Ismael in Linz: Die Geburt eines neuen Meisters?

21.2.2020, 07:32 Uhr
In Linz folgt man Valerien Ismaels seinen Anweisungen - und hat Erfolg

© Sportfoto Zink/DaMa In Linz folgt man Valerien Ismaels seinen Anweisungen - und hat Erfolg

Mitte November 2014 machte der Club Schluss mit Valerien Ismael. Nach einer weiteren, besonders bitteren Niederlage des FCN, dem 1:2 in Sandhausen, wurde der Ex-Profi in Nürnberg als Trainer entlassen. "Valerien Ismael ist mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden", erklärte Aufsichtsratsboss Thomas Grethlein damals nach einer Marathonsitzung am Neuen Zabo diesbezüglich. Und beendete so ein nur rund viereinhalb Monate währendes Missverständnis, das mit dem sich bei Wolfsburgs Zweitvertretung als aufstrebender Trainer empfehlenden Straßburger auf der Kommandobrücke komplett anders gedacht war. 

Glückloser Geburtshelfer beim FCN 

Angetreten war der smarte, mitunter jedoch auch etwas verbissen wirkende Trainer-Novize beim Club, um den wieder einmal in die Zweitklassigkeit abgestürzten Altmeister nach oben zu führen. Stattdessen fand die Talfahrt des FCN unter Ismael ihre Fortsetzung. Und das auch oder obwohl dieser im Anschluss an den imposanten 4:0-Auswärtserfolg bei Union Berlin die "Geburt einer neuen Mannschaft" verkündet hatte. 14 Punkte in 13 Spielen, 24 Gegentore und ein 14. Platz, der nach der Pleite am Hardtwald zu Buche stand, erwiesen sich für den glück- und zusehends hilflosen Coach in der Bilanz aber letztlich als Jobkiller.

Nach einem Engagement zurück in Wolfsburg, wo der einstige Vorzeigeverteidiger nach dem Hecking-Aus zumindest als Nothelfer ein weiteres Mal im bundesdeutschen Profifußball wirken durfte, folgte 2018 ein ziemlich kurzes und ziemlich erschütterndes beim griechischen Erstligisten Apollon Smyrnis. Beim Heimatverein von Club-Verteidiger Konstantinos Mavropanos, der da allerdings schon nicht mehr beim Traditionsverein in der Athener Peripherie, sondern bei Arsenal spielte, schmiss Ismael nach nur wenigen Monaten hin. Nachdem ihn der Apollon-Präsident - wie Nürnbergs Ex-Coach via Twitter zur Kenntnis gab - bedroht hatte.

+++ Ismael und der Club: "In Nürnberg hat es leider nicht gepasst" +++

Eine Schlappe in Sandhausen, wildgewordene Griechen-Präsidenten... Und wie geht’s Valerien Ismael heute? Gut! Sehr gut sogar. Seit Sommer sitzt Frankreichs ehemaliger Juniorennationalspieler, der sowohl mit den Bayern als auch mit Bremen in seiner aktiven Zeit das Double holte, beim Linzer Athletik-Sport-Klub auf der Trainerbank. Als Nachfolger von Oliver Glasner, der den in zwischenzeitlich in die Drittklassigkeit verbannten und vom Konkurs bedrohten Traditionsverein zurück in Österreichs Eliteklasse hievte und mittlerweile für den VfL Wolfsburg an der Seitenlinie steht, setzt Ismael den Erfolgskurs der Linzer eindrucksvoll fort.

Meisterlich gegen Red Bull: Die Kirsche auf der Torte?

Am Freitag - Anpfiff für die Schwarz-Weißen war eine halbe Stunde später als für den FCN in Heidenheim - bestätigte der LASK zum Rückrundenstart, dass mit ihm unter der Regie des ehemaligen Club-Trainers in der höchsten Spielklasse des Nachbarlandes in dieser Saison zu rechnen ist. Und das nicht irgendwo, sondern bei Abo-Meister Red Bull Salzburg, der vor der Begegnung mit den Oberösterreichern in seiner Brause-Arena in Wals-Siezenheim im Liga-Betrieb letztmals im November 2016 verloren hatte.

Bei der entsprechend erfolgreichsten Heimmannschaft Europas überstand das Ismael-Team die ersten zwanzig Minuten schadlos, was wohl auch daran lag, dass Red Bull mit Überflieger Erling Haaland einen Torgaranten nach Dortmund verloren hat. Und setzte sich nach eben diesen 20 Minuten durch Dominik Frieser selbst ins Vordertreffen. Da der Ex-Duisburger James Holland kurz darauf den schwarz-weißen Doppelschlag komplettierte und Frieser nach der Pause noch einmal für den LASK traf, hieß es am Ende in Salzburgs Heimfestung 3:2 für die Gäste, die dadurch in der Tabelle nun einen Punkt Vorsprung auf die Roten Bullen haben.

 

"In den ersten 20 Minuten hatten wir sehr viel Glück, nicht in Rückstand zu geraten", resümierte nach Linz' Feierabend an der Salzach denn auch Valerien Ismael: "Dann aber hat man gesehen, wie sich unsere Mannschaft im letzten halben Jahr mit den internationalen Spielen entwickelt hat: Wir sind geduldig geblieben und haben auf unsere Chancen gewartet", ergänzte der Ex-Nürnberger das, was seine Mannschaft auch bei diesem Auswärtsspiel erfolgreich gemacht hatte.

Ismael: "Die Bedeutung dieses Matches ist, dass..." 

Dass die von Ismael angleiteten Athletiker in der nun wieder laufenden Runde eine echte Chance haben, den Liga-Dominator der vergangenen Jahre zu stürzen, die Bullen-Herrschaft in Österreich zu beenden, scheint ein immer realistischeres Szenario. Taktisch hervorragend eingestellt, so die Fachmeinung im Nachbarland, sei das jugendliche Team, das Ismael-Vorgänger Glasner in der Vorsaison bereits auf Platz zwei geführt hat, unter dem Ex-Nürnberger weiter gereift. Erwachsener geworden und nun in der Lage, sowohl im Ballbesitz als auch in der Umschaltbewegung wichtige Partien siegreich zu gestalten. Abseits dieser Variationsmöglichkeiten profitiert der LASK davon, dass er auf einer festen Spielphilosophie aufbauen kann. 

"Die Bedeutung dieses Matches ist, dass wir jetzt wissen, wir können hier gewinnen", erklärte Ismael nach Spielende in Salzburg cool. Und geht, 2014 und 2016 mit Wolfsburg II bereits Regionalliga-Meister, als Tabellenführer in die nächste Runde des Titelkampfes, dem aus LASK-Sicht am Donnerstag ein schönes Europapokal-Spiel vorgeschaltet war. In der Europa-League-Zwischenrunde, für welche die bereits in vergangenen Saison auf kontinentalem Parkett überraschenden Oberösterreicher in der Gruppenphase vor Portugals Hauptstadt-Klub Sporting und der PSV Eindhoven als Staffel-Erster das Ticket gelöst hatten, trennte sich das Ismael-Team in Alkmaar 1:1. Und darf sich im Rückspiel daher somit durchaus Hoffnungen auf den Einzug in die nächste Runde machen. 

Und jetzt Alkmaar! 

Gegen das Alkmaar, an das auch der Club schöne Europapokal-Erinnerungen hat. Daran oder überhaupt an den 1. FC Nürnberg wird Valerien Ismael vor der erneuten Begegnung mit den Niederländern aber mit Sicherheit ebenso wenig denken wie an den November 2014.

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