Soll der Fußballverband Klage einreichen?

2.9.2020, 22:22 Uhr
Soll der Fußballverband Klage einreichen?

© Foto: Uwe Mühling, Montage: Sven Katheder/WT

Zuvor bittet der BFV jedoch seine 4500 Mitgliedsvereine an die virtuelle Urne. Der Vorstand hat in einer Online-Sitzung nämlich einstimmig beschlossen, alle Klubs im Freistaat und somit auch im heimischen Kreis Neumarkt/Jura zum weiteren Umgang mit dem von staatlicher Seite untersagten Wettkampfspielbetrieb zu befragen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob der BFV den Rechtsweg beschreiten soll.

Die Abstimmung läuft bis Montag, 7. September, um 10 Uhr. Dieser Termin ist bewusst gewählt, damit der Verband der Staatsregierung die Ergebnisse pünktlich zur nächsten Ministerratssitzung am Dienstag vorlegen kann.

Diese drei Fragen werden in der Online-Abstimmung gestellt:

1. Halten Sie die Entscheidung der Staatsregierung, Wettkampfspiele im bayerischen Amateurfußball nach wie vor nicht zu erlauben und auch keine Zuschauer in begrenztem Umfang zuzulassen, für richtig?

2. Wollen Sie, dass der Wettkampfspielbetrieb im Jahr 2020 baldmöglichst wiederaufgenommen wird und der BFV sich dafür einsetzt?

3. Soll der BFV rechtlich gegen das Verbot des Wettkampfspielbetriebs im Amateurfußball vorgehen und gegebenenfalls gerichtlich Gleichbehandlung mit Freiluft-Kulturveranstaltungen analog § 21 Absatz 2 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geltend machen?

Man darf gespannt sein, ob die Vereine eine etwaige Klage unterstützen oder ablehnen. Das bayerische Kabinett will sich derweil offenbar weiterhin nicht unter Druck setzen lassen. Wie der für den Sport zuständige Innenminister Joachim Herrmann ankündigte, werde man sich erst in der Sitzung am 14. September mit der Frage nach einer Wiederaufnahme des Ligabetriebs im Amateurfußball und anderen Sportarten befassen. Auch die Zuschauerfrage soll dabei erörtert werden.

"Eine Herkulesaufgabe"

"Als Sportminister ist mir die schrittweise Rückkehr zu einem geregelten Sportbetrieb sehr wichtig", erklärte Herrmann gegenüberder dpa. Zugleich wies er aber darauf hin: "Die Bekämpfung der Corona-Pandemie ist eine Herkulesaufgabe, die wir nur mit vorsichtigen Schritten angehen können."

Bereits am 7. September soll ein eindeutiges Meinungsbild unter Bayerns Fußballvereinen vorliegen. Ziel sei es, damit "vielleicht eine außergerichtliche Lösung zu erwirken", wie der BFV in einer Pressemitteilung schreibt. In zwei zusätzlichen Online-Seminaren wird Präsident Koch am morgigen Freitag, 4. September (16.30 Uhr und 18.30 Uhr), zusammen mit Schatzmeister Jürgen Faltenbacher die interessierten Vereinsvertreter in ganz Bayern informieren und Hintergründe erklären.


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Unabhängig davon will der BFV vorerst am geplanten Re-Start ab dem 19. September festhalten. Da Bayern die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung jüngst bis zum 18. September verlängert hat, dürfte es damit aber eng werden. Was den BFV – und mit ihm auch viele andere Sportverbände sauer aufstößt – ist die Tatsache, dass vom Ministerrat "einmal mehr überhaupt keine Äußerung zum weiteren Vorgehen im Wettkampfsport oder zu Rahmenbedingungen für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs gekommen war". In Kommentaren war deshalb mitunter von einer "stiefmütterlichen Behandlung" des Amateursports die Rede.

"Wir haben den Kurs der Bayerischen Staatsregierung in der Vergangenheit stets mitgetragen und für sehr verantwortungsvoll befunden", wird Koch in der Mitteilung zitiert. Der Amateurfußball in Bayern habe sich, so der Präsident, in den vergangenen Monaten "stets vorbildlich verhalten". Für den BFV-Boss geht der Gesundheitsschutz vor und das Virus sei extrem gefährlich. Deshalb habe man auch akzeptiert, dass im Gegensatz zu anderen Landesverbänden in Bayern weder Pflichtspiele noch Zuschauer erlaubt waren.

Der Geduldsfaden reißt

Jetzt jedoch, so lässt sich herauslesen, reißt den BFV-Verantwortlichen mehr und mehr der Geduldsfaden. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der BFV nach eigener Aussage "mit größter Sorgfalt" Hygienekonzepte entwickelt und die Voraussetzungen für einen Re-Start ab dem 19. September geschaffen habe. "Leider ohne Erfolg", wie der Verband nun feststellen muss.

Koch und Co. wollen "keine Sonderrolle" für den Amateurfußball, fordern aber "gleiches Recht für alle". Der BFV-Chef: "Es ist für die meisten nicht nachvollziehbar, dass wir aktuell den Spielbetrieb nicht starten können, obwohl die Staatsregierung es längst wieder erlaubt, beispielsweise Konzerte oder Gottesdienste unter freiem Himmel zu veranstalten und dabei sogar bis zu 400 Zuschauer zugelassen sind."

Nur ein paar Kilometer weiter in den Nachbarbundesländern werde längst wieder vor einer begrenzten Anzahl an Zuschauern gespielt. Koch: "Und in jedem Schwimmbad und an jedem Badestrand tummeln sich mehr Menschen als bei den meisten Amateurfußballspielen rund um das Spielfeld Zuschauer stehen würden."

"Existenzielle Folgen"

Warum dies so ist? Darauf bleibe die Politik nach wie vor die Antwort schuldig, klagt Koch. Aus Sicht des BFV fehlt den Amateurfußballern/
-innen im Freistaat "weiterhin jedwede Perspektive". Die Auswirkungen nehmen aus Verbandssicht nicht nur in wirtschaftlicher Sicht "höchst besorgniserregende Formen" an.

Koch spricht gar von "existenziellen Folgen". Hinzu komme, dass immer mehr Aktive fernbleiben. Ersten Erhebungen zufolge brechen den Vereinen gerade in den jüngsten Jahrgängen immer mehr Kinder weg; bei den F-Junioren seien es fast 20 Prozent weniger, Tendenz steigend.

Die BFV-Fachanwälte sehen laut Koch "gute Erfolgsaussichten" für eine Klage gegen die Ungleichbehandlung des Amateurfußballs durch die geltende Verordnung in Bayern. Dennoch gibt sich der Verbandschef gegen Ende des Statements versöhnlich: "Der Gang vor Gericht ist immer nur das letzte Mittel, das heißt, wir wollen weiterhin im Gespräch mit der Staatsregierung bleiben und hoffen auf eine schnelle Lösung für den Amateurfußball in unserem Sinne."


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