Der Herbstmeister war dem Club eine Nummer zu groß

5.12.2010, 19:22 Uhr
Der Herbstmeister war dem Club eine Nummer zu groß

© Wolfgang Zink

In Nürnberg hingegen muss man sich nach der vierten Niederlage in Folge bei 1:11 Toren wohl endgültig wieder nach unten orientieren. Gegen die westfälische Erfolgself zu verlieren, ist in dieser Saison zwar gewiss keine Schande, doch könnte der Negativtrend der letzten Wochen eine bedrohliche Eigendynamik annehmen.

Nachdenklich stimmt vor allem, dass die Club-Profis offenbar nicht fähig sind, aus ihren Fehlern zu lernen. Unisono hatte man sich in den letzten Tagen geschworen, bei Standardsituationen endlich konzentrierter zu verteidigen, doch ging gestern gleich die erste Bewährungsprobe brutal schief. Nuri Sahin trat einen Freistoß in Nähe der Mittellinie weit in den Nürnberger Strafraum, wo Kapitän Andreas Wolf den gegnerischen Innenverteidiger Mats Hummels einfach mal laufen und aus sieben Metern völlig freistehend einköpfen ließ (23.).

Bundesliga-Premiere für Talent Plattenhardt

Bis zu diesem Blackout war das taktische Rezept von Dieter Hecking vor 48548 bibbernden Beobachtern eigentlich ganz gut aufgegangen. Der Club-Coach hatte überraschend gleich drei personelle Änderungen vorgenommen: Im Mittelfeld durften für den erkrankten Mike Frantz und Christian Eigler der slowakische Startelf-Debütant Robert Mak sowie der quirlige Israeli Almog Cohen ran. Auf der linken Abwehrseite feierte das 18-jährige Eigengewächs Marvin Plattenhardt eine sehr ordentliche Bundesliga-Premiere. Pascal Bieler, der etatmäßige Stellvertreter des gesperrten Javier Pinola, musste nach zwei wenig souveränen Auftritten auf die Bank.

Damit lag das Durchschnittsalter der Nürnberger Elf mit 23,7 Jahren so niedrig wie nie zuvor in dieser Saison, wurde allerdings von der BVB-Rasselbande noch locker getoppt: Mit einem Durchschnitt von 22,2 Jahren hatte Trainer Jürgen Klopp sogar die zweitjüngste Startformation der Bundesliga-Historie aufs Feld geschickt. Die tat sich bei dichtem Schneetreiben ohne ihren verletzten Goalgetter Lucas Barrios anfangs schwer gegen einen recht geschickt gestaffelten, kampfstarken Kontrahenten, der wenig zuließ und sich sogar selbst eine dezente Chance erspielte, als Julian Schiebers Kopfball knapp am linken Pfosten vorbeistrich (21.).

Nach der Führung durch Hummels beherrschten die ballsicheren Gäste aber immer mehr das Geschehen, ohne dabei zu glänzen. Das japanische Sensationsschnäppchen Shinji Kagawa hatte in der 32. Minute das 2:0 erst auf dem Kopf und dann auf dem Fuß, kurz vor der Pause scheiterte Kevin Großkreutz an Raphael Schäfer (44.). Der Club konnte sich gegen Dortmunds robuste Defensivabteilung nur selten in Szene setzen, auch weil von Kreativkraft Ilkay Gündogan diesmal kaum Impulse ausgingen. Erst nach dem Seitenwechsel blitzte die im „goldenen Oktober“ so eindrucksvoll demonstrierte Spielkunst auf: Schiebers beherztes Solo durch den Strafraum blieb aber unvollendet, weil Marcel Schmelzer gerade noch vor dem einschussbereiten Mak klärte.

Es sollte die einzige brenzlige Situation für den abgezockten Tabellenführer bleiben, der seinerseits in der 72. Minute durch Robert Lewandowski alles hätte klar machen können: Nach Zuspiel des starken Sahin scheiterte der polnische Nationalspieler an Schäfers rechtem Fuß. Auch bei Kagawas sehenswerter Direktabnahme fehlten nur wenige Zentimeter (79.), so dass die Club-Fans immerhin bis zur 88. Minute noch ein bisschen hoffen durften. Dann traf Lewandowski nach einer überfallartigen Kombination per Drehschuss aus zehn Metern zum 2:0 und sicherte seiner Elf so den achten Auswärtssieg in Folge.

Mit stolzen 40 Punkten nach 15 Spieltagen kreierten die seit 14 Partien ungeschlagenen Borussen zudem eine weitere Bundesliga-Bestmarke. Ungeachtet aller Rekorde bleibt der sechsfache deutsche Meister, der nach 1994/95 und 1995/96 zum dritten Mal auf der Pole Position Weihnachten feiern darf, aber fast schon aufreizend cool. „Wir haben heute offiziell den Klassenerhalt geschafft“, verkündete Sahin mit einem schelmischen Grinsen. Beim 1.FC Nürnberg muss man auf dieses erlösende Statement vermutlich noch ein Weilchen warten.

Nürnberg: Schäfer – Judt (68. Ekici), Maroh, Wolf, Plattenhardt – Simons – Hegeler, Cohen (83. Mendler), Gündogan, Mak (75. Eigler) – Schieber / Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Bender, Sahin (90. Santana) – Götze, Kagawa (85. da Silva), Großkreutz (61. Blaszczykowski) – Lewandowski / SR: Weiner (Giesen) / Tore: 0:1 Hummels (23.), 0:2 Lewandowski (88.) / Zuschauer: 48548 (ausverkauft) / Gelbe Karten: Schieber (2), Gündogan – Lewandowski (2), Subotic (4).

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