Bahn frei für den Rammbock!

Goretzka ist wieder fit - ersetzt er Müller?

21.6.2021, 17:00 Uhr
„Für mich kann das Turnier jetzt richtig losgehen“: Leon Goretzka ist ein heißer Tipp für die deutsche Startformation am Mittwoch gegen Ungarn.

© Revierfoto via www.imago-images.de „Für mich kann das Turnier jetzt richtig losgehen“: Leon Goretzka ist ein heißer Tipp für die deutsche Startformation am Mittwoch gegen Ungarn.

Gesund und vor allem fit zu sein ist auch für einen Berufsfußballer von zentraler Bedeutung. Möglicherweise hätte sich Leon Goretzka aber doch einen etwas früheren Zeitpunkt gewünscht für sein Comeback als den Samstagabend.

Die Deutsche Presse-Agentur führte ihn sogar unter "Verlierer der Vorbereitung", weil ein Muskelfaserriss im Oberschenkel, erlitten am 8. Mai im Heimspiel gegen Mönchengladbach, seinen Tatendrang zunächst spürbar einbremste. Erst seit dem Umzug der Nationalmannschaft nach Herzogenaurach am 8. Juni kann er wieder voll mit den Kollegen üben und scheint jetzt auch körperlich bereit für die Startelf.

Seit dem 4:2 gegen Portugal ist da aber eigentlich kein Platz mehr für den Bayern-Profi, der lange als deutscher Geheimtipp galt für das kontinentale Turnier. Auch der Bundestrainer hält sehr viel von ihm, von seiner Dynamik und vor allem Wucht, von seinem für einen zentralen Mittelfeldspieler außergewöhnlichen Zug zum Tor. Mit Höchstgeschwindigkeit ab in die Tiefe des Raumes.

Komplizierte Suche nach einem Platz

Einen wie ihn hat Joachim Löw sonst nicht mehr im 26-köpfigen Aufgebot. Goretzka ist einen Meter 90 lang, dafür aber außergewöhnlich kräftig. Seine Oben-ohne-Bilder nach dem Champions-League-Sieg vor knapp einem Jahr gingen um die Welt.

Die Muckibude ist in München offenbar sein zweites Zuhause. Schon im Sommer 2017 hatte er die Fachwelt erstaunt, als er mit einer deutschen Perspektivmannschaft den Confederations Cup in Russland gewann. "Wie ein Rammbock, der Anlauf nimmt", fand ihn die Süddeutsche Zeitung bei seinem internationalen Durchbruch. Trotzdem vertraute Löw bei der WM im nächsten Jahr anderen; Goretzka kam lediglich im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea zum Einsatz.

Die EM soll jetzt auch seine EM werden und kann es ja immer noch. Dafür müsste der Bundestrainer aber an seine Aufstellung ran, personell und wohl auch taktisch. Im 3-4-3 wäre Goretzka zentral vor der Abwehr am besten aufgehoben, was aber hieße, dass Toni Kroos oder Ilkay Gündogan auf die Bank müsste. Wovon nicht auszugehen ist.

Andere Optionen: Auf den so genannten Halbpositionen oder als so genannter Zehner hinter den Spitzen. Löw müsste die entsprechenden Planstellen freilich erst schaffen; dass Goretzka morgen Abend im entscheidenden Vorrundenspiel gegen Ungarn (21 Uhr/ZDF und MagentaTV) ganz vorn für seinen Vereinskollegen Thomas Müller beginnen könnte, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Obwohl der auszufallen droht.

"So wie er sich gerade im Pool bewegt hat"

Eine Kapselverletzung im Knie ließ ihn gestern in Herzogenaurach pausieren, auch Ilkay Gündogan (Wadenprobleme) und Mats Hummels (Patellasehne) setzten mit dem Training aus. Zumindest bei Müller besteht laut Goretzka aber Hoffnung auf eine Blitzheilung. "So wie er sich gerade im Pool bewegt hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass er spielt", versicherte er in der Pressekonferenz am Mittag. Wenn nicht, müsste man Goretzka nicht zweimal fragen, ob er heiß wäre auf seinen erst zweiten EM-Einsatz. Sein erster am Samstag dauerte genau 17 Minuten, nach einem Konter streifte sein Abschluss die Oberkante der Latte.

Da fehlte nicht viel. So wie ihm, dem zwölften Mann, gerade nicht viel fehlt, um es in die Startelf zu schaffen. So nah dran wie er ist sonst keiner, zudem wähnt er sich mittlerweile wieder in der Form, um "voll anzugreifen", so Goretzka, egal wo auf dem Feld, selbst in der Offensive als möglicher Müller-Ersatz.: Ich traue mir die Rolle zu."

Hauptsache dabei. Goretzka kann es kaum erwarten. "Für mich kann das Turnier jetzt richtig losgehen", sagt der 26-Jährige und verweist in eigener Sache auf seine Vielseitigkeit. De facto hat er schon auf für ihn ungewohnten, aber ihm keineswegs unbekannten Positionen ausgeholfen, selbst in der Auswahl.

Der Muskelmann ist bereit, kräftig mit anzupacken. "Reinarbeiten" müsse sich Ex-Rekonvaleszent Goretzka ins Turnier, hat Löw in den Tagen von Herzogenaurach mal gesagt. Und genau so gemeint.

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