Club-Geflüster: Schäfer, Senf und Sauwetter

17.5.2017, 10:11 Uhr
Senf-Rabattaktionen statt Sportplatz: Raphael Schäfer hat jetzt eine neue, mehr ins Private ziehende Tätigkeit.

© Sportfoto Zink / DaMa Senf-Rabattaktionen statt Sportplatz: Raphael Schäfer hat jetzt eine neue, mehr ins Private ziehende Tätigkeit.

Wer wird vermisst? Dave Bulthuis, Even Hovland und Patrick Rakovsky wurden vor dem Anpfiff offiziell verabschiedet und gehörten schon gegen Düsseldorf nicht mehr zum Kader. Rein sportlich gesehen Verluste, die zu kompensieren sein dürften.

Menschlich wird man diese drei Fußballer in Nürnberg aber gewiss in guter Erinnerung behalten: Den extrovertierten Niederländer, der sich vom belächelten Transferflop zum kultisch verehrten Fan-Liebling "DB4" alias "The Machine" hochgegrätscht hat. Den stillen, immer etwas melancholisch wirkenden Norweger mit den hängenden Schultern, den man nach Fehlern am liebsten tröstend in den Arm genommen hätte. Und den sauerländischen Deutsch-Tschechen, der immerhin sechs Jahre lang den braven, manchmal vielleicht sogar zu loyalen Ersatzkeeper gegeben hat. Macht‘s gut, Jungs!

Merci, Mix!

Mitarbeiter der Woche: Michael "Mix" Fuchs. Nur der höflichen Erinnerung - oder nennen wir es lieber beharrliches Insistieren - durch den Torwarttrainer war es zu verdanken, dass Raphael Schäfer in seinem letzten Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf einen würdigen Abschied feiern konnte. Das ganze Stadion wartete kurz vor Schluss eigentlich nur noch auf die obligatorische Auswechslung des 38-jährigen Club-Urgesteins, auch Ersatzkeeper Thorsten Kirschbaum hatte schon längst die Handschuhe übergestreift - nur der völlig auf das Spiel fokussierte Chefcoach Michael Köllner zog es angesichts eines 2:3-Rückstands vor, in der 90. Minute lieber erst mal noch Offensivkraft Rurik Gislason zu bringen.

Auf den wirklich allerletzten Drücker hatte Köllner dann doch noch ein Einsehen, und Schäfer durfte unter Standing Ovations von Fans und Kollegen vom Rasen schreiten. Dass die zahlreichen liebevollen Umarmungen und Ehrerbietungen der Düsseldorfer Spieler vor allem davon inspiriert waren, die ablaufende Nachspielzeit elegant rumzubekommen, ist freilich nur ein böses Gerücht.

Nervensäge der Woche: Petrus - auch wenn Michael Köllner an der Seitenlinie den auf ihn hernieder prasselnden Wassermassen mit oberpfälzischem Stoizismus tapfer trotzte und irgendwann jeden "Mr.-Wet-T-Shirt-Contest" souverän gewonnen hätte.

Wenn das letzte Spiel ein Kinofilm gewesen wäre, hieße es: "Pappa ante portas" (Anja Schäfer versteckt schon mal allzu reizvolle Senf-Rabattaktionen, übt fleißig Blockflöte und warnt den Supermarkt um die Ecke vor).

Spruch der Woche: "Die Fäuste in der Luft und das Herz auf der Zunge - Danke Rapha!" (Die Ultras zeigen Größe und verabschieden ihr gelegentliches Feindbild mit feinem Humor und ehrlicher Anerkennung)

Lügt die Tabelle? Einen Spieltag vor dem Saisonende muss man wohl ehrlich eingestehen: Nein. Nürnberg ist Tabellenzehnter und könnte mit einem Sieg in Kaiserslautern im Optimalfall auf Platz sechs vorrücken (und damit im Endspurt doch noch Fürth überholen und die historische Peinlichkeit, erstmals seit 1953 in einer Abschlusstabelle hinter dem Erzrivalen zu stehen, verhindern). Sollte sich wieder mal alles gegen den Club verschworen haben, droht maximal ein Abrutschen auf Rang zwölf. So oder so: Willkommen im grauen Zweitliga-Mittelmaß!

Schöne Grüße von Major Tom

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Was soll besser werden? Phasenweise war das, was Köllners Jugend-forsch-Projekt da gegen die biedere Fortuna auf den rutschigen Rasen zauberte, ja ganz nett anzusehen, Sabiris 1:0 sogar fast schon lehrbuchmäßig herausgespielt. Nützt nur alles nix, wenn man dem Gegner durch naives taktisches Verhalten und individuelle Aussetzer drei Tore auf dem Silbertablett serviert und selbst weitere Großchancen verschlampert. "Effektivität bestimmt das Handeln", wusste einst schon Major Tom. Und irgendwann wollen sie ja schließlich auch in Nürnberg wieder abheben.

Und sonst so? Mintal, Vittek, Kristiansen, Mnari, Glauber, Engelhardt, Galasek, Schroth, Wolf, Nikl, Reinhardt... - die Stippvisite der Pokalhelden von 2007 ließ wehmütige Erinnerungen wach werden an eine Zeit, in der der 1. FC Nürnberg nicht nur seinen bislang letzten Titel feierte, sondern sich auch als vermeintlich etabliertes Mitglied der Bundesliga fühlen durfte.

Zehn Jahre später ist am Valznerweiher nur noch der ewige Schäfer als Relikt jener glorreichen Tage übrig. Und selbst der ist jetzt bald reif fürs Club-Museum. Seufz.

 

 

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