Marterer startet beim ATP-Challenger-Turnier in Eckental

1.11.2020, 06:00 Uhr
Marterer startet beim ATP-Challenger-Turnier in Eckental

© Foto: Claudio Gärtner/imago images

Der Ton ist verzerrt, es rauscht in der Verbindung, manchmal bricht sie ganz ab. Maximilian Marterer ist mit dem Zug auf dem Weg von Hamburg nach Nürnberg, als er das Interview am Handy führt. Ab kommenden Montag will der Tennisprofi in Eckental beim ATP-Challenger-Turnier nahe seiner Heimat Stein antreten. 2017 hat er es gewonnen. In Hamburg ist er in drei Sätzen in der zweiten Runde gegen Taro Daniel ausgeschieden. Auch wenn die Verbindung mal weg ist, ruft Marterer wieder an – und man kann ihn gut verstehen, wenn er über die Folgen von Corona für den Tennis-Zirkus, die Einsamkeit im Hotelzimmer und das Besondere an seinem Sieg 2017 spricht.

ATP-Challenger-Turnier in Eckental startet trotz Corona

Herr Marterer, als Sie 2017 das Turnier gewannen, wurden Sie von 1200 Zuschauern bejubelt. Diesmal sind keine zugelassen – können Sie die Rückkehr in Ihre Heimat da noch richtig genießen?

Wir mussten uns ja schon im März darauf einstellen, dass viele Turniere unter diesen Bedingungen stattfinden werden. Trotzdem wird es natürlich nicht mehr das Eckental sein, das ich vor zwei, drei Jahren kennenlernen durfte. In ein paar Matches hat es mir sicher einen Schub gegeben, dass so viele Leute da waren und mich unterstützt haben. Es ist schade, aber nachvollziehbar.

Die Beziehung von Tennisspielern und Zuschauern kann ja manchmal recht speziell sein. Wie sehr wird man durch ihr Fehlen beeinflusst?

Es erinnert ein bisschen an Trainingseinheiten. Als Einzelsportler ist man viel anfälliger, wenn das Publikum hinter einem steht oder immer für den anderen klatscht. So sind es auf jeden Fall sehr faire Bedingungen für alle. Aber sicher nicht das, was man sich erhofft.

Marterer startet beim ATP-Challenger-Turnier in Eckental

© Foto: Bertram Wagner

Werden die Turniere austauschbar, wenn man wegen der Hygienebedingungen auch nur noch zwischen Court und Hotel hin- und herpendelt?

Wir können inzwischen schon vor Ort trainieren. In der Anfangsphase sollten wir so kurz wie möglich auf der Anlage sein. Das ist aber nicht überall einfach umsetzbar. Man muss ja zu Mittag essen nach dem Training oder braucht eine Behandlung durch den Physiotherapeuten.

Das Leben im Turnier-Zirkus spielt sich viel in Hotels und auf Reisen ab. Wie hat es sich durch Corona verändert?

Der Kontakt zu den anderen Sportlern ist nicht mehr so eng. Man geht nicht mehr unbedingt miteinander Essen in Restaurants, sondern lässt sich etwas aufs Zimmer liefern. Das vermisse ich aktuell extrem, auch wenn es logisch ist. Wenn es dazu beiträgt, dass wir gesund bleiben, müssen wir das akzeptieren.

Macht das Ihr Leben als Tennisprofi ein bisschen einsamer?

Ja. Ich bin eh schon Einzelsportler, deshalb möchte ich das nicht auf Dauer haben.

Sind Sie erleichtert, dass Sie trotz "Lockdown light" als Profi weiter Tennis spielen können?

Natürlich. Für uns war der erste Lockdown eine sehr zähe Zeit. Wenn man nichts in Aussicht hat, wird es irgendwann schwer, die Trainingsmotivation aufrecht zu erhalten. Für uns ist es halbwegs positiv, dass wir unserem Beruf weiter nachgehen können. Ich hoffe, es werden bis Ende des Jahres auch noch weitere Turniere angeboten.

In der Öffentlichkeit hat sich die Diskussion anfangs vor allem um den Profifußball gedreht. Hat Sie das genervt?

Fußball ist ein Kontaktsport, Tennis eine Individualsportart. Die Hygienevorschriften sind bei uns einfach umzusetzen. Für mich hat es sich nicht logisch angehört, dass der Profifußball als Erstes loslegen durfte. Ich war ein bisschen neidisch. Aber am Ende fand ich es doch cool, dass überhaupt wieder etwas stattgefunden hat.

"Man muss daran denken, dass Tennis kein billiger Job ist"

Auch im Tennis gab es eine Gehaltsdiskussion: Stars wie Roger Federer oder Novak Djokovic wollten einen Hilfe-Fonds für Spieler einrichten, die keine Rücklagen bilden konnten. Ein Zeichen dafür, dass auch die Einzelsportler zusammenhalten können?

Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wie das gelaufen ist. Es ist eine Hilfe von der ATP ausgezahlt worden, aber ob das Geld von den Spielern kam, kann ich gar nicht sagen. Ich selbst war nicht so stark betroffen. Natürlich hatte ich keine Einnahmen, aber ich habe davor ja nicht schlecht gespielt und mir ein Polster ansparen können. Aber Spieler, die auf der Challenger- oder der Future-Ebene spielen und davon eh schon nicht leben konnten – für die wäre das eine sehr gute Unterstützung gewesen.

Lernt man als Tennisprofi, gut mit Geld hauszuhalten, wenn die Einnahmen so stark von wenigen Turnieren abhängen?

Man muss daran denken, dass Tennis kein billiger Job ist – wenn man gute Trainingsbedingungen haben will und einen Coach, der mit einem reist. Dann hat man durchweg hohe Kosten und ist darauf angewiesen, auch etwas einzuspielen auf den Turnieren. Ich habe es im vergangenen Jahr extrem gemerkt, als ich verletzt war: die Turnierpunkte, die man macht, halten nur ein Jahr. Ein schlechtes katapultiert einen schnell nach hinten. Und dann kann man nicht mehr die gleichen Turniere spielen – und auch nicht so viel einnehmen wie davor.

Muss es im Profitennis Veränderungen geben, etwa durch eine gerechtere Verteilung der Preisgelder?

Es ist schwer für Sportler, die zwischen Platz 100 und 250 der Weltrangliste stehen, trotz Grand-Slam-Einnahmen mit einem guten Plus aus einem Jahr herauszugehen. Vielleicht kann man das über die Grand-Slam-Preisgelder angehen. Ich fände es schön, wenn nach mir noch Leute professionell Tennis spielen könnten. Ich möchte meinem Kind nicht erzählen, dass es zu schwer ist, hoch zu kommen, um überhaupt etwas zu verdienen. Ich hoffe, dass sich das entwickelt, dass mehr Spieler von ihrem Sport leben können.

Haben Sie selbst Druck, weil Sie durch die Verletzung abgerutscht sind?

Es fehlt ein bisschen Matchpraxis, ich habe versucht, viele Spiele zu machen. In ein paar Situationen habe ich schon Druck gespürt, denn natürlich habe ich den Anspruch, wieder dahin zu kommen, wo ich vor zwei Jahren war. Aber das ist eine Entwicklung und muss nicht von heute auf morgen passieren. Früher oder später werde ich mich zurückspielen können.

"Eckental war sicher der speziellste Sieg"

Durch den Sieg in Eckental sind Sie damals auf Platz 90 der Weltrangliste gesprungen und haben sich für die Australian Open qualifiziert. War es deshalb ein besonderer Sieg?

Wenn ich mich an meine Challenger-Siege erinnere, war es sicher der speziellste Sieg. Ich konnte zuhause schlafen, es waren viele Freunde von mir da, an das ganze Jahr habe ich extrem positive Erinnerungen. Dass ich mich direkt für die Australian Open qualifiziert habe, war ein wichtiger Schritt in meiner Karriere. Und Eckental hat mir dabei natürlich sehr weitergeholfen.

Das Turnier in Eckental ist dieses Jahr mit Ricradas Berankis oder Dennis Novak stark besetzt, das Preisgeld ist so hoch wie nie. Welches Ziel haben Sie sich für Ihre Rückkehr gesetzt?

Ein bestimmtes Ziel nicht, das ist zu sehr abhängig von der Auslosung. Ich komme mit den Bedingungen in Eckental sehr gut zurecht. Für viele ist es sicher nicht einfach, weil auf Teppich nicht so häufig gespielt wird. Ich glaube, dass ich gute Anlagen dafür habe. Wenn ich gut spiele, kann ich weit kommen.

Früher gab es in Eckental, so hört man, viele Schafkopf-Runden am Rand des Turniers. Werden Sie die vermissen?

Das sicherlich auch. Ich hoffe, dass das in den nächsten Jahren wieder mehr zelebriert werden kann.

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