Pilotprojekt an der Messe

Vorreiter in Nürnberg: Audi plant neuartige Elektro-Tankstation

9.8.2021, 17:38 Uhr
So soll der "Charging Hub" aussehen: Unten wird Strom getankt, im Obergeschoss kann man währenddessen einen Kaffee trinken oder einen Happen essen. Wenn das Pilotprojekt gut ankommt, will Audi eine eigene Lade-Infrastruktur aufbauen.

© Audi, NNZ So soll der "Charging Hub" aussehen: Unten wird Strom getankt, im Obergeschoss kann man währenddessen einen Kaffee trinken oder einen Happen essen. Wenn das Pilotprojekt gut ankommt, will Audi eine eigene Lade-Infrastruktur aufbauen.

Noch wächst hier nur Gras. Rechts ist das Messegelände zu sehen, von links das Klackern der Boards auf dem Skaterpark zu hören. Genau hier an der Münchener Straße möchte der Audi-Konzern in die Zukunft investieren: eine eigene, neuartige Schnell-Ladestation. 398 Quadratmeter groß und 7,52 Meter hoch, mit Platz für sechs zu ladende Elektroautos. Wenn das Pilotprojekt in Nürnberg gut ankommt, will der Konzern nach diesem Vorbild ein ganzes Strom-Tankstellennetz aufbauen.

Neue Technik

Anders als bei den bekannten Ladesäulen sind beim "Charging Hub" gebrauchte Lithium-Ionen-Batterien aus zerlegten Entwicklungsfahrzeugen im Einsatz, diese dienen als Pufferspeicher. Dazu kommen Solarzellen auf dem Dach der würfelförmigen E-Tankstelle. So soll ein Schnellladen mit bis zu 300 Kilowatt möglich sein, ohne dass neue Stromleitungen verlegt werden müssen.

Daher können die "Charging Hubs" praktisch überall aufgebaut werden. Der Ingolstädter Konzern stellt sich das Tanken der Zukunft in etwa so vor: Während der Fahrer in einer Lounge im Obergeschoss einen Kaffee trinkt, soll sein Elektroflitzer in fünf Minuten Energie für bis zu 100 Kilometer Strecke auftanken können.


Minuten statt Stunden

Eine Ladung von fünf auf 80 Prozent dauert etwa 23 Minuten. Zum Vergleich: Je nach Stromart und Ladestärke kann das Aufladen eines Elektroautos an einer herkömmlichen Ladesäule mehrere Stunden dauern. "Die geplante E-Ladestation ist ein wichtiger Beitrag zum Ausbau der Elektromobilität und der Mobilitätswende", sagt Oberbürgermeister Marcus König. Roland Fleck, Geschäftsführer der NürnbergMesse, ergänzt: "Wir freuen uns, dass Audi sich bei diesem zukunftsweisenden Pilotprojekt für den Standort Münchener Straße auf dem Gelände der NürnbergMesse entschieden hat".

König und Fleck halten sich jedoch bedeckt, wenn es um den Baubeginn und das voraussichtliche Datum der Fertigstellung geht. Der Bauantrag wurde am 23. Juli, also vor gut zwei Wochen, bei der Stadt Nürnberg eingereicht. Audi nennt den Herbst 2021 als Wunschtermin für den Start des Pilotprojekts. "Das Bauvorhaben muss noch geprüft werden", heißt es dazu aus der Pressestelle der Stadt. Bekannt ist, dass sich gemäß Baumbestandsplan im Umfeld der geplanten E-Tankstelle zehn Bäume befinden, "diese stehen jedoch nicht auf der geplanten Fläche des Bauvorhabens", betont eine Sprecherin der Stadt.

Angebot wächst und wächst

Das Vorbild für die neuen Ladestationen ist Tesla. Das amerikanische Unternehmen hat beinahe 2000 "Supercharger"-Stationen in Europa aufgebaut. Dazu kommen Unternehmen wie "Newmotion" mit 155.000 Ladepunkten in 35 Ländern und "Ionity" mit 400 Stationen an Fernstraßen und Autobahnen in 26 europäischen Ländern. Und schließlich gibt es ja noch die herkömmlichen, öffentlichen Ladesäulen. Laut "e-tankstellen-finder.com" gibt es davon in Nürnberg 20, die meisten davon im Parkhaus am Flughafen. Weil E-Tankstellen auf privatem Grund und in privaten Haushalten nicht genehmigungspflichtig sind, lässt sich hier keine Zahl nennen.

Klar ist: Je mehr es gibt, desto besser wird Elektromobilität angenommen. Für einen Hersteller ist es demnach wichtig, die Energieversorgung seiner Fahrzeuge kontrollieren zu können. Daher ist das Pilotprojekt Vorreiter einer "Premium-Lade-Infrastruktur", wie Audi-Chef Markus Duesman sagt. Während in der mehrere Monate dauernden Testphase in Nürnberg noch jeder jedes Fabrikat aufladen kann, soll es in Zukunft Audi-Fahrern vorbehalten sein. Im Internet gibt es dafür Kritik: "Premium beim E-Auto funktioniert beim Laden nicht. Strom ist Strom", so ein Kommentar.

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