auch die Vielzahl an Vorschriften heutzutage. Als Verein Verantwortung für ein öffentliches Bad zu tragen geht eigentlich nicht mehr.

Deswegen haben Sie um Hilfe gebeten. Erste Treffen mit der Stadt hat es gegeben. Wie war es?
Jürgen Franzke: Die Stadt hat großes Interesse, dass Vereinsbäder weiterexistieren. Es würde sonst eine Lücke in der Bäderlandschaft geben – und so gut und so günstig wie ein Verein kann die Stadt das nicht machen. Wir haben noch immer viele Mitglieder der Schwimmabteilung, die das Langseebad auf- und abbauen. Da wird viel angepackt.

Freundeskreis für den Langsee?

Bekommen Sie nun Hilfe von der Stadt?
Jürgen Franzke: Das Treffen der Vereinsbäder mit Referenten und Stadträten ist sehr gut gewesen und hat Optimismus erzeugt. Wille und Bereitschaft sind da, uns zu helfen. Und wir wollen den Langsee nicht aufgeben – auch wegen vieler Nürnberger, die den Langsee lieben. Die Stadt hat aber verstanden, dass wir Hilfe benötigen. Wir wissen, das geht nicht sofort, wir erhalten aber schon mal technischen Support.

Also geht’s weiter.
Jürgen Franzke: Ja, vor allem dank unserer Schwimmabteilung und unserer Stammkunden. Diese Liebhaber des Langsees wollen wir noch mehr akquirieren. Zum Beispiel haben wir auch ein Jahresticket, das haben wir aber noch zu wenig beworben. Wir denken auch über die Gründung eines „Freundeskreis Langsee“ nach. Das wollen wir nun auf die Beine zu stellen.

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