Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbwerber

Zahlt der Freistaat zu viel Miete?

19.6.2021, 17:59 Uhr
Die Grundig-Türme wurden 2016 saniert und dienen derzeit als Unterkunft für Asyslbewerber.

© Roland Fengler, NZ Die Grundig-Türme wurden 2016 saniert und dienen derzeit als Unterkunft für Asyslbewerber.

Nach der Kritik am Mietvertrag für die Zweigstelle des Deutschen Museums auf dem Augustinerhofgelände thematisiert der FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber jetzt den Mietvertrag für die beiden Grundig-Türme in der Beuthener Straße. Die markanten Gebäude sind seit 2016 eine Aufnahmeeinrichtung der Regierung von Mittelfranken für Asylbewerber (ANKER): In beiden Fällen ist der Vermieter die Alpha-Gruppe von Gerd Schmelzer. In beiden Fällen sei der Entscheidungsprozess intransparent und der Mietzins eher hoch, so Körber.

Der FDP-Landtagsabgeordnete verweist darauf, dass die Mietverträge sowohl für die Dependance des Deutschen Museums auf dem Augustinerhofgelände als auch für die Grundig-Türme zwischen der IMBY und der Alpha-Gruppe verhandelt wurden. Die Immobilien Bayern (IMBY) betreut alle staatlichen Immobilien. Immobilienentwickler Gerd Schmelzer hält die Vorwürfe für "ehrenrührig", denn die Mietverträge seien nach den staatlich vorgegebenen Regularien zustande gekommen.

Immobilienentwickler Gerd Schmelzer. 

Immobilienentwickler Gerd Schmelzer.  © NNZ

Der Forchheimer FDP-Landtagsabgeordnete Körber vermutet, dass es sehr enge Verbindungen, er spricht vom "Dunstkreis", zwischen Schmelzer und dem damals für die IMBY zuständigen Finanzminister Markus Söder gibt. "Gerade weil es hier um das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geht, müssen diese Vorgänge genauer untersucht und aufgeklärt werden", fordert Körber.

2008 hatte der Immobilienentwickler Gerd Schmelzer im Rahmen eines Bieterverfahrens vom Freistaat die beiden Grundig-Zwillingstürme für 1,5 Millionen Euro erworben. Es war das höchste Gebot, das abgegeben wurde, für eine Grundstücksfläche von insgesamt 15331 Quadratmetern und einer Bruttogeschossfläche von 19950 Quadratmetern. Aus heutiger Sich ein Schnäppchen, denn der Quadratmeterpreis lag unter 100 Euro. Derzeit würden für eine solche Immobilie, selbst wenn sie sich im Zustand eines Rohbaus befinden würde, mindestens 1000 Euro für den Quadratmeter bezahlt werden.


Kommentar: Unterstellungen gegen Nürnberger Immobilienentwickler helfen nicht


"Das war schon verdammt günstig", so ein Insider. Aber es habe auch einen großen Sanierungsbedarf gegeben: neue Aufzüge, Asbestsanierung, Brandschutz und komplett neue Sanitäranlagen. Ein zweistelliger Millionenaufwand sei schon beim Kauf absehbar gewesen. Die IMBY führte eine Prüfung durch, ob die Türme noch durch staatliche Behörden genutzt werden können. Überlegt wurde, ob das Zentralfinanzamt in die Türme einziehen kann. Der Investitionsbedarf war jedoch zu hoch. Von staatlichen Stellen gab es deshalb kein Interesse mehr für eine neue Nutzung der Türme.

Im Rahmen eines Sachverständigengutachtens wurde festgestellt, dass der Ertragswert des Gebäudes negativ sei und es deshalb dem Freistaat günstiger komme, wenn die Türme verkauft werden, denn dann spart der Freistaat Betriebskosten und die Verkehrssicherung des Gebäudes. Bewertet wurde es zum Liquidationswert.

Keine Interessenten

Warum wurden die Grundig-Türme so günstig verkauft? Lange Zeit hatten sie als Landesaufnahmestelle für die Aufnahmen und Unterbringung von Spätaussiedlern gedient. Sie waren abgewirtschaftet. Der Freistaat hatte zunächst versucht, sie auf dem Immobilienmarkt anzubieten, doch es gab angesichts des Investitionsstaus keine Interessenten. Danach kam es zum Bieterverfahren und Schmelzer erhielt den Zuschlag. Die beiden Türme mussten im Kern saniert werden. Das Objekt sei zu seinem vollen Wert verkauft worden, heißt es in einer Stellungnahme des Bauministeriums. Schmelzer wollte ursprünglich ein Hotel in den Türmen einrichten. Doch angesichts der Finanzkrise und dem Abrutschen der Immobilienpreise wurde aus dem Projekt nichts, weil sich kein Betreiber langfristig binden wollte. Die Türme blieben leer.

Wohnungsmarkt hat sich geändert

Als die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge 2014 stark anstieg, änderte sich der Wohnungsmarkt grundlegend. Schon Mitte 2014 wurden in Nürnberg mobile Gemeinschaftsunterkünfte aufgebaut und Hotels von der Stadt und von der Regierung von Mittelfranken angemietet, um die Flüchtlinge unterzubringen. Es wurden dringend Wohnungen gesucht. Um den Engpass zu überwinden und Unterbringungsmöglichkeiten anzumieten, führte die IMBY deshalb eine europaweite Ausschreibung durch. Immobilienentwickler Schmelzer hatte Glück, denn er konnte bieten: In den Türmen finden 800 Asylbewerber Platz.

Der Mietvertrag über eine Fläche von 15455 Quadratmetern wurde im Januar 2015 unterschrieben. Der Mietpreis liegt bei 12,90 Euro pro Quadratmeter und der Mietvertrag läuft bis 2031. Das garantiert Mieteinnahmen in einer Höhe von rund 35 Millionen Euro auf 15 Jahre gerechnet. Der Mietvertrag wurde im übrigen von einem "internen Mietwertermittler unter Berücksichtigung der Objekt- und Standortqualität überprüft und als ortsüblich und angemessen festgestellt", heißt es weiter in der Stellungnahme des Bauministeriums. Die beiden Türme wurden bis Juni 2016 komplett saniert. Die Investitionskosten dafür lagen zwischen 30 und 40 Millionen Euro.

Staat als Ankermieter

Körber kritisiert, dass im Rahmen eines unklaren Standortauswahlprozesses und eines lange laufenden, gut dotierten Mietvertrags wie bei der Dependance des Deutschen Museums, der Staat als Ankermieter auftritt und das unternehmerische Risiko Schmelzers abdeckt.

Die außerordentlich hohe Miete sei mindestens erklärungsbedürftig, so Körber. Der Liberale bringt auch zwei Spenden Schmelzers an die CSU, die er 2018 und 2019 geleistet hat, ins Spiel, um einen Konnex herzustellen. Seit Anfang 2018 untersteht die IMBY nicht mehr dem Finanz-, sondern dem Bauministerium. Schmelzer weist Körbers Vermutungen als Unterstellungen zurück. Die Spenden seien ganz regulär erfolgt. Er habe auch schon anderen Parteien gespendet. Die Höhe der Mieten sei im Vergleich zu anderen Objekten angemessen.

14 Ankerzentren

Der Freistaat hat durch die Ankunft der hohen Zahl von Asylbewerbern insgesamt 14 solcher Aufnahemeeinrichtungen angemietet. Die Miete für die Grundig-Türme fällt dabei nicht aus dem Rahmen. Immobilienentwickler in Nürnberg unterstützen Schmelzers Argumentation und halten den Mietpreis für in Ordnung, denn es gehe um keine normalen Mietwohnungen, auf die der Mietenspiegel angewendet werden könne, sondern um einen Bau mit speziellen Anforderungen. Es handele sich nach der Sanierung auch rechtlich um einen Erstbezug.

Ein Neubau wäre viel teurer gewesen und die Realisierung hätte mindestens drei bis vier Jahre gedauert. "Es ging doch darum, kurzfristig zu helfen. Der Bedarf war groß", heißt es in der Branche. Die Regierung von Mittelfranken teilte auf Anfrage mit, dass die Einrichtung gegenwärtig zu 45 Prozent ausgelastet sei. Vor Corona habe die Auslastung bei 70 bis 90 Prozent gelegen. Im Bereich der Erstaufnahme und bei der anschließenden Unterbringung würden keine Einrichtungsplätze vorgehalten, die nicht mehr genutzt werden, weil die Flüchtlingszahlen deutlich nach unten gegangen sind.

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