Handball ja, Eishockey nein? Unterschiede in Corona-Zeiten

29.10.2020, 08:45 Uhr
Handball ja, Eishockey nein? Unterschiede in Corona-Zeiten

© Foto: Roland Fengler

Wird bereits Handball gespielt?

Ja. Schon seit 1. Oktober. Auch wenn es niemand laut formuliert, waren sie in der Bundesliga im Nachhinein wohl nicht ganz so glücklich, dass sie im Frühjahr dem Basketball das Feld und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit überlassen haben. Früher als die anderen Hallensportarten hat man sich deshalb an einem Neustart versucht, der bisher auch recht reibungslos verlief. Lediglich in der Vorbereitung mussten Mannschaften in Quarantäne, zumindest im nationalen Spielbetrieb kam es zu keinen größeren Störungen - die Zuschauerzahlen variierten von Standort zu Standort und von Woche zu Woche allerdings deutlich, wie auch der HC Erlangen schon feststellen musste.

"Wir nehmen es, wie es ist"

Lässt sich der Spielbetrieb unter den aktuellen Umständen stemmen?

Muss ja. So ungefähr formuliert es René Selke, Erlangens Geschäftsführer. "Wir nehmen es, wie es ist", hat er auch am Mittwoch noch einmal betont - zur Not auch mit Geisterheimspielen wie am vergangenen Sonntag in der Nürnberger Arena. Und zur Not auch bis Jahresende. So haben es am Mittwoch alle Klubs der HBL bekräftigt, den Spielbetrieb wollen sie auf keinen Fall und nicht nur in der Hoffnung auf bessere Zeiten unterbrechen. Einen fünfstelligen Betrag kostet den HCE ein Auftritt am Kurt-Leucht-Weg ohne Zuschauer, normalerweise machen die damit verbundenen Einnahmen rund 35 Prozent des Etats aus. Dass der Bezahlsender Sky die Spiele überträgt, erhöht das Budget im Gegensatz zu dem von Fußballvereinen nur leicht. Eine sechsstellige Summe mit einer Zwei am Anfang bringt den Handball-Klubs der Verkauf der TV-Rechte.

Kann das gut gehen?

Rund 2000 Zuschauer bräuchte der HCE pro Heimspiel, um kostendeckend zu arbeiten, aber auch da gilt: Sie nehmen es, wie es kommt. 2000 werden es nach den jüngsten Entscheidungen in Berlin wohl nicht mehr so schnell werden, wobei Selke darauf hofft, dass die Politik bald auch neuesten Studien Aufmerksamkeit schenkt. Die Erkenntnis, die erste Experimente gebracht haben: Mit dem entsprechenden Hygienekonzept ist die Ansteckungsgefahr bei Großveranstaltungen dieser Art sehr gering.

Wird bereits Eishockey gespielt?

Ja. In Södertälje oder in Salzburg, also wenn der Gegner nicht gerade einen Corona-Fall im Aufgebot hat. Eigentlich wird überall schon wieder gespielt oder wie in Tschechien der Spielbetrieb schon wieder ausgesetzt, weil selbst in einem Eishockeyland nicht zu vertreten ist, dass das Leben ob besorgniserregender Infektionszahlen stillsteht, nur eben nicht auf dem Eis. Auch in Deutschland versucht man sich daran, in eine Saison zu starten, aber eben nur unterhalb der Deutschen Eishockey Liga, weshalb man in der DEL das Narrativ vom verbotenen Geschäftsmodell nicht mehr ganz so selbstbewusst betont. Ab 11. November versuchen sich acht Klubs an einem Testturnier - ohne die Nürnberg Ice Tigers. Mitte Dezember soll doch noch eine Saison starten - mit den Ice Tigers.

Gastner und "Rock 'n Roll!"

Lässt sich der Spielbetrieb unter den aktuellen Umständen stemmen?

Lange Zeit hätte Wolfgang Gastner diese Frage mit einem energischen "Nein" beantwortet - und sich wohl insgeheim gedacht, dass die Ice Tigers selbst das irgendwie schaffen würden. Nach weitgehend erfolgreichen Verhandlungen mit den Spielern über einen weiteren Gehaltsverzicht und erfreulichen Gesprächen mit Sponsoren kann der Geschäftsführer in der kommenden Woche der DEL eine Teilnahme der Ice Tigers an einer Saison ankündigen. In einem normalen Jahr finanziert sich das Budgets des Klubs zu gleichen Teilen aus Sponsorengeldern und Zuschauereinnahmen. Die Ice Tigers aber zählen zu den 56 Vereinen, die beim Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf jene viel zitierten 800 000 Euro aus dem Konjunkturpaket Spitzensport eingereicht haben. Zusammen mit einer weiteren massiven Kostensenkung ließe sich der Spielbetrieb in Nürnberg stemmen - auch ohne die urprünglich errechneten 3000 Zuschauer im Schnitt. Wolfgang Gastner hat auch schon einen Namen dafür: "Rock‘n‘Roll!"

Kann das gut gehen?

Gastner klingt zumindest so, aber eben auch nur, wenn er über die Ice Tigers redet. Und seit gestern ist klar, dass die DEL, wenn überhaupt, in eine Geistersaison starten wird. Eine Geistersaison, an der kaum 14 von bisher 14 DEL-Klubs werden teilnehmen können.

Wird bereits Basketball gespielt?

Ja. Und eigentlich haben sie damit beim Basketball auch nie aufgehört. Als die Hausmeister im Frühling die Hallenschlüssel selbst an die bestens bekannten Nachwuchsspieler nicht mehr rausrückten, wurden sie bei der Basketball-Bundesliga (BBL) kreativ. Für viel Geld wurde in München für drei Wochen eine Blase geschaffen und doch noch ein Meister ermittelt - ein Saisonabbruch wäre laut den Verantwortlichen noch teurer gekommen. "Die Liga hat bewiesen, dass sie extrem flexibel ist", sagt Philipp Galewski, der Geschäftsführer von Brose Bamberg. Und vielleicht etwas kreativer als andere. Aufgrund der guten Erfahrungen von München wurde vor dem Ligastart am 6. November der Pokalwettbewerb in Form von Miniturnieren vorgeschaltet. Diesmal allerdings ohne Blase - und mit ersten Ausfällen.

"Drei, vier Geisterspiele halten wir durch"

Lässt sich der Spielbetrieb unter den aktuellen Umständen stemmen?

Ja. Zumindest noch eine Weile. "Man denkt von Woche zu Woche", sagt Galewski. Das Motto der Liga heißt "Wir sind bereit" und so will man es auch in Bamberg halten. "Wir sind relativ entspannt", sagt er, der seinen Job mitten in diesem verrückten Jahr angetreten hat. Trotz aller Sorgen. Ein Geisterspiel würde einen fünfstelligen Betrag kosten; dass die Arena den gleichen Vornamen trägt wie der Basketball-Klub, ändert daran nichts. 2500 Zuschauer bräuchte Brose Bamberg im Schnitt, um kein Minus zu machen. Etwa 30 Prozent des Etats machen die Ticketverkäufe aus, die TV-Gelder von Magenta Sport, die unter allen BBL-Mitgliedern gleichmäßig aufgeteilt werden, sind da zu vernachlässigen. Die sechsstellige Summe hat eine Eins vorne dran, das entspricht dem Beitrag eines mittleren Sponsoren.

Körbewerfen in Bologna: Zuschauer bekommt Brose Bamberg derzeit nicht zu sehne. 

Körbewerfen in Bologna: Zuschauer bekommt Brose Bamberg derzeit nicht zu sehne. 

Kann das gut gehen?

"Drei oder vier Geisterspiele halten wir durch", sagt Galewski, also ungefähr bis Jahresende. Die Frage lautet dann: "Welche Perspektive gibt es?" Das Finale des Pokalwettbewerbs, aus dem sich Bamberg am Wochenende verabschiedet hat, ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Alba Berlin und Medi Bayreuth mussten ihre Auftritte am vergangenen Wochenende wegen Corona-Infektionen absagen. Im Liga-Alltag dürfte es nicht viel besser werden.

Verwandte Themen


Keine Kommentare