Ekstase vor der Nordtribüne: Klaus wird zum Kleeblatt-Helden

21.5.2020, 09:19 Uhr
So sieht ein Teenager aus, der sein Glück kaum fassen kann: Der Moment nach seinem ersten Profi-Tor bleibt Felix Klaus als Rausch der Gefühle in Erinnerung.

© Sportfoto Zink / WoZi, NN So sieht ein Teenager aus, der sein Glück kaum fassen kann: Der Moment nach seinem ersten Profi-Tor bleibt Felix Klaus als Rausch der Gefühle in Erinnerung.

Stell dir vor, du träumst dein ganzes Leben von diesem Moment: Es steht 0:0, als du nach einer Stunde ins Spiel kommst. Du bist 15 Minuten im Spiel, kriegst den Ball, lässt deinen Gegenspieler aussteigen und knallst die Kugel ins Tor. Die Fans feiern dich, du bist der Held. Das ist die Geschichte des wahr gewordenen Traums des Fußballers Felix Klaus.


Joker Klaus ließ das "Kleeblatt" jubeln


Als der 18-Jährige am 23. Januar 2011 gegen Union Berlin den Rasen des Ronhofs betritt, ahnt noch niemand, dass Fürth eine halbe Stunde später einen neuen Helden hat – noch dazu einen aus der eigenen Jugend. "Der Einsatz kam schon überraschend", erinnert sich der Sohn des Ex-Profis Fred Klaus zurück. "Ich sollte einfach drauflos kicken und mir keinen Kopf machen. Es war wichtig, das Vertrauen vom Trainer zu spüren."

Büskens’ Mantra hallte in Fürth nach

Sieben Monate vergingen, seit der FC St. Pauli den Aufstieg in Fürth gefeiert hatte. Nach dem Spiel sagte Kleeblatt-Coach Mike Büskens einen Satz zu seiner Mannschaft, der wie ein Mantra nachhallen sollte: "Ich will nie wieder erleben, dass hier außer uns eine andere Mannschaft aufsteigt."

Die folgende Saison ließ sich gut an. Das Kleeblatt hatte zum Jahreswechsel zwar noch etwas Rückstand, nahm aber am Aufstiegsrennen teil.

6480 Zuschauer sahen gegen die Eisernen aus Berlin, die an diesem Tag tief standen und mit einer geordneten Defensive ihrem Namen alle Ehre machten, ein zähes Spiel. Der nötige Geistesblitz fehlte, um einen destruktiven Gegner zu knacken. Fehlenden Fleiß konnte man der Kleeblatt-Elf nicht vorwerfen, mangelnde Entschlossenheit schon eher.

Die nötige Galligkeit, das entscheidende Tor zu machen, vermisste Mike Büskens später und in der Tat: Der letzte Pass geriet häufig zu ungenau. Nach der Halbzeit erhöhten die Eisernen dezent das Tempo, Vereinsikone Torsten Mattuschka vergab nach 57 Minuten eine gute Freistoßgelegenheit aus 23 Metern, als der Experte für ruhende Bälle das Leder in die Mauer setzte.

Büskens erhoffte sich einen neuen Impuls durch Klaus für Fürth

Büskens hatte nach einer Stunde genug gesehen. Und der Traum eines damals 18-Jährigen nahm Gestalt an. Einen neuen Impuls erhoffte sich der damalige Trainer vom unbekümmerten Talent Felix Klaus mit der Anarchie und Unbekümmertheit, den ein Nachwuchsspieler oft mitbringt.

Einen Schreck jagte Santi Kolk allen Kleeblatt-Fans ein, als er in der 75. Minute frei vor Kleeblatt-Keeper Alexander Walke auftauchte. Doch der behielt bei seinem Debüt für Fürth die weiße Weste, denn der Berliner verzog. Die Aufstiegsträume blieben am Leben.


Um 22.06 Uhr ist das Fürther Bundesliga-Glück perfekt


Was für einen Unterschied doch nur eine Minute ausmachen kann. Der gerade eingewechselte Kingsley Onuegbu tut das, was vorher gefehlt hat: Er setzt sich stark im Zweikampf durch und legt ab auf Felix Klaus. Der lässt Michael Parensen stehen, nimmt sich ein Herz und jagt den Ball aus 16 Metern an allen Berlinern vorbei ins Netz. Was dann folgt, ist Ekstase, an die sich der Torschütze kaum noch erinnern kann: "Ich bin einfach Richtung Kurve losgerannt. Dieses Glücksgefühl kann man kaum beschreiben. Ein echt geiles Gefühl, weil da ein Kindheitstraum in Erfüllung geht. Es hat mir auch in den Wochen danach richtig Selbstbewusstsein gegeben."

Der Traum geht auch deshalb in Erfüllung, weil trotz kleinerer Chancen auf beiden Seiten nichts mehr passierte, es blieb beim 1:0. Es war nicht weniger als das Siegtor.

Felix Klaus wurde Kleeblatt-Spieler der Saison

Vielleicht war es auch dieser frenetische Jubel Richtung Kurve, der Klaus bei den Fans beliebt machte: Sie wählten ihn nach dem letzten Spieltag zum Spieler der Saison. "Das Verhältnis zu den Fans war echt überraschend positiv und hat mir viel Spaß gemacht. Es gab einem ein richtiges Wohlfühlgefühl."

Identifikation sei auch in Richtung Aufstieg von Bedeutung gewesen: "Ich habe mich total mit der SpVgg identifiziert und hätte mein letztes Hemd gegeben, weil ich dem Verein viel zu verdanken habe. Ich glaube, das ging auch den anderen so." Die anderen, das waren damals Stephan Schröck, Edgar Prib, Nicolai Müller und Sercan Sararer, alles Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Klaus war als 14-Jähriger aus dem oberfränkischen Lichtenfels nach Fürth gekommen.

"Wir alle kannten natürlich die Geschichte mit dem gescheiterten Aufstieg und wollten uns in die Geschichtsbücher als diejenigen eintragen, die den Aufstieg geschafft haben." Kontakt gibt es heute noch, unter anderem zu Stephan Schröck, Edgar Prib und Mergim Mavraj. Klaus verließ 2013 Fürth und landete über Freiburg und Hannover in Wolfsburg.

Felix Klaus: "Es ist meine Heimat"

Geht es vielleicht irgendwann wieder zurück nach Fürth? "Ich möchte natürlich noch so lange wie möglich Bundesliga spielen, aber wenn ich 'alt' bin, könnte ich mir auch vorstellen, nochmal in Fürth zu spielen", macht der 27-Jährige lachend Hoffnung auf eine Rückkehr. "Es ist meine Heimat."

Vielleicht ja dann auch, um selber eine neue Generation junger Spieler anzuführen. Denn was es bedeutet, als junger Spieler durchzustarten, das weiß Felix Klaus seit dem 23. Januar 2011 sehr gut.

Die Aufstellung vom Spiel:

Fürth: Walke; Schröck, Kleine, Karaslavov, Falkenberg - Haas (60. Klaus), Nehrig, Fürstner, Prib - Nöthe (74. Onuegbu, 82. Pekovic), Müller.

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