Derbyheld und Club-Hoffnung: Geis weiß, wie's funktioniert

20.11.2019, 05:49 Uhr
Früher Fürth, jetzt Club: Johannes Geis kennt sich damit aus, wie man im Derby trifft.

© Foto: Sportfoto Zink/Montage: nordbayern.de Früher Fürth, jetzt Club: Johannes Geis kennt sich damit aus, wie man im Derby trifft.

Sein vorerst letzter Besuch in der alten Heimat endete frühmorgens in einer Nürnberger Bar. Nach dem 4:0 im Ronhof Anfang Mai feierte auch Johannes Geis den Bundesliga-Aufstieg mit dem 1. FC Köln, bis er nicht mehr konnte. Danach wollten sie eigentlich gleich weiter nach Mallorca, wie sich das im modernen Fußball gehört nach einem außergewöhnlichen Erfolg. Der Geschäftsführer untersagte den Betriebsausflug allerdings mit Hinweis auf zwei ausstehende Partien.

Badelatschen und ein Handschlag 

Johannes Geis erzählt die Anekdote, als sei es vorgestern gewesen und im gleichen Tonfall wie in den Minuten zuvor. Dass der junge Mann, zum Pressegespräch angetreten in Badelatschen, vor dem Derby am Sonntag insbesondere Fragen zur SpVgg Greuther Fürth beantworten sollte, hatte sich angedeutet, immerhin trug er vier Jahre das weiß-grüne Trikot. Und schlug, als Zeichen seiner Loyalität und Verbundenheit, hin und wieder mit der rechten Hand aufs Emblem, besonders heftig und ausdauernd am Nachmittag des 21. April 2013.

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Als der damals 19-Jährige in der 27. Minute dem Nürnberger Strafraum zustrebte, konnte noch niemand ahnen, dass Geis Sekunden später ein Kapitel Vereinsgeschichte füllen sollte. Sein satter Linksschuss schlug links oben ein, seitdem ist Geis der einzige Fürther Torschütze in einem Bundesliga-Derby und wird es möglicherweise auch bleiben. Im Hinspiel hatten sich beide Mannschaften damit begnügt, sich fürchterlich die Knochen zu polieren, Endstand 0:0.

Geis saß seinerzeit auf der Tribüne, aus disziplinarischen Gründen, wie es hieß. Das Ausnahmetalent, in der B-Jugend vom TSV Großbardorf zum Kleeblatt gewechselt, soll auch abseits des Platzes ein Leistungsträger gewesen sein, was nicht jeder bewundernswert fand. Seinem persönlichen Aufstieg hat die anfängliche Unprofessionalität nicht geschadet; der Trainer Thomas Tuchel holte ihn nach dem Fürther Abstieg zum FSV Mainz, der Manager Horst Heldt im Sommer 2015 zum FC Schalke.

 

Einen ordentlichen Karriereknick später steht Johannes Geis in Badelatschen vor fünf Nürnberger Journalisten und soll über seine Gefühle reden vor dem Derby, Er, der Kleeblatt-Klopfer, der "Fürther Junge", wie er sich am späten Nachmittag des 21. April 2013 selbst bezeichnete. Dass der Fürther Junge am Sonntag den Erzrivalen anführen wird, ist die wahrscheinlich brisanteste Personalie vor dem Nachbarschaftsduell. "Willkommen zurück in Franken, Johannes Geis!" twitterte die SpVgg Anfang August, nachdem Geis beim 1. FC Nürnberg unterschrieben hatte. Darunter ein Bild, wie er sich nach seinem Siegtreffer am 21. April 2013 mit der rechten Hand aufs Fürther Emblem schlägt. 

"Es ist jetzt, glaube ich, sieben Jahre her", sagt Geis, genauer sechs Jahre und fast sieben Monate, darin verpackt die Bitte um etwas Nachsicht. Das bevorstehende Rendezvous mit der früheren Liebe scheint ihn nicht um den Schlaf zu bringen, Geis hat schon ganz andere Derbys erlebt. Das heißeste, wie er selbst sagt: vor ungefähr drei Jahren mit Schalke in Dortmund, Endstand 0:0.

Besondere Motivation

Fürth gegen Nürnberg ist eine andere, wenn auch nicht weniger emotionale Geschichte. Geis weiß das natürlich, selbst in der Jugend hat er mit dem Kleeblatt nie gegen den Club verloren, jetzt möchte er eine neue Serie starten. Mit dem Club. Dass viele nur auf ihn schauen werden, spornt ihn zusätzlich an. "Speziellstes Spiel meiner Karriere würde ich nicht sagen", erklärt Geis, "es ist ein Spiel, das alle polarisiert, auch mich."

Trotzdem oder gerade deshalb würde er jubeln, wenn ihm ein Treffer gelänge, es wäre bereits sein sechster in dieser Saison. "Jedes Tor in unserer Situation ist brutal wichtig", sagt Geis, egal, ob jetzt in Fürth oder sieben Tage später gegen Wehen-Wiesbaden.

"Mehr gibt es dazu nicht zu sagen" 

Das Kleeblatt wird ihm immer viel bedeuten. "Ein Karriere-Kapitel, ich bin da Profi geworden, da muss man dankbar sein und es auch wertschätzen", sagt Johannes Geis, seine Badelatschen quietschen ob der ständigen Gewichtsverlagerungen. "Mehr gibt es dazu nicht zu sagen." Fünf Vereinswechsel später scheint ihn seine Fürther Vergangenheit tatsächlich mehr zu motivieren als zu belasten.

 

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