Warum es weniger Straftaten in Altmühlfranken gab

15.4.2021, 06:03 Uhr
Warum es weniger Straftaten in Altmühlfranken gab

© Foto: Jan Stephan

Wo die Menschen weniger mobil sind, gibt es unterm Strich auch weniger Straftaten – ein bayern- und deutschlandweiter Trend. Dabei wirkt die blanke Zahl erst mal wenig spektakulär: Insgesamt gab es im Jahr 2020 in Altmühlfranken 3275 Straftaten und damit 191 weniger als noch im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang von 5,5 Prozent.


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Der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim etwa, der ebenfalls im Gebiet der Ansbacher Kripo liegt, kommt auf satte zehn Prozent. Und in ganz Mittelfranken gibt es immerhin einen Rückgang von 8,6 Prozent.

Dennoch ist die Kriminalität in Altmühlfranken auf dem niedrigsten Stand der vergangenen zehn Jahre, und auch die Häufigkeitszahl (also die Anzahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner) ist deutlich gesunken – obwohl die Einwohnerzahl steigt. Außerdem lohnt ein näherer Blick auf die einzelnen Bereiche, um die Auswirkungen der Pandemie dann doch deutlich zu erkennen.

Weniger Kontakt, weniger Körperverletzungen

Gesunken ist die Zahl der erfassten Straftaten vor allem im Bereich der sogenannten Rohdelikte, also Raub oder Körperverletzung. Insgesamt 645 erfasste Fälle gab es 2020 – das ist ein Rückgang von gut acht Prozent. Allerdings: 2019 war mit 703 Straftaten auch eine deutliche Spitze, verglichen mit 2018 (581) oder 2017 (657). Der Rückgang im vergangenen Jahr sei aber durchaus "erklärbar mit den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen", sagt Kriminaldirektor Hegwein.

Ob im Bereich der Körperverletzung, das Ausfallen von größeren
Festen und die Schließung der Diskotheken zu einem Rückgang geführt hat, könne man nur vermuten, sagt der Experte. "Gerade im Bereich der Gewaltstraftaten ist oft Alkoholkonsum im Spiel", bestätigt er. 

Rückläufig war 2020 auch die Zahl der Diebstähle (minus 7,9 Prozent), vor allem im Bereich des einfachen Diebstahls (minus 15,4 Prozent), des Ladendiebstahls (minus 11,7 Prozent) und Kfz (minus 63,6 Prozent). Logisch – schließlich waren auf das Jahr betrachtet weniger Menschen unterwegs und die Geschäfte waren längere Zeit geschlossen.

In manchen Bereichen wurde es mehr

Eine Zunahme gibt es allerdings in den Bereichen Fahrraddiebstahl (Anstieg um gut sechs Prozent), Taschendiebstahl (Anstieg um 180 Prozent auf 14 Fälle), Einbruch in insgesamt 74 Gewerbeobjekte (plus 19,4 Prozent) und Wohnungseinbruch. Bei Letzterem stieg die absolute Zahl von elf auf 26, was einem Anstieg von 136,4 Prozent entspricht. "Hierzu gehört aber auch eine Kleinserie Anfang 2020", erläutert Dieter Hegwein. Ein mittlerweile festgenommener Mann hatte mehrere Einbrüche verübt, unter anderem im Pappenheimer Pfarrheim, wo er vom Pfarrer überrascht wurde und diesen dann angriff.


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Um ein Drittel rückläufig waren vergangenes Jahr Vermögens- und Fälschungsdelikte, die absolute Zahl sank von 623 im Vorjahr auf 430. Besonders Betrugsfälle sind weniger geworden (minus 30,6 Prozent). Dies sei insofern "beachtlich", weil es dem bayernweiten Trend entgegenläuft, merkte Hegwein an.

Allerdings: Im gesamten Dienstbereich der Kriminalpolizei Ansbach ist der Warenbetrug über sogenannte "Fake-Shops" im Internet, also gefälschte Onlineversandhändler, deutlich gestiegen: von 61 auf 168. Diese Betrugsmasche und auch die sogenannten "Microsoft-Anrufe" haben laut Kriminaldirektor Dieter Hegwein in der Pandemie "stark zugenommen". Und die Dunkelziffer im gesamten Bereich der Cyberkriminalität ist vermutlich noch höher, da viele Straftaten nicht bemerkt oder nicht angezeigt werden.


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Dem generellen Rückgang von Straftaten in der Kriminalstatistik stehen jedoch auch Bereiche mit deutlichen Ausreißern gegenüber. So gab es 2020 etwa im Bereich der Sexualstraftaten 144 erfasste Fälle, was einem Zuwachs von 80 Prozent entspricht. Dieser "exorbitante Anstieg" sei auf die "unschöne Serie" von sexuellen Übergriffen in einem Gunzenhausener Wassersportverein zurückzuführen, erklärte der Kriminaldirektor.

"Aber auch der Austausch von pornografischen Inhalten nimmt massiv zu", sagt Dieter Hegwein. Darunter fallen auch Fotos und Videos, die unter Jugendlichen über Handys weiterverbreitet werden und strafbar sind.

Einen Anstieg verzeichnet die Kriminalpolizei auch im Bereich der Rauschgiftkriminalität. Waren es 2019 noch 175 Delikte, lag die Zahl 2020 bei 224 – eine Steigerung um 28 Prozent. Allerdings findet sich auch der vergleichsweise spektakuläre Fall der aufgedeckten Cannabis-Plantage in Ettenstatt in der Statistik wieder. Im April hatten die Fahnder dort mehr als 700 Pflanzen und mehrere Kilogramm Drogen gefunden, drei Personen standen vor Gericht und wurden zu Haftstrafen von achteinhalb, sieben und fünf Jahren verurteilt. 

Die Schmierereien werden mehr

Leicht zugenommen hat auch die sogenannte Straßenkriminalität, also alle Delikte, die in der Tatphase überwiegend oder ausschließlich auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln begangen werden. Hier gibt es einen Anstieg um 3,6 Prozent von 468 auf 485 Straftaten. Dies sei vor allem auf "Graffitischmierereien" zurückzuführen, erläuterte der Kriminaler. Diese verdoppelten sich von 33 auf 66 Delikte.

Die politisch motivierte Kriminalität ist von 15 auf 18 Straftaten gestiegen, insgesamt jedoch rückläufig (zum Vergleich: 2016 gab es noch 36 Fälle). "Neu ist bei den sogenannten Querdenkerdemonstrationen, dass diese von Reichsbürgern als Plattform genutzt werden", zeigte Hegwein auf. Im Landkreis leben 25 polizeibekannte Reichsbürger, diese Zahl ist unverändert.

Zuletzt noch ein Blick auf die Tatverdächtigen: Knapp 77 Prozent sind männlich, gut 22 Prozent unter 21 Jahre alt. Der Ausländeranteil bei den Tatverdächtigen liegt bei 23,6 Prozent.

Vorbildliche Aufklärungsquote

Vorbildlich ist im Landkreis nach wie vor die Aufklärungsquote. Sie liegt bei 75 Prozent, das heißt, drei von vier Straftaten werden in der Regel aufgeklärt. "Das ist ein super Ergebnis", lobt der Kriminaldirektor aus Ansbach die Arbeit auch der örtlichen Polizeidienststellen in Weißenburg, Gunzenhausen und Treuchtlingen.

Mit dieser Aufklärungsquote habe Altmühlfranken die beste Quote in Westmittelfranken und sei auch "bayernweit überdurchschnittlich". Neben den polizeilichen Ermittlungen seien auch die Anzeigen und Hinweise aus der Bevölkerung ausschlaggebend, "und das funktioniert hier im Landkreis hervorragend", freut sich Hegwein.

Landrat Manuel Westphal lobte im Rahmen der Vorstellung der Kriminalstatistik ebenso die "hervorragende und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Dienststellen". Vor allem während der Pandemie, aber auch in Sachen Besucherlenkung an den Seen laufe der Kontakt stets reibungslos. Das Fazit von Landratsamt und Kriminalpolizei: Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen kann man sicher leben. Die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, ist relativ gering – und die Chance, dass begangene Straftaten aufgeklärt werden, sehr groß.

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