Fränkische Sprinterin bei EM: "Grundsätzlich alles möglich"

5.3.2021, 06:02 Uhr
Fränkische Sprinterin bei EM:

© Foto: Sportfoto Kiefner

Gerade einmal zwei Wochen sind vergangen seit Amelie-Sophie Lederer bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Dortmund als erste die Ziellinie überquerte. Mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 7,12 Sekunden über 60 Meter ließ sie die gesamte Konkurrenz in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle hinter sich. Eine außergewöhnliche Leistung für die sie von Fans und Freunden der Leichtathletik auf den Social-Media-Kanälen des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) zum "Ass des Monats" Februar gewählt wurde.

Bereits dieses Wochenende steht nun ein noch bedeutenderes Großereignis an: die Hallen-Europameisterschaft im polnischen Torun. Für Lederer geht es dort neben einer guten Platzierung auch darum, ihre Chance auf eine Teilnahme bei Olympia in Tokio zu verbessern. Wenige Tage vor der EM haben wir mit der Ornbauerin gesprochen.

Ihr Sieg bei der Deutschen Meisterschaft ist jetzt fast zwei Wochen her – haben Sie den Erfolg inzwischen verarbeiten können?

Ja, in den letzten Tagen konnte ich das recht gut verarbeiten. Es ist aber natürlich weiterhin ein schönes Gefühl.

Wie viele Glückwünsche haben Sie in den Tagen danach bekommen?

Das ist schwierig zu sagen, da kam schon einiges rein. Ich war zwei Tage damit beschäftigt, jedem zu antworten. Natürlich gab es auch einige Medienanfragen, die ich durcharbeiten musste. Ich habe mich über jede einzelne Nachricht sehr gefreut. Es ist toll, dass die Leute an mich gedacht haben und sich mit mir gefreut haben.

Seit gestern läuft nun schon die EM, sie treten am Sonntag an. Wie gestaltet man das Training zwischen zwei Großereignissen, die dicht aufeinanderfolgen?

Der Trainingsumfang ist natürlich nicht mehr enorm groß, wir haben auch nicht viel verändert im Vergleich zur Vorbereitung auf die Deutsche Meisterschaft. Es gibt hauptsächlich noch kleine Kraft- und Sprinteinheiten. Vergangene Woche habe ich vier Einheiten à zwei Stunden gemacht. In dieser Woche war es nicht mehr so viel.

"Ich reise als Zweitschnellste an"

Kurz vor der EM waren Sie noch in Kienbaum, östlich von Berlin. Was haben Sie da gemacht?

Wir als deutscher Sprintkader haben uns da zusammengeschlossen und eine Art Vorbereitungscamp absolviert. Dabei waren die Frauen und Männer, die über 60 Meter und über 400 Meter in Torun antreten.

Erst eine Frau ist diese Saison in der Halle schneller gelaufen als Sie – was bedeutet das im Hinblick auf die EM?

Ich glaube, dass mittlerweile zwei schneller gelaufen sind. Wobei Europas Schnellste wohl gar nicht an den Start gehen wird in Polen, also reise ich als Zweitschnellste an. Grundsätzlich ist für mich alles möglich, aber ich will einfach versuchen, mein Ding zu machen und die Form von der Deutschen Meisterschaft zu bestätigen. Was am Ende dabei rauskommt, wird man dann sehen.

Spüren Sie auch etwas Druck? Weil die Leute jetzt genau auf die neue Deutsche Meisterin schauen.

Nein, der Druck hält sich in Grenzen. Klar ist der Fokus wahrscheinlich auch ein bisschen auf mich gerichtet. Davon lasse ich mich aber nicht beeinflussen. Ich versuche, mich auf mich und meine Leistung zu konzentrieren.

"War Zeit, dass der Knoten geplatzt ist"

Schnell waren Sie schon immer, aber noch nie ganz an der nationalen Spitze. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Ihnen gerade jetzt der Durchbruch gelungen ist?

Ich habe meinen Ausbildung zur Polizeibeamtin abgeschlossen, da ist schon ein enormer Druck von mir abgefallen. Und das Training bei meinem Trainer Patrick Saile, mit dem ich seit 2018 zusammenarbeite, festigt sich auch so langsam. Es war jetzt schon auch an der Zeit, dass der Knoten in diese Richtung geplatzt ist.

Wie wichtig ist die EM im Hinblick auf das große Ziel Olympia?

Zum einen ist die EM wichtig, um Punkte zu sammeln für das Weltranglisten-System, das auch für Olympia Bedeutung hat. Zum anderen geht auch darum, internationale Erfahrung zu sammeln. Ob es mit einer Olympia-Teilnahme klappt, hängt natürlich auch davon ab, wie die Sommersaison verläuft.Der Titel bei der Deutschen Meisterschaft und die EM jetzt helfen natürlich auch, im Sommer bei ein paar guten Meetings an den Start gehen zu können, wo es viele Punkte für die Weltrangliste gibt.


Olympia 2021: Reist fränkische Sprinterin nach Tokio?


Bei Olympia könnten Sie als Sprinterin ja sowohl in der Staffel als auch im Einzel antreten...

Ich gehe mal davon aus, dass am Ende sechs Mädels für die Staffel nominiert werden. Da ist auf jeden Fall die Chance gegeben, dass ich zu diesem Starterpool gehöre. Aber natürlich will ich auch im Einzel starten. Ob das dann klappt, kommt aber wirklich auf die Sommersaison an.

Die Uniform muss warten

Da liegt die Olympia-Norm bei 11,15 Sekunden über 100 Meter. Ihre bisherige Bestzeit ist 11,28. Viel fehlt also nicht, haben Sie die 11,15 drauf?

Ja, auf jeden Fall. Wenn ich die Form vom Winter so in den Sommer nehmen kann und auf der Bahn ein paar gute Rennen zeigen kann, dann sind 11,15 schon möglich.

Sie sind seit einigen Wochen ja offiziell Polizistin. Üben Sie den Beruf auch aus?

Ich habe Ende Januar meine Ausbildung abgeschlossen und bin Mitglied der Sportfördergruppe der bayerischen Polizei. Aktuell bin ich für den Sport freigestellt und kann mich ihm zu 100 Prozent widmen. Dafür bin ich der bayerischen Polizei extrem dankbar, das ist keine Selbstverständlichkeit. In der Saisonpause, wenn es sportlich etwas ruhiger ist, werde ich mich auch dem Beruf widmen und auch mal Dienst machen.

Zur Person: Amelie-Sophie Lederer ist 1994 in Gunzenhausen geboren und startete in ihrer Kindheit und Jugend für den TSV 1860 Ansbach. Die Sprinterin wurde 2015 mit der 4x100 Meter-Staffel Europameisterin bei der U23-EM in der estnischen Hauptstadt Tallin. Seit kurzem geht die Ornbauerin für die LG Stadtwerke München an den Start. Mitte Februar holte sie sich den Titel über 60 Meter Sprint bei der Deutschen Hallenmeisterschaften.

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