Grenzerfahrungen beim Club: Das Doppel-Debakel wirkt nach

9.10.2018, 12:35 Uhr
Der Club von Enrico Valentini strauchelt derzeit auswärts gegen die Top-Teams der Liga bedenklich. Die Antworten darauf kommen bislang noch recht verlegen daher.

© Sportfoto Zink / DaMa Der Club von Enrico Valentini strauchelt derzeit auswärts gegen die Top-Teams der Liga bedenklich. Die Antworten darauf kommen bislang noch recht verlegen daher.

Reichlich ratlos stand der Rechtsverteidiger in den Katakomben des Leipziger Stadions, wo er erklären sollte, warum sein 1. FC Nürnberg nach dem 0:7 in Dortmund erneut mit 0:6 untergegangen war. "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll", grübelte Valentini beim Versuch einer Analyse, "sechs Tore kassierst du ja nicht einfach so. Wir müssen da auch mal knallhart zu uns selbst sein."

Sympathische Chancenlosigkeit 

Bei aller lobenswerten Selbstkritik kann Valentini vielleicht sogar sinnbildlich stehen für die momentane Club-Crux. Mit dem Aufstieg in die Bundesliga hat sich der Deutsch-Italiener, geboren in Nürnberg, aufgewachsen im Zabo, im Alter von mittlerweile 30 Jahren einen Lebenstraum erfüllt. Auf die Idee, einem wie ihm mangelnden Einsatz oder fehlendes Herzblut vorzuwerfen, käme wohl keiner. Neben Hanno Behrens, Tim Leibold und vielleicht noch Georg Margreitter ist der fleißige Valentini ein Gesicht dieses 1. FC Nürnberg, ein Sympathieträger, eine Identifikationsfigur.

In Leipzig stieß Valentini aber erneut schlicht an seine Grenzen – und mit ihm dummerweise zehn andere Kollegen, die vom präzisen Tempofußball der Brausekicker förmlich überrollt wurden. Selten sah man eine Nürnberger Elf auf nahezu allen Positionen so überfordert. "Zu viele fatale Fehler im eigenen Ballbesitz" sollte Trainer Michael Köllner später als Grundübel ausmachen, der schnelle 0:2-Rückstand schon nach sieben Minuten habe seiner Elf "zugesetzt".

So mutierte der Aufsteiger zur Lachnummer der Liga. "Einer geht noch, einer geht noch rein", sangen Leipzigs Fans beim Stand von 5:0. Dass tatsächlich nur noch einer reinging, lag vor allem daran, dass die Gastgeber einen Elfmeter vergaben, den Pfosten trafen und es in der letzten halben Stunde gegen einen dezimierten Gegner generell etwas lockerer angehen ließen. Nürnberg hätte sonst womöglich sogar eine neue Rekordpleite gedroht.

Klassenunterschied gegen die Vollhoch-Teams 

Der Spott, der sich über die fränkischen Prügelknaben ergoss, "tut weh, weil wir ja wissen, was wir eigentlich können", klagte Valentini. Gezeigt haben sie das bislang in den Heimspielen gegen Mainz (1:1), Hannover (2:0) und Düsseldorf (3:0), in Berlin (0:1) und Bremen (1:1) präsentierte man sich zumindest konkurrenzfähig. Die Vollgasfußballer aus Dortmund und Leipzig aber deckten einen Klassenunterschied auf. Man habe jetzt auswärts ausgerechnet jene zwei Teams erwischt, "die in einer Vollhochphase sind", befand Köllner; nicht umsonst führe der BVB die Tabelle vor den nun seit sechs Spielen ungeschlagenen Sachsen an.

Schon vor dem Anpfiff hatte Köllner mit Blick auf den exquisit besetzten RB-Kader ein "ungleiches Duell" befürchtet, 90 extrem einseitige Minuten sollten ihn bestätigen. "Man muss die Dinge einfach realistisch sehen", bat Köllner, der Club sei in dieser "hammerharten Liga" ein Außenseiter, "uns war vor der Saison klar, dass du da auch mal untergehen kannst." Oder eben auch zweimal.

Trotzdem hält es Köllner für falsch, "nun alles in Frage zu stellen" - und meinte damit wohl auch ein bisschen sich und seine nicht immer unumstrittenen taktischen Ideen. Nach der grandios missglückten Umstellung auf eine Dreierkette in Dortmund irritierte der Bundesliga-Novize nun in Leipzig mit einem offensiv ausgerichteten System, das die Mannschaft selbst dann noch naiv durchzog, als längst Schadensbegrenzung angesagt gewesen wäre.

Von einer Trainerdiskussion ist man am Valznerweiher aber (noch) weit entfernt. Sportvorstand Andreas Bornemann sah sich im Gespräch mit Sky sogar bemüßigt, seinem leitenden Angestellten mal eben für diese Saison eine Jobgarantie auszustellen. Ein Versprechen, das man in der schnelllebigen Fußballbranche nicht besonders ernst nehmen muss, das aber zumindest zeigt, dass der Aufstiegstrainer intern noch genügend Kredit hat. Warum auch nicht, liegt der Club doch – auch wenn das gerade etwas grotesk klingen mag – als Tabellenzwölfter mit acht Punkten im Soll und hat "in dieser Saison ja auch schon einiges richtig gemacht", wie Köllner trotzig anmerkte.

Lehrstunden und Reifeprozess 

Die anstehende Länderspielpause will der Oberpfälzer nun dazu nutzen, um seine Spieler "wieder etwas reifer zu machen". Dass die Moral unter den deprimierenden Lehrstunden gelitten haben könnte, glaubt Köllner nicht: "Die Mannschaft hat schon gegen Düsseldorf bewiesen, dass sie so eine Niederlage wegstecken kann." Im Heimspieldoppelpack gegen Hoffenheim und Eintracht Frankfurt soll dann wieder der andere Club zu sehen sein. Zunächst allerdings ohne Linksverteidiger Leibold, der nach seiner fragwürdigen Roten Karte wegen einer Notbremse trotz des nicht verwandelten Elfmeters mit der Minimalstrafe davonkam und für nur ein Spiel gesperrt wurde. Offenbar verspürte man auch beim DFB ein bisschen Mitleid mit den geprügelten Nürnbergern. 

 

 

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