Vorbild Basketball-Blase? Hygienekonzept erregt Aufmerksamkeit

26.6.2020, 11:24 Uhr
Durchmarsch zum Titel? Die Berliner haben noch nicht verloren, auch nciht gegen Ludwigsburg in der Vorrunde.

© Foto: Tilo Wiedensohler/camera4/BBL/pool/dpa Durchmarsch zum Titel? Die Berliner haben noch nicht verloren, auch nciht gegen Ludwigsburg in der Vorrunde.

Irgendwann berichtete sogar die große New York Times über diese kleine Bubble in München, die Blase, die da in einem Vier-Sterne-Hotel nahe des Olympiaparks geschaffen worden war. Wer als Sportredakteur in den vergangenen Wochen und Monaten über Live-Sport berichten und dabei nicht ins Exotische abdriften wollte, also zum Beispiel über Baseball in Südkorea oder Galopp-Rennen schreiben wollte, der hatte nicht allzu viele Alternativen. Es blieben: die Fußball-Bundesliga, für die sich in den USA aber eben auch nur eine recht übersichtliche Bubble interessiert, und: die Basketball-Bundesliga.

Während Adam Silver, der Chef der populärsten Basketball-Liga der Welt, noch dabei war, die Klubs von einem Neustart der NBA-Saison in Florida zu überzeugen, flog im fernen Deutschland der orangene Ball schon wieder durch die Reuse. Wie das trotz Corona-Beschränkungen funktioniert, wollte nicht nur ein Redakteur der New York Times wissen. Auch in Spanien, wo die Basketballsaison ebenfalls in Form eines Turniers zu Ende gespielt wird, blickte man nach München, die Verantwortlichen im Handball und im Eishockey erkundigten sich bei den Kollegen nach dem Konzept, das die BBL kurzerhand einfach zur freien Verfügung ins Internet stellte.


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Spieler, Trainer, Betreuer, Pressesprecher, Schiedsrichter, Hotelangestellte – über 250 Menschen gehörten der Gruppe an, die sich in den vergangenen drei Wochen in Quarantäne begeben hat, um die Sponsoren zu befriedigen, den Fans wieder Live-Sport zu bieten und zumindest noch einen Geistermeister zu finden.

Gute Stimmung und Vorbild-Potential

Am Freitag (20.30 Uhr/ Magenta Sport) und am Sonntag (15 Uhr/Magenta Sport und Sport 1) machen die MHP Riesen Ludwigsburg und Alba Berlin in einem Hin- und einem Rückspiel den Titel unter sich aus. Wie groß der sportliche Erfolg des Turniers zu bewerten ist, wird in Basketball-Kreisen intensiv diskutiert. Fast alle zwei Tage mussten die zuweilen arg ersatzgschwächt angereisten Mannschaften nach einer kurzen Vorbereitung antreten, bei den 33 Partien gab es bisher insgesamt 18 sogenannte "Blowouts", also deutliche Siege mit mehr als zehn Punkten Unterschied.

Was die Außenwirkung angeht, ist das Finalturnier aber trotz fehlender Zuschauer in der Halle ein Erfolg. Der Basketball kehrte als erste Sportart nach dem großen Fußball zurück auf die Bildfläche. Die Stimmung, die aus dem Quarantäne-Hotel transportiert wurde, erinnerte eher an die einer Jugendherberge und nicht – wie von manchen Bewohnern vorab befürchtet – an die einer Justizvollzugsanstalt. Bis auf ein paar etwas zu übermütige Spieler, die im Mannschaftsbus auf dem Weg zur Halle die Masken nicht über den Mund gezogen hatten, gab es auch keine Missachtungen des Hygienekonzepts.

"Ich habe den Eindruck, das läuft sehr gut. Es wird alles sehr genau beachtet", lobte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bei einem Besuch in der Rudi-Sedlmayer-Halle und pries das Format als Vorbild für andere Hallensportarten.

"Bleibt eine Liga zusammen?"

Dass das Turnier der Basketballer aber nur bedingt als Vorbild taugt, dürfte auch Herrmann, der regelmäßig die Heimspiele des HC Erlangen und von Brose Bamberg besucht, klar sein. Wer erlebt hat, wie die Nürnberger Arena brodelt, wenn die Handballer nur knapp an der Sensation gegen Kiel scheitern, oder die Unparteiischen in der Bamberger Arena den Zorn der roten Wand zu spüren bekommen, der weiß, dass das Experiment in München nur ein kleiner Schritt zurück zur Normalität war.


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"Wir können es nicht einfach auf eine ganze Saison übertragen", sagt Florian Kainzinger, der das Hygienekonzept für das Finalturnier entwickelt hat. Für den Gesundheitsökonom ist klar, dass es für die Rückkehr mit Zuschauern "nicht eine Lösung geben wird", sondern "eine Kombination aus vielen Merkmalen". Wie groß ist die Halle? Wie viele Toiletten gibt es? Wie modern ist das Lüftungssystem? Und was ist, wenn der Betrieb wegen der Auflagen nicht für alle Vereine wirtschaftlich ist? "Dann stellt sich die große Frage", sagt Kainzinger: "Bleibt eine Liga zusammen?" Es wird komplex, glaubt er. Den Optimismus, den einige Liga- und Vereinsvertreter bereits wieder verbreiten, kann er noch nicht teilen.

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