Vorrang für Radler, Fußgänger und Tram

Von der Buckelpiste zum Boulevard: So soll die Ostendstraße umgebaut werden

17.10.2021, 11:06 Uhr
Die alten Beläge machen die Ostendstraße zu einer Hoppelpiste - hier mit Blick in östlicher Richtung, rechts der Uhrenturm der Thusneldaschule.

© Eduard Weigert Die alten Beläge machen die Ostendstraße zu einer Hoppelpiste - hier mit Blick in östlicher Richtung, rechts der Uhrenturm der Thusneldaschule.

Es ist ein heißes Eisen: Bleibt die Leistungsfähigkeit erhalten, wenn die Stadt endlich die Um- und Neugestaltung des zweiten Abschnitts der Ostendstraße angeht? Oder drohen unzumutbare Staus und lästiger Schleichverkehr in angrenzenden Wohngebieten? Das ist voraussichtlich der Kern der Auseinandersetzung, die nicht nur in Mögeldorf für erhitzte Gemüter sorgen dürfte.

Auslöser ist eine gründlich überarbeitete Planung. Die Überlegungen reichen zurück bis ins Jahr 2009, bei einer öffentlichen Auslegung für das Planfeststellungsverfahren gab es dann vor zwei Jahren erste massive Einwände. Dabei ist unstrittig, dass der Straßenzug dringend saniert werden muss - nicht zuletzt, um der Straßenbahn Staus und damit Verspätungen zu ersparen. Auch der Belag ist verschlissen: Wer sich einmal richtig durchrütteln lassen will, braucht in Nürnberg nur die Ostendstraße östlich der Nürnberger Versicherung zu durchfahren - gleich ob im Auto oder Bus oder auf dem Fahrrad: Es ist die letzte Ausfallstraße mit überwiegend Kopfsteinpflaster und vielen Unebenheiten.

Nach dem ersten Abschnitt zwischen Tullnau und dem Mittleren Ring sollte das nächste Teilstück bis zur Lechnerstraße bereits vor Jahren angepackt werden. Doch das Vorhaben lag länger auf Eis. Neuen Schwung brachten die vor zwei Jahren erhobenen Einwendungen - und der Mobilitätsbeschluss des Stadtrats im Januar diesen Jahres, der eine eindeutige Förderung von Straßenbahn, Radfahrern und Fußgängern vorsieht.

Kritik an Grün-Verlust

"Etliche Kritikpunkte an den früheren Entwürfen waren absolut berechtigt", räumt Frank Jülich, der Leiter des Verkehrsplanungsamtes, ein und nennt beispielsweise zu schmale und nicht durchgängige Radwege. Außerdem - nach damaligem Stand - wäre ein Geländestreifen an der Thusnelda-Schule mitsamt 17 Bäumen dem Verkehr geopfert worden.

Nun hat das Baureferat mit einem externen Fachbüro die Planung gründlich überarbeitet. Sie bereinigt nicht nur die früheren Mängel, sondern nimmt auch Bezug auf den Grundsatz-Beschluss zur Mobilitätsentwicklung in der Stadt vom Januar diesen Jahres. "Das Schulgelände muss nicht angetastet werden, die Radfahrer erhalten durchgehende Wege und Streifen und die Straßenbahn steht stadteinwärts nicht mehr im Stau", fasst Jülich die Kernpunkte zusammen. Auf einem längeren Stück ist für sie ein Rasengleis reserviert.

An der Haltestelle Lechnerstraße sollen Geh- und Radweg und der Bahnsteig unmittelbar ineinander übergehen. Im mittleren Abschnitt wird das Linksabbiegen über die jeweilige Gegenfahrbahn - schon jetzt mehr geduldet als erlaubt - hinweg konsequent unterbunden. Das soll nicht nur den Verkehrsfluss fördern, sondern vor allem für mehr Sicherheit sorgen. Dem dienen außerdem ein Fußgängerüberweg und eine Ampelanlage an der Einmündung der Breitengraserstraße.

Dynamische Schaltung

"Mit einer dynamischen Schaltung lässt sich erreichen, dass der Individualverkehr im Haltestellenbereich zwar der Straßenbahn folgen muss, aber flüssig bleibt", beteuert Jülich. Die Verkehrsplaner meinen sogar belegen zu können, dass selbst in den Spitzenzeiten jeweils mehr als 1000 Pkw pro Stunde den kritischen Bereich passieren können - was den aktuellen Bedarf gut decken würde.

Ausführlich präsentieren wollen Baureferent Daniel Ulrich und sein Team die auf rund elf Millionen Euro veranschlagte Neuplanung in einem Online-Forum am Donnerstag, 21. Oktober, ab 18.30 Uhr. Für die erwarteten mehreren hundert Interessenten hätte es aktuell keinen geeigneten Raum für eine Präsenz-Veranstaltung gegeben. Die Einwahldaten für die Zoom-Konferenz sind unter verkehrsplanung.nuernberg.de abrufbar.

Ablehnung aus der Geschäftswelt

Die Kritiker stehen indes schon in den Startlöchern. Als "Interessengemeinschaft Ostend" haben sich vor allem Geschäftsleute formiert, von der Total-Tankstelle über Brezen-Kolb bis zum Autohaus Fröhlich. In Flugblättern warnen sie vor Stau mit entsprechender CO²-Belastung und davor, dass im Zweifel auch die Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge blockiert sein könnte. Und der Renault-Händler macht geltend, dass mit jeder Anlieferung von Neufahrzeugen die künftig womöglich einzige Fahrspur während des Ladevorgangs an die 30 Minuten blockiert sein könnte.

Zu den Betroffenen gehören auch die künftigen Bewohner des neuen Seetor-Komplexes, der gerade in die Höhe wächst. Große Befürchtungen hegen die Anwohner südlich der Bahnlinie - vor allem an der Blüten- und Dientzenhoferstraße. Gestützt auf Untersuchungen und Zahlen, will Ulrich allerdings versuchen, ihnen die Sorge zu einem verstärkten Ausweichverkehr zu nehmen.

Vor 2024 wird nicht gebaut

Nach den Informationsabenden wird sich der Verkehrsausschuss des Stadtrats mit der Planung beschäftigen. Erst wenn der Stadtrat grünes Licht gibt, wird das förmliche Planfeststellungsverfahren mit allen Möglichkeiten zu Einwendungen eingeleitet. Das dürfte mindestens das gesamte kommende Jahr in Anspruch nehmen. Dann folgt die Phase der Ausschreibungen. "Vor 2024 wird sicher nichts gebaut", meint Baureferent Daniel Ulrich. Und angesichts der möglichen Protestwelle dürfte sich das Vorhaben eher in die Länge ziehen.

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