Geisterspiele "nicht vertretbar": Fanszenen kritisieren DFL-Pläne

17.4.2020, 13:57 Uhr
Geisterspiele kommen für das Bündnis "Fanszenen Deutschland" nicht in Frage und sind der Gesellschaft gegenüber nicht vertretbar.

© Kathrin Brunnhofer, dpa Geisterspiele kommen für das Bündnis "Fanszenen Deutschland" nicht in Frage und sind der Gesellschaft gegenüber nicht vertretbar.

Während die DFL noch an den Konzepten für Geisterspiele in der Bundesliga arbeitet, die Politik Großveranstaltungen bis zum 31. August untersagt hat und die Vereine sich auf Tag X vorbereiten, ohne zu wissen, wann dieser kommt, haben Fangruppierungen eine klare Position zu den Plänen der DFL eingenommen.

"Geis­ter­spiele sind keine Lösung. Der Pro­fi­fuß­ball ist längst krank genug und gehört wei­terhin in Qua­ran­täne", heißt es in einem Statement des Bündnis "Fanszenen Deutschland". Die Gruppierung entstand im Jahr 2017 aus Protest gegen den DFB und besteht hauptsächlich aus Ultragruppen.

Aufgrund der Corona-Pandemie war die Saison in der 1. und 2. Bundesliga zunächst bis zum 30. April ausgesetzt worden und soll nun in Form von Geisterspielen und mit regelmäßigen Tests der Profis fortgesetzt werden. Von Anfang Mai soll bis Ende Juni gespielt werden, bei Infektionen bestehe laut Nico Schäfer, Geschäfts­führer von Wehen Wies­baden und Mit­glied in der DFL-Kom­miss­sion ​"Fuß­ball", im Telefoninterview mit 11Freunde aber auch die Möglichkeit, bis Ende Juli zu verlängern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte Geisterspiele zuletzt als "denkbar" bezeichnet. Eine Entscheidung ist in dem Punkt aber noch nicht gefallen, die DFL hatte ihre Mitgliederversammlung auf den 23. April verschoben.


Das Warten geht weiter: In der Bundesliga häufen sich die Fragen


"Die Wie­der­auf­nahme des Fuß­balls, auch in Form von Geis­ter­spielen, ist in der aktu­ellen Situa­tion nicht ver­tretbar – schon gar nicht unter dem Deck­mantel der gesell­schaft­li­chen Ver­ant­wor­tung. Eine bal­dige Fort­set­zung der Saison wäre blanker Hohn gegen­über dem Rest der Gesell­schaft und ins­be­son­dere all den­je­nigen, die sich in der Corona-Krise wirk­lich gesell­schaft­lich enga­gieren", steht in dem veröffentlichten Schreiben. "Fanszenen Deutschland" kritisiert darin nicht nur die Idee, die Saison mit Geisterspielen fortzusetzen, sondern auch die Vereine, die DFL und die aktuelle Situation und finanzielle Abhängigkeit im Fußball. Statt sich wie sonst üblich zu treffen, tauschten sich die Mitglieder über Chats aus.

Die Sonderrolle der Bundesliga wird hier nicht zum ersten Mal in die Kritik gestellt, vor allem in Bezug auf die begrenzt vorhandenden Covid-19-Tests, von denen einige für die regelmäßig nötigen Tests des Bundesliga-Profis genutzt werden müssten.

Zwar versuchen der Pay-TV-Sender Sky und die DFL bereits auf eine Einigung in Bezug auf die ausstehenden Fernsehgelder zu kommen, wäre eine Fortsetzung der Saison auch in Form von Geisterspielen enorm wichtig für die Existenz vieler vor allem kleinerer Klubs. Laut kicker-Informationen müssten bei einem Saisonabbruch 13 Vereine, darunter vier Bundesligisten, Insolvenz anmelden.


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Für "Fanszenen Deutschland" zeigt dieser Fakt nur die schlechte Entwicklung des deutschen Fußballs, der allein von den TV-Geldern abhängig ist. "Ganz offen­sicht­lich hat der Pro­fi­fuß­ball viel tie­fer­lie­gende Pro­bleme… Der Erhalt der Struk­turen ist voll­kommen vom Fluss der Fern­seh­gelder abhängig, die Ver­eine exis­tieren nur noch in totaler Abhän­gig­keit von den Rech­te­inha­bern." Für sie ist es dagegen das Wichtigste, "das ​'Pre­mi­um­pro­dukt' kann wei­ter­exis­tieren".

In dem Statement fordert das Fan-Bündnis, dass die Pläne der DFL nicht umgesetzt und ein Saisonabbruch nicht ausgeschlossen wird. Außerdem plädieren sie für eine solidarische Lösung, die auch die unteren Ligen einschließt, und eine Veränderung der finanziellen Strukturen im Profifußball, wobei die 50+1-Regel weiter bestehen bleiben soll.

Die DFL selbst will die Ablehnung der Geisterspiele durch die Fangruppierungen nicht kommentieren. Die "Fanszenen Deutschland" sind nicht Teil der Ad-hoc-Gruppe Fan-Institutionen, die am Donnerstag mit den Vertretern der DFL und des DFB an einer Schalte teilnahm. Im Gegensatz zu "Fanszenen Deutschland" hatte sich "Pro Fans" mit vielen Ultra-Anhängern nicht mehr gegen die Fortsetzung der Saison vor leeren Rängen ausgesprochen. "Das Verständnis für Geisterspiele hat sich weitgehend durchgesetzt in der Szene. Die Spiele würden - auch vor dem TV - bei weitem nicht so attraktiv sein wie mit einer vollen Hütte. Aber vielen Vereinen steht ja das Wasser bis zum Hals", zitiert die Deutsche Presse-Agentur den Sprecher Sig Zelt.


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Wie das ganze Land sind sich also auch die Fangruppierungen nicht einig. Wie es letztendlich weitergeht, wird wohl nächste Woche entschieden werden.

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