Johannes Geis: Bereit auch ohne Vorbereitung

11.8.2019, 17:15 Uhr
Johannes Geis: Bereit auch ohne Vorbereitung

© Sportfoto Zink / DaMa

Es sind Momentaufnahmen, die ihn und sein überraschendes Debüt beim insgesamt doch schwer erkämpften 1:0 (0:0)-Pokalerfolg in Ingolstadt am besten beschreiben. Erleichterung ließ sich in seiner Mimik und Gestik erkennen, auch ein bisschen Stolz, es nach so lange Pause allen gezeigt zu haben.

"Der Trainer hat mich gefragt, ob ich bereit bin“, so fasste Johannes Geis frisch geduscht und mit offenen Turnschuhen die Geschichte seiner überraschenden Startelf-Nominierung hinterher zusammen.Geantwortet hat er mit einem ebenso schlichten wie entschlossenen: "Ja!" Und so kam es, dass der bis Montag letzter Woche noch vereinslose Mittelfeldspieler nach nur drei Einheiten mit den neuen Kollegen gleich eine tragende Rolle übernehmen durfte am Freitagabend.

"Ziemlich froh"

Also zog sich Johannes Geis etwa eine Stunde vor dem Anpfiff um, wärmte sich konzentriert auf und lief anschließend knapp zehn Kilometer hin und her. Mit der Erfahrung unter anderem aus über 120 Bundesliga-Einsätzen kann man seine Kraft offenbar so einteilen, dass sie auch nach fast zwölf Wochen ohne Wettkampf locker reicht für so ein Erstrunden-Pokalspiel. Ob ihn die Energiespeicher auch noch durch eine Verlängerung getragen hätten, ist eine der vielen Fragen, die sich später stellten. Auch Geis hat sie sich gestellt und "war schon ziemlich froh, dass der Dovedan das Tor gemacht hat", sagte er den wartenden Journalisten, "man kann ja auch über Grenzen gehen, man darf es nur nicht überstrapazieren".


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Der Dovedan, Vorname Nikola, tat wahrscheinlich auch dem Kollegen Medeiros einen großen Gefallen, dessen konditionelle Defizite vier Tage zuvor beim Debüt gegen den HSV nur knapp 70 Minuten Zweitliga-Fußball erlaubt hatten. Diesmal wären es vermutlich fast doppelt so viele geworden, ein Wechsel wäre noch möglich gewesen.

So aber durfte der ganze Club für ein paar Minuten in ungewohnter Glückseligkeit versinken, weil Dovedan kurz vor Schluss eine präzise Hereingabe von Kerk veredelte. Damit ist der Österreicher nach wie vor der einzige Torschütze des 1. FC Nürnberg in der Saison 2019/20; auch beim 1:0 in Dresden hatte er sich nicht mehr aufhalten lassen auf dem Weg zum persönlichen Erfolgserlebnis.

Geisi weiß, was er zu tun hat

Das hatte Johannes Geis letztlich auch ohne eigenen Treffer. Nach 55 Ballkontakten und drei Abschlüssen, zudem konnte er die Hälfte seiner Zweikämpfe für sich entscheiden am Freitagabend. Statistische Werte, die nicht unbedingt auf seine zeitnahe Berufung in die Nationalmannschaft hindeuten, aber eben auch noch viel Luft nach oben lassen. Doch selbst 60 oder maximal 70 Prozent seines enormen Potenzials genügten, um ihn auf Anhieb als Verstärkung einzustufen. "Dem Geisi muss man nicht viel sagen, der weiß, was er zu tun hat, der weiß, wie Fußball geht, der weiß, wo die Bälle hingehören", meinte Sebastian Kerk sicht- und hörbar erschöpft, "ich denke, dass hat man heute schon gesehen".

Gesehen hat man insbesondere, dass Geis in zentraler Position eine Mannschaft führen und ihre Darbietung strukturieren kann. Selbst ohne gemeinsame Vorbereitung inklusive Trainingslager im Salzburger Land.

"Er ist topfit"

"Ich denke nicht, dass er die ganze Zeit nur auf der Couch herumgelegen ist", trug auch Dovedan ein wenig zur Aufklärung bei. Viele Menschen fragten sich schließlich, wie so eine Leistung überhaupt möglich sein kann: "Es ist nicht so, dass er fünf Kilo zu viel hat", sagte Dovedan, "er ist topfit." Und, besonders wichtig: "Ein richtig guter Fußballer." Der richtig gute Fußballer zeigte auch gleich, warum der FC Schalke vor vier Jahren über zehn Millionen Euro Ablöse für ihn an den FSV Mainz überwies. Nach dem einen oder anderen Fehlpass oder Missverständnis in der Anfangsphase strahlte Geis große Ruhe aus. Dass er Eck- und Freistöße immer noch ausgesprochen hart und präzise treten kann, beschwor mehrmals Gefahr herauf für das Tor der Ingolstädter.

Palikuca applaudiert leise

Eigentlich, versicherte Damir Canadi in der Pressekonferenz, "wollten wir ihn nur 60, 70 Minuten laufen lassen"; dass es 90 geworden sind, wollte Geis so. "Ich habe mich gut gefühlt, sonst hätte ich dem Trainer schon signalisiert, dass ich raus muss", sagte er nach seiner gelungenen Premiere, die Canadi ihm gegenüber wie folgt begründete: "Das beste Training ist Spielen." Also spielte Geis und spielte, "ich bin froh, dass ich hier bin", sagte er noch. Zu verdanken hat er das allen voran dem Sportvorstand; als ihn Robert Palikuca am Freitagabend vor einer Kamera stehen sah, applaudierte er ihm leise. Noch so eine vielsagende Momentaufnahme.

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