Nach dem tödlichen Unglück: Mulmiges Gefühl bei den Clubfans

4.2.2019, 07:35 Uhr
Die Diskussionen über die Breite des Bahnsteigs Frankenstadion beschäftigen auch die Clubfans.

© Bernd Hafenrichter Die Diskussionen über die Breite des Bahnsteigs Frankenstadion beschäftigen auch die Clubfans.

Zahlreiche Fußballfans haben nach Spielen des 1. FC Nürnberg dort kritische Situationen erlebt. Tobias Mäder verweilt vor der Partie gegen Werder Bremen lange vor den Grablichtern, die Fans für die beiden jungen Heroldsberger angezündet haben. Unweigerlich wandern die Gedanken des 51-Jährigen zu seinem Sohn, der Fischbacher stellt sich vor, "er wäre hier geschubst worden - furchtbar".

Mäderer fährt öfter mit der S-Bahn zu Heimspielen des 1. FC Nürnberg und steigt genau hier aus. "Beim Fußball ist das aber ja nicht passiert", sagt er - und schiebt dennoch hinterher: "Es ist schon so, dass es hier nach dem Spiel eng und sehr voll ist". Manchmal, sagt er, sei das beängstigend. Kommen ein voller Bahnsteig und betrunkene Anhänger zusammen, ist Mäder angespannt und vorsichtig. Ganz vorne wolle er dann nicht stehen.

Silke Frank genauso wenig. Sie kommt immer mit der S-Bahn zu Heimspielen ihres Clubs. Und "eigentlich ist die Zahl der Fans dort oben jedes Mal zu viel", findet sie. Ein beklemmendes Gefühl hat sie nicht erst seit vergangener Woche. Sie hält die Augen bei diesen Menschenmassen offen - und sie hält Abstand.

Wird es zu voll, werden vor dem Aufgang im Osten die Tore geschlossen, weiß Tobias Mäder. Auch an den Treppen der Unterführung sind Mitarbeiter der Deutschen Bahn postiert, "aber die machen da nicht zu, die lassen zu viele hoch", findet Silke Frank. Ein mulmiges Gefühl hat Reinhold Burger nicht, aber "es gibt häufig kritische Situationen", für die der Clubfan eine Ursache sieht: "Bei der Rückfahrt zum Hauptbahnhof hält der Zug weit außerhalb der Haltestelle, so dass nur ab der Mitte des Bahnsteigs zugestiegen werden kann. Alle drängeln dann zum Zug."


Kommentar der Chefredaktion: Respekt vor Trauer statt Sensationsgier


"Fahr halt weiter, du Depp", schreit auch nach dem Spiel gegen Bremen einer, der, wie viele, direkt am Aufgang auf den Zug gewartet hat. Viel ist los an diesem Spätnachmittag gegen halb sechs Uhr, aber doch noch überschaubar - auch weil viele Fans vermehrt einen anderen Weg zu nutzen scheinen. Die beiden Regionalzüge auf den Gleisen 300 und 301 am 2006 zur WM neu eröffneten Sonderbahnsteig sind gut gefüllt. Auch weil ein Mitarbeiter der Bundespolizei alle 30 Sekunden die Abfahrtszeiten per Lautsprecher durchsagt, um einen Teil der Massen hierher zu lotsen. Das sei nicht immer möglich, sagt der Beamte, aber man sei inzwischen immer öfter hier.

Laut der Deutschen Bahn hat sich der Sonderbahnsteig bewährt. Auch das Sicherheitskonzept bei Großveranstaltungen funktioniere, sagt ein Sprecher. Der Vorfall vergangene Woche sei schrecklich - aber habe hiermit nichts zu tun. "Bislang hat es hier keine Vorfälle gegeben."

Das Aber vieler Fans bleibt. Auch Stefan Belzer hat keine Angst auf dem Bahnsteig, dennoch "stehe ich lieber in der Mitte", sagt der 39-Jährige. Dass ein Streit ausbricht, ist ja gerade nach Fußballspielen durchaus möglich. Pascal, Hendrik und Lukas setzen da auf die Polizeistaffeln an der Bahnstation. Aber - "dass es zu den Gleisen nur ein knapper halber Meter ist", stimmt sie auch manchmal nachdenklich.