"Schwarzbuch": Wo der Staat in Bayern Steuergelder verschleudert

27.10.2020, 17:02 Uhr
Bei der Sanierung des Augsburger Stadttheaters sind die Kosten explodiert. Am Ende werden sich die Ausgaben auf über 320 Millionen Euro fast verdoppelt haben

© Foto: Bund der Steuerzahler Bayern Bei der Sanierung des Augsburger Stadttheaters sind die Kosten explodiert. Am Ende werden sich die Ausgaben auf über 320 Millionen Euro fast verdoppelt haben

Es gibt auch etwa zum Schmunzeln im jüngsten Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler in Bayern (BdSt). Das kostet allerdings 1,1 Millionen Euro. So viel muss für einen Tunnel aufgebracht werden, der das historische Rathaus im oberbayerischen Erding mit einem neuen Verwaltungsgebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite verbinden soll. Aus Sicht der Rathausspitze könne schließlich nur so ein „Auseinanderleben der Verwaltungseinheiten der beiden Gebäude“ verhindert werden. Aus Sicht der Steuerzahler darf man fragen, ob dieser unterirdischen Verbindung wirklich ein angemessener Nutzen gegenübersteht.

Insgesamt acht Sünden

Dieses Erdinger Projekt gehört zu insgesamt acht Vorhaben, die der Steuerzahlerbund in diesem Jahr als Verschwendung anprangert. Michael Jäger, Vizepräsident der Organisation, kam in die Nürnberger Fußgängerzone, um das Schwarzbuch vorzustellen.


Millionengräber: Großprojekte in Bayern aus dem Ruder


Coronabedingt hatte der BdSt dort ein Infomobil aufgestellt. Kostenexplosionen bei Bauvorhaben prangerte Jäger vor allem an: „Oft werden die Ausgaben bewusst niedrig gehalten, um ein Projekt in der Abstimmung durchzubringen, dann kommen häufig Zusatzwünsche hinzu, für die der Steuerzahler dann geradestehen muss.“

Dazu gehört für den Steuerzahlerbund auch der Ausbau der mittelalterlichen Klosterburg Kastl (Kreis Amberg-Sulzbach) zu einer Hochschule für den öffentlichen Dienst durch den Freistaat. Gerechnet hat der einmal mit rund 37 Millionen Euro für die Umbau- und Erhaltungsmaßnahmen. Mittlerweile hat der Landtag einen Kostenrahmen von 60 Millionen Euro genehmigt.

Unerwartete Schäden

Ursachen für die Steigerung gibt es einige. Die Arbeiten waren aufwändiger, hinzu kamen die Preisentwicklung, archäologische Funde, Schadstoffe, unerwartete Schäden am Dachstuhl. Der Steuerzahlerbund hofft, dass nicht noch mehr anfällt und die Hochschule planmäßig im Sommer 2023 ihren Betrieb aufnehmen kann.

In Franken haben die Kontrolleure in diesem Jahr lediglich den Neubau einer Stadthalle im unterfränkischen Lohr am Main unter die Lupe genommen. Hier sind die Ausgaben von ursprünglich angesetzten 15 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro gestiegen. Verantwortlich dafür seien Zusatzwünsche und Mehrausstattung gewesen, zum Beispiel aufsteigende Gestühl oder eine Konzertmuschel im Hubbereich der Bühnenanlage.

"Lech-Phalharmonie" in Augsburg

Von einer „Lech-Philharmonie“ - eine Anspielung auf die teure Elb-Philharmonie in Hamburg - sprach Jäger im Zusammenhang mit Sanierung des Augsburger Stadttheaters. Das sei ein Fass ohne Boden.

2016 hat Augsburg einen Kostenrahmen von 186 Millionen Euro beschlossen. Am Ende werden 320 Millionen Euro notwendig sein. Auch hier gab es Umplanungen und Zusatzwünsche. „Jeder private Bauträger würde pleite gehen, wenn er so mit Geld umgehen würde“, betonte Michael Jäger. Aber es werde ja Geld des Steuerzahlers ausgegeben, das man nicht selbst erwirtschaften müsse.

Besonders heftig bekommen es vom Bund der Steuerzahlen Projekte in der Landeshauptstadt München ab. Dazu gehört die Sanierung der Neuen Pinakothek. Der Betrag der ersten Kostenschätzung hat sich mittlerweile auf mehr als 230 Millionen Euro fast verdreifacht.

Wenig besser sieht es beim Dauerproblem Deutsches Museum aus. Aus 400 Millionen Euro sind inzwischen um die 745 Millionen Euro für die Generalsanierung des berühmten Hauses geworden.

Imagekampagne für die Landwirtschaft

Auch eine fünf Millionen Euro teure Imagekampagne für die Landwirtschaft findet keine Gnade vor dem Steuerzahlbund. Das Landwirtschaftsministerium hat die ausgeheckt. Wegen Corona liegt sie momentan auf Eis, soll aber später doch noch starten.

Nicht gut weg kommen die Behördenverlagerungen, ein Prestigeprojekt der Staatsregierung. Für die Umzüge wird mit einem dreistelligen Millionenbetrag gerechnet. Der BdSt fragt, ob dieser Betrag noch in einem guten Verhältnis zu den erhofften positiven Effekten in strukturschwachen Regionen steht.

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