Au revoir la France

"Sehr abwechslungsreich und vielfältig": FSJ trotz Pandemie

2.6.2021, 14:05 Uhr

Ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Corona-Zeiten – geht das? Anna Lochschmidt aus Altdorf sagt: "Auf jeden Fall." Die 19-Jährige hat im vergangenen Sommer am Leibniz-Gymnasium ihr Abitur gemacht. Pandemie hin oder her, für Anna stand fest, dass sie ein FSJ absolvieren würde. Dabei schieden Einsatzorte außerhalb Europas allerdings schnell aus, weil es für viele Länder Einreisebeschränkungen gab.

Nur Europa kommt in Frage

Also Europa: Auf der Website des Deutsch-Französischen Jugendwerks findet die 19-Jährige eine Information, dass junge Leute gesucht werden, die Deutsch an französischen Schulen unterrichten und zum deutsch-französischen Austausch beitragen können. "Eine solche Aufgabe erschien mir spannend und abwechslungsreich und auch in Corona-Zeiten zumindest eingeschränkt realisierbar", sagt Anna heute zu ihrer Entscheidung.

Nach ihrer Bewerbung und Anmeldung geht dann alles ganz schnell. Ein sehr entspanntes Online-Interview überzeugt die Verantwortlichen beim Jugendwerk, dass Anna genau die Richtige für die Aufgaben an der französischen Schule ist. Dann folgt ein einwöchiges Seminar für Deutsche und Franzosen in Neu-Ulm, das auf die Tätigkeit an Schulen vorbereitet. Wichtig für Anna: Sie kann im Seminar ihr Französisch auffrischen, nachdem sie am Leibniz in den zwei Jahren kein Französisch mehr im Unterricht hatte. Und genauso wichtig: Die junge Altdorferin lernt viele Leute in den Lehrveranstaltungen kennen und schließt Freundschaften.

Jetzt ist Anna seit zehn Monaten in dem kleinen Ort La Souterraine in der Nähe von Limoges an einer Schule tätig. Ihr Hauptaufgabengebiet ist die Unterstützung von Lehrern im Deutsch-, Englisch- und Französischunterricht für die Klassen 6 bis 12. Außerdem arbeitet Anna im Club Journal der Schule, dem Zeitungsclub, in dem sie zusammen mit Schülern Artikel verfasst.

Zu ihren Aufgaben gehört auch die Hilfe für lernschwache Jungen und Mädchen und die Unterstützung von Schülern, die an Legasthenie leiden, sowie die Hausaufgabenbetreuung. Was macht ihr besonderen Spaß? "Die Arbeit an verschiedenen Projekten", sagt Anna. Beispielsweise der deutsch-französische Tag, der im Januar vorbereitet werden musste. "Meine Arbeit ist insgesamt sehr abwechslungsreich und vielfältig, das ist toll."

Sie trainiert im Sportverein und probt im Orchester

Schule ist aber nicht alles für die 19-Jährige. Sie erkundigt sich direkt mit Beginn des FSJ, welche Freizeitaktivitäten in La Souterraine trotz Corona möglich sind. Anna tritt einem Volleyballclub bei und trainiert regelmäßig, sie nimmt Kontakt zum Stadtorchester auf und wird freundlich eingeladen, mit ihrer Querflöte an den Proben teilzunehmen und gemeinsam mit dem Orchester zu musizieren - bis dann im November der Lockdown auch in La Souterraine zuschlägt und Sport und Musik erst einmal zurückstehen müssen.

Die Schulen in Frankreich bleiben aber vorläufig offen, so dass Anna jeden Tag im Unterricht ist - bis die Pandemie im April so dramatisch wird, dass die Zentralregierung in Paris alle Schulen in Frankreich schließen lässt. Für Anna bedeutet das: Rückkehr nach Deutschland für vier Wochen. "Daheim keine privaten Treffen, keine Kontakte, das schien mir dann doch keine Option", erinnert sie sich. Als die französischen Schulen wieder öffnen, ist sie in La Souterraine am Cite scolaire Raymond Loewy wieder an Bord.

Reisen ist einfacher als in Deutschland

Das öffentliche Leben in Frankreich ist auf dem Höhepunkt der Pandemie noch eingeschränkter als in Deutschland. Die Ausgangssperren gelten noch bis Mitte Mai von 10 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Bars und Restaurants sind geschlossen, erst in jüngster Zeit gibt es hier Lockerungen. Für Anna sind das zwar Hindernisse, aber keine unüberwindbaren. Ihre Freizeit lässt sie sich durch Corona nicht beeinträchtigen. So nutzt sie die französischen Schulferien zum Reisen. Im Gegensatz zu Deutschland ist es in Frankreich nämlich erlaubt, private Unterkünfte zu buchen. Anna fährt gemeinsam mit anderen Freiwilligen in die Bretagne, dann in den Süden nach Toulouse und in die Pyrenäen, sie entdeckt Lyon als ihre französische Lieblingsstadt und besucht mehrmals Paris. "Trotz Corona waren das erlebnisreiche und lustige Reisen", erzählt sie.

Zu Weihnachten fährt sie nicht heim nach Altdorf, sondern besucht Maurane, ihre Freundin aus der 8. Klasse, die sie als Austauschpartnerin im Rahmen eines Schüleraustauschs am Leibniz kennenlernte. "Da konnte ich ein typisch französisches Weihnachtsfest in einer Familie mitfeiern." Und das mitten in der Pandemie. Aber die hatte ohnehin nur bedingten Einfluss auf das Freiwillige Soziale Jahr von Anna, das sich nun seinem Ende zuneigt. Anderen jungen Leuten wird sie nach all den Erfahrungen, die sie in den vergangenen Wochen gemacht hat, unbedingt ein FSJ empfehlen.

Info: Weitere Informationen zum FSJ gibt es unter www.ich-will.fjs.de und unter www.dfjw.org.

Verwandte Themen


Keine Kommentare