Triathlon

Nürnberger Triathletin darf zu Olympia nach Tokio

29.5.2021, 06:00 Uhr
"In jeder Sekunde alles geben": Anabel Knoll (hier 2020 in Österreich) wird im Sommer den olympischen Triathlon laufen. 

© imago images/Beautiful Sports, NNZ "In jeder Sekunde alles geben": Anabel Knoll (hier 2020 in Österreich) wird im Sommer den olympischen Triathlon laufen. 

Auf den letzten 200, 300 Metern war es hart. Sehr hart. Anabel Knoll aber musste weitermachen, vielleicht sogar noch ein bisschen schneller rennen. Es ging ja um jede Sekunde an diesem Nachmittag im Olympischen Trainingszentrum in Kienbaum, an dem zwei Startplätze für die Spiele in Tokio vergeben wurden. Und das auf einer Strecke, die eine Triathletin wie Knoll mitunter im Training dreimal hintereinander absolviert.

350 Meter Schwimmen, 6,7 Kilometer Radfahren und 1,9 Kilometer Laufen – wer beim größten Sportfest der Welt dabei sein wollte, musste die „Super-Sprintdistanz“ so schnell wie möglich absolvieren. Als sie das Ziel schon sehen konnte, drückte die 25-Jährige alle negativen Gedanken weg, ignorierte die brennenden Beine und lief einfach weiter. „Auf dieser Distanz muss man in jeder Sekunde alles geben“, sagt Knoll zwei Tage später, „auf der Langdistanz kann man ja auch mal auf dem Rad kurz die Beine locker lassen.“

Wie bei den anderen im Fernsehen

Nach 21 Minuten und 53 Sekunden passierte sie die Ziellinie – und musste erstmal warten. Ein paar Minuten, in denen der Körper langsam herunterkam, später kannte sie ihre Zeit. Nur was sie damit anfangen konnte, wusste sie noch nicht. Erst als die letzte Athletin ankam, da begann Anabel Knoll zu realisieren, dass sie tatsächlich die Schnellste gewesen war. Nur freuen konnte sie sich noch nicht so richtig, es wirkte alles noch ein bisschen unwirklich.

„Mein Kopf ist total leer“, sagte sie direkt nach dem Rennen. Es waren Worte, die sie oft schon von anderen Sportlern im Fernsehen gehört hatte – und bei denen sich Anabel Knoll wunderte. „Früher dachte ich mir, dass man sich doch einfach freuen kann“, erinnert sie sich – jetzt, im Moment des größten Triumphs ihrer noch jungen Karriere, fühlte sie sich genauso. Auf ihrem Handy kamen in den Minuten und Stunden danach immer mehr Nachrichten an, mit jeder wurde ihr etwas klarer, was sie da gerade geschafft hatte.


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Dabei war sie nicht als Favoritin nach Brandenburg gereist, vielleicht, glaubt Knoll, war das auch ein Vorteil, weil sie keinen Druck spürte und einfach nur ihr Rennen schwimmen, fahren und laufen konnte. „Natürlich bin ich hingefahren, um zu gewinnen“, sagt sie, als Sportlerin strebt sie ja immer nach dem größtmöglichen Erfolg. „Am Abend davor habe ich mir schon meine Gedanken gemacht, aber mit dem Sieg gerechnet habe ich nicht.“

Der unerwartete Erfolg wirbelt auch ihren persönlichen Terminkalender durcheinander. Die kommenden Wochen und Monate hatte sie eigentlich schon geplant. Deutsche Meisterschaft am nächsten Wochenende bei den „Finals“ in Berlin, dann zum Europacup nach Portugal, später zur EM in Kitzbühel, im August vielleicht sogar eine Pause. Stattdessen wird sie in zwei Monaten in Tokio bei den Olympischen Spielen dabei sein und sowohl alleine als auch mit der gemischten Staffel über die Super-Sprintdistanz versuchen, eine Medaille zu gewinnen.


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Es ist der vorläufige Höhepunkt eines steilen Aufstiegs. Früher war Anabel Knoll Schwimmerin, "ich habe ein bisschen Leichtathletik ausprobiert und 2010 meinen ersten Schultriathlon gemacht", erinnert sie sich. "Danach habe ich mir gedacht: Das war so anstrengend, das machst Du nie wieder." Sie tat es doch, fand Spaß daran und wurde immer besser. Ihr Vater Roland Knoll, selbst ehemaliger Triathlet und Bundestrainer, unterstützte sie dabei.

Der Papa war es auch, der den Bundesstützpunkt in Nürnberg aufbaute, an dem die Tochter nach vier Jahren Studium und Training in den USA heute trainiert – angeleitet vom Vater. „Er ist schon immer mein Trainer, ich kenne es gar nicht anders“, sagt Knoll, „er behandelt mich aber nicht anders als die anderen Athleten.“ In den kommenden Wochen wird Anabel Knoll wieder durch das Becken des Langwasserbads pflügen und mit dem Rad durch Franken fahren. Mit ganz normalen Problemen: Auch eine Olympia-Teilnehmerin wird bisweilen auf der Straße von Autofahrern angehupt.

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