Tauziehen um die Quelle: Das sind die Fakten

26.5.2015, 20:25 Uhr
Tauziehen um die Quelle: Das sind die Fakten

© Foto: Eduard Weigert

Was ist das Versandgebäude wert? Wie viel Valbonne tatsächlich gezahlt hat, wissen nur wenige. Angeblich sollen es 150 Millionen Euro für das Versandgebäude mit dem 6,8 Hektar großen Gelände gewesen sein. Das Grundstück ist zu großen Teilen für Wohnbau verkauft. Auch die Stadt hat einen kleinen Teil für einen Park erworben. Der Verkehrswert des Versandgebäudes mit dem Grundstücksanteil von 72.189 Quadratmetern und dem Quelle-Turm wurde vom Amtsgericht auf 31,7 Millionen Euro festgesetzt. Rund 17 Millionen Euro müssen auf der Versteigerung geboten werden, damit ein Bieter den Zuschlag erhalten kann. Wenn es keinen Interessenten gibt, der diese Summe zahlt, dann gibt es einen zweiten Versteigerungstermin. Angesichts der hohen Sanierungskosten für das Gebäude schätzen Insider den Wert auf acht Millionen Euro. Angeblich soll die Gläubigerbank mit einem der Interessenten eine Ausbietungsgarantie geschlossen haben. Das ist im Grunde eine Preisabsprache zwischen Gläubiger und Interessent für die Versteigerung. Das ist rechtlich zulässig.

Wer will den Versandpalast ersteigern, und warum wird überhaupt versteigert? Noch immer ist der portugiesische Immobilienentwickler Sonae Sierra am Erwerb interessiert. Wenn die Immobilie ganz normal verkauft wird, dann bleiben die Mietverträge weiter gültig. Nach einem Zwangsversteigerungsverfahren gibt es aber ein außerordentliches Kündigungsrecht. In den vergangenen Jahren wurden 168 Mietverträge in Wildwestmanier mit unterschiedlichen Laufzeiten abgeschlossen, was die Entwicklung des ganzen Projekts hemmt, denn es kann nur weitgehend ohne Mieter saniert werden. Mit einer Angleichung der Laufzeiten von Mietverträgen ist Sonae Sierra gescheitert. Weitere Interessenten wie die Berliner MIB, der das AEG-Gelände gehört, oder die Denkmalneu-Gruppe in Forchheim würden wahrscheinlich erst dann ein offizielles Interesse bekunden, wenn Sonae Sierra aufgibt.

Warum dauert es so lange, bis eine neue Nutzung gefunden wird? Das Versandgebäude aus den fünfziger und sechziger Jahren steht unter Denkmalschutz, darauf hat die Stadt stets gepocht. Umbau ja, Totalabriss nein. Neben Sonae Sierra wollte auch schon der Hamburger Immobilienentwickler ECE die rechtlich gesicherte Einzelhandelsfläche von 18.851 Quadratmetern erweitern, was die Stadt verweigert hat, um die Läden in der Innenstadt nicht zu schädigen. Im Hintergrund hat es etliche taktische Manöver gegeben, die viel Zeit gekostet haben und die immer das Ziel einer größeren Einzelhandelsfläche hatten. Dauerhafte Partner, die mit den übrigen 230.000 Quadratmetern an Fläche etwas anfangen konnten, wurden bislang nicht gefunden. Teile der Uni anzusiedeln gelang nicht.

Was ist an Nutzungen vorgesehen? Das „Quelle Quartier“ soll nach den Vorschlägen von Sonae Sierra so aussehen: Die Decke zwischen Erdgeschoss und erstem Stock soll zum Teil herausgenommen werden, um einen großzügigen Eingangsbereich für Gastronomie und Einzelhandel zu bekommen. Im ersten Stock sind auf 30.000 Quadratmetern Räume für Kreative und ein umfangreiches Fitnessangebot geplant. Für das zweite Obergeschoss ist eine 450-Meter-Laufbahn vorgesehen, außerdem ein Hotel und betreutes Wohnen. Im dritten Geschoss sollen Büros und Parkplätze unterkommen, in der vierten Etage Wohnungen. Das Problem dabei ist, dass sich der Kauf von denkmalgeschützten Wohnungen steuerlich nur rechnet, wenn der Eigentümer selber einzieht. Welcher Immobilienentwickler will es aber langfristig in einem so großen Gebäude mit über 100 Eigentümern zu tun haben? Die Stadt hat angeboten, mit dem Sozialamt einzuziehen und auch die Räume für Kreative und Künstler zu unterstützen.

Hätte die Stadt das ehemalige Quelle-Areal kaufen sollen? Die Stadt steuert derzeit die Entwicklung des Areals mit einem Bebauungsplan. Die Alternative wäre der Kauf gewesen. In einem Insolvenzverfahren hat die Stadt kein Vorkaufsrecht, auch wenn die Immobilie, wie bei Quelle, in einem Stadtentwicklungsgebiet liegt. Die Finanzierung des Erwerbs wäre über eine eigene Gesellschaft wohl möglich gewesen. Das Risiko, mehrere Hundert Millionen Euro anschließend für die Sanierung in die Hand nehmen zu müssen, war aber hoch: Der Schuldenstand Nürnbergs liegt bei 1,8 Milliarden Euro.

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