"Die Fallzahlen steigen"

Mehr Quarantäne-Fälle in Nürnberg: Die Lockerungen rächen sich

21.7.2021, 05:56 Uhr
Nach den Lockerungen steigt die Zahl der Personen, die sich nach einem Kontakt mit einem Infizierten zwei Wochen isolieren müssen, Kinder trifft das immer öfter.  

© iStock.com / Solovyova Nach den Lockerungen steigt die Zahl der Personen, die sich nach einem Kontakt mit einem Infizierten zwei Wochen isolieren müssen, Kinder trifft das immer öfter.  

Durchmischung der Kita-Gruppen, das Fallen der Maskenpflicht für Grundschüler, wenn sie an ihrem Platz sitzen oder draußen spielen – mit den sinkenden Inzidenzwerten kamen lang ersehnte Lockerungen, vor allem für jüngere Kinder. Doch das scheint sich nun zu rächen.


Pandemie: Warum werden Kitakinder nicht getestet?


Denn: Wird nun ein Kind oder eine Betreuungskraft positiv auf Corona getestet, müssen viel mehr Kontaktpersonen als zuvor in Quarantäne. Erst Anfang Juli mussten 70 Kinder des Hortes Reutersbrunnenstraße für zwei Wochen zu Hause isoliert werden, nachdem ein Fall aufgetreten war.

Konkret sieht es so aus: Schüler werden derzeit zweimal pro Woche mit Antigen-Schnelltests getestet. Tritt hier ein Positiv-Fall auf und bestätigt sich das Ergebnis durch einen anschließenden PCR-Test, müssen die Kontaktpersonen des Kindes 14 Tage in Quarantäne, beginnend mit dem Datum des Positiv-Ergebnisses oder ab Auftreten erster Symptome. Eine Möglichkeit, sich aus der Quarantäne vorzeitig freizutesten, gibt es nicht.


Die Zahl der infizierten Kinder steigt, vor allem unter Schülern, bestätigt Nürnbergs Gesundheitsreferentin Britta Walthelm. Das liege natürlich auch daran, dass Schüler als fast einzige Bevölkerungsgruppe flächendeckend und regelmäßig getestet werden und damit auch symptomlose Fälle entdeckt werden.

Anstieg nach den Pfingstferien

Etwa zwei Wochen nach den Pfingstferien hat das Amt die höchsten Quoten festgestellt: Am 18. Juni lag die Zahl der Schüler, die an diesem Tag positiv waren, bei 39 – verteilt auf 28 Schulen. In den Kitas waren es acht Fälle, verteilt auf sieben Einrichtungen. Seit Ende Juni pendelt der Wert zwischen 14 und 25 Positiv-Fällen unter Schülern, in den Kitas zwischen 5 und 15 Fällen.

Kitas sind am kritischsten

Die Lockerungen haben die Ansteckungsgefahr erhöht. Dadurch müssen mehr Menschen bei einem Positiv-Fall zu Hause bleiben. Das zeigt sich vor allem bei den Zahlen der Kontaktverfolgung. Obwohl mehr Schüler als Kitakinder positiv getestet werden, müssen im Kita-Bereich mehr Menschen in häusliche Isolation, auch, weil dort die Kontaktmomente noch intensiver und unübersichtlicher sind als unter Schülern. So waren beispielsweise am 11. Juli sieben Kita-Kinder positiv. Die Folge: 143 Kontaktpersonen waren an diesem Tag in Quarantäne. Auf die Schulen entfielen am gleichen Tag 14 positive Fälle in zwölf Schulen, die Zahl der Kontaktpersonen lag aber "nur" bei 87. Die Zahlen zeigen nicht, wie viele Kita- oder Schüler an diesem Tag ein positives Ergebnis erhielten, sondern wie viele sich mit einem positiven Ergebnis in Quarantäne befanden bzw. diese antreten mussten.

(TRANSPARENZHINWEIS: Weil es offenbar missverständlich formuliert war, haben wir diesen Absatz am 21. Juli präzisiert)


Nachsitzen in der Sommerschule?


Gesundheitsreferentin Walthelm bestätigt diesen Effekt: "Die Fallzahlen steigen." Vor allem Kitas, die Kinder nun nicht mehr in geschlossenen Gruppen betreuen, sondern offene Konzepte ermöglichen, beobachte sie mit Sorge. "Wenn es so weiter geht, werden wir überlegen müssen, ob wir nicht zumindest empfehlen, wieder zur Betreuung in festen Gruppen zurückzukehren", sagt sie.

Wer in Quarantäne muss und was man dort tun muss

Die Inzidenz lag in Nürnberg gestern bei 10,2. "Im Durchschnitt sind derzeit täglich über alle Fälle 35 Kontaktpersonen in Quarantäne", sagt Gesundheitsreferentin Britta Walthelm.

Tritt ein positiver Fall auf, sind in der Kita wegen der unübersichtlichen Kontaktsituation Personen von der Quarantäne betroffen, die sich mit dem bestätigten Covid-19-Fall mehr als zehn Minuten in einem Raum aufgehalten haben. Isolieren müssen sich auch Kinder, wenn die Kontaktsituation schwer zu überblicken war, wie zum Beispiel in Schulklassen, bei gemeinsamem Schulessen oder Gruppenveranstaltungen. Eine individuellen Risikoermittlung findet nicht statt, alle Kinder einer Gruppe, die im relevanten Zeitraum anwesend waren, müssen für 14 Tage nach dem letzten Kontakt zu Hause bleiben.
In Schulklassen müssen sich die Personen isolieren, die ohne adäquaten Schutz (Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske) für mehr als zehn Minuten näher als 1,50 Meter am Infizierten saßen oder sich unabhängig von der Dauer ohne adäquaten Schutz und Abstand mit dem Betroffenen im direkten Gespräch befunden haben.
Zu Hause muss in den 14 Tagen täglich die Temperatur gemessen werden, an Tag 1 und 14 ein PCR-Test, an den Tagen 5, 7, 9, 11 ein Selbsttest erfolgen. Die Daten sollen täglich an das Gesundheitsamt über eine Internetseite übermittelt werden. Tut man das nicht, ruft das Gesundheitsamt an und fragt sie ab. Zudem soll der Infizierte, so weit möglich, vom Rest der Familie isoliert werden.


Geimpfte und genesene Personen sind von der Quarantäne ausgenommen, außer es handelt sich um eine Virusvariante, die nicht Alpha oder Delta ist. Ob es sich um eine Virusvariante handelt, kann nicht in allen Fällen ermittelt werden, weil das Prozedere enorm aufwändig ist. Sequenzierungen auf Delta werden derzeit in Nürnberg nur stichprobenartig durchgeführt, bei circa zehn Prozent der Fälle. PCR-Tests erkennen inzwischen beispielsweise die Alpha-Variante. Liegt diese nicht vor, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine Delta-Variante vorliegt.

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