Verkommt die Schwarzachklamm zum Spielplatz?

13.6.2020, 06:00 Uhr
Verkommt die Schwarzachklamm zum Spielplatz?

© Foto: Reinhard Kalb

Gerhard Zaiß geht an der Schwarzachklamm fast täglich mit seinem Hund spazieren. Was er in jüngster Zeit beobachtet, gefällt ihm gar nicht. Die Erosion des Sandsteins und der Abhänge macht in seinen Augen dramatische Fortschritte, nämlich durch Menschenhand und -fuß. "Da klettern ständig Kinder rauf und rutschen herunter und reißen Moospolster mit. Die Schlucht verkommt zu einem Abenteuerspielplatz", klagt der Rentner. "Wenn das so weitergeht, ist bald alles kaputt!"

Ist dem so? Die NZ unternahm an Fronleichnam eine Ortsbegehung mit Gerhard Zaiß. Mit dabei die 2. Bürgermeisterin von Schwarzenbruck, Petra Hopf (CSU), und Ursula Siebenlist, Diplombiologin, Lehrerin für Biologie und Chemie, sowie Ortsvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN).

Lage wird bedenklich

11 Uhr Mittags, Startpunkt Sportplatz TSV Ochenbruck. Zu fünft (inklusive Hund) spazieren wir in die Schwarzachklamm und folgen ihr flussabwärts. Trotz bedeckten Himmels und feuchter Luft begegnen wir überraschend vielen Spaziergängern. "Wahrscheinlich ist das eine Reaktion auf das lange Daheimbleiben wegen der Corona-Pandemie", schätzt Zaiß. "Seit der Ausgang wieder erlaubt ist, kommen viel mehr Leute als gewöhnlich hierher."

Ein Eindruck, den die anderen Expeditionsteilnehmer bestätigen. Dann zeigt Zaiß auf einige Stellen am Steilhang. Hier liegt eine Baumwurzel frei, die vor ein paar Wochen noch in der Erde steckte. Dort zeichnet sich eine Rutschspur ab. Hier krümelt der Fels vor sich hin, am Steilhang zum Ufer ist eine bedenklich weite Kuhle in den Weg getreten.

Sind das Zeugnisse natürlicher oder menschlicher Erosion? Ursula Siebenlist weist darauf hin, dass der sehr weiche Keupersandstein auch unter natürlichen Bedingungen wie Sandkuchen vor sich hin bröselt. Doch da! Eine Familie kommt, drei kleine Kinder stürmen den Hang ein paar Meter hinauf, kauern sich in eine natürliche Auswaschung und spielen unter großem Gebrüll Höhlenbär. Derweil macht Vati ein Bild.

Das geht so nicht. Höflich spricht Siebenlist die Erwachsenen an, ob sie wissen, dass sie sich in einem Naturschutzgebiet aufhalten. Denn hier gilt das Wegegebot. Soll heißen, dass man die Wege nicht verlassen darf und Hunde an die Leine gehören.

Naturromantik in Gefahr?

Naturromantik bewegt die Herzen von Groß und Klein. Ein Baum ist quer über die Schlucht gestürzt und bildet eine natürliche Brücke. Ein Jüngling lässt sich drei Meter über der Schwarzach auf dem Stamm nieder und lässt sich fotografieren. Ein anderer hat mit Kreide eine Liebeserklärung an eine niedrige Höhlendecke gekritzelt. Nicht so schlimm, das wäscht sich schneller aus, als die Liebe halten dürfte – anders als Meißelspuren im Stein.

Kinder klettern auf Felsen und winken den Eltern zu, Mädchen kraxeln die Böschung herab und posieren für ein Foto wie Lorelei auf einem Fels, der aus dem Fluss ragt. Auf einem flachen Klotz im Fluss häufen sich Centmünzen. Man will gern wiederkommen, also wird die Schwarzach zum Trevibrunnen.

Kinder toben sich hier gerne aus

Mit Geduld und Höflichkeit weist Siebenlist die Wanderer auf die Bestimmungen des Naturschutzes hin. Bei Kindern drückt sie schon einmal ein Auge zu: "Ich kann nur schützen, was ich kenne", erklärt die BN-Ortsvorsitzende. "Deswegen müssen Kinder die Natur kennenlernen, auch abseits von den Wegen. Kinder leiden sowieso unter einem Mangel an Bewegung und Erfahrung."

Für Kinder sei die Schwarzachklamm tatsächlich ein Abenteuerspielplatz. "Ich sehe zwar Schäden, aber ob die im letzten halben Jahr entstanden sind, kann nur ein Geologe beurteilen", sagt sie. "Die Alternative wäre, den Wanderweg für einige Zeit zu sperren. Aber das ist nicht durchzusetzen, man würde sehr vielen Menschen etwas Kostbares wegnehmen." Die Schwarzachklamm sei ein Erholungsort ersten Ranges. "Deshalb müssen wir eine Balance zwischen Tourismus und Naturschutz finden."

"Wir brauchen mehr Schilder"

Tatsächlich kümmern sich BN und Naturwacht um die Einhaltung der Regeln. Das Hauptaugenmerk liegt auf Mountainbikern, die auf engem Weg verbotenerweise herumkurven, und auf Jugendlichen, die abends zelten oder Feuer machen.

Einen strategischen Schwachpunkt notieren aber auch Ursula Siebenlist und Petra Hopf: die grün umrandeten Naturschutzgebiet-Schilder sind unauffällig platziert, verschwinden fast im Laub oder stehen quer zum Wanderweg, sodass ein Wanderer oder Radler sie gar nicht registriert. "Wir brauchen mehr Schilder", sind sich die Damen einig, "klar zu sehen und mit freundlich formulierten Geboten."

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