Wie bei der Tour de France: Aus Adelsdorf in die Berge

29.8.2020, 11:00 Uhr
Mit dem Rennrad in den Französischen Alpen: Benjamin Rudin vom Team Nabenputzer des RSC Adelsdorf bezwang einige große Bergetappen.

© RSC Adelsdorf Mit dem Rennrad in den Französischen Alpen: Benjamin Rudin vom Team Nabenputzer des RSC Adelsdorf bezwang einige große Bergetappen.

Spätestens als Benjamin Rudin ganz oben am Gipfel stand, wusste er, dass er nicht der einzige Radsport-Verrückte auf der Welt ist. Auf einer Passhöhe mehr als 2000 Meter über dem Meeresspiegel tummelten sich die Athleten. "Alle wollten ein Gipfelfoto", sagt der 38-Jährige. "Es hat mich wirklich überrascht, wie viele Radfahrer sich an den Pässen die Berge hoch gequält haben."


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Rudin war einer von ihnen. Von 8. bis 12. August hatte der Ingenieur spontan ein paar Tage frei bekommen. Im Urlaub fährt der gebürtige Erlanger zwar oft große Touren, diesmal aber hat er sich die ganz große Tour vorgenommen – als Geburtstagsgeschenk. "Richtig feiern konnte man wegen Corona sowieso nicht, also bin ich an meinem Geburtstag, am 12. August, einfach den höchsten Pass der Alpen gefahren."

Der Athlet des RSC Adelsdorf erfüllte sich so den Traum vieler Radsportler, denn auf den Bergetappen in den Französischen Alpen messen sich jährlich auch die besten Fahrer überhaupt. "In dieser Region gibt es die höchsten Passübergänge in Europa und in den Alpen. Jedes Jahr passieren dort die großen Entscheidungen der Tour de France", sagt Rudin. "Für einen Hobby-Sportler ist es interessant, das nachzuerleben."

Alleine war Rudin daher auch nicht unterwegs. "Man sieht auf der Strecke überall Fahrer, manchmal wird mal überholt, manche kann man überholen. An den Anstiegen bilden sich Gruppen. Trotzdem fährt man in der Regel für sich." Organisiert und gestemmt hat er seine Tour selbst. Der Adelsdorfer fuhr mit dem eigenen Auto an die Schweizer Grenze, danach ging es weiter bis nach Frankreich. "Dort habe ich die erste kleinere Tour gemacht, dann bin ich weiter zu meiner Unterkunft."

Von Pontamafrey aus radelte Rudin auf den 18 Serpentinen nach Montvernier, die im Jahr 2015 erstmals Athleten bei der Tour de France fuhren, quasi senkrecht schraubte er sich an der Steilwand hinauf. Am nächsten Tag stand mit 161 Kilometern und knapp 4000 Höhenmetern die längste und härteste Runde an. Vom Unterkunftsort in Villar d’Arene kletterte der Adelsdorfer auf rund 1650 Meter Höhe und anschließend über den Col de la Croix de Fer.

Am Nachmittag meisterte er mit der Kombination aus Col du Telegraphe und dem Col du Galibier eine der bekanntesten, aber auch anstrengendsten Bergüberfahrten der Tour de France – und gleichzeitig mit 2642 Metern den fünfthöchsten asphaltierten Passübergang der Alpen.

Zahlen zum Staunen

Am dritten Tag radelte Rudin die Bergauffahrt Alpe d’Huez und weiter über den Col de Sarenne zurück zur Unterkunft. Mit dem Col du Lautaret auf 2058 Metern und der Südrampe auf den Col d’Izoard auf 2360 Metern standen auf der vierten Etappe weitere steile Anstiege an. Alles Namen, die Radsportfans aufhorchen lassen. Doch auch wenn man von den Bergen noch nie gehört hat, ein paar Zahlen zum Staunen: Benjamin Rudin fuhr insgesamt 466 Kilometer und überwand dabei etwa 10 850 Höhenmeter.


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"Diese Anzahl an Höhenmetern in der kurzen Zeit habe ich noch nie vorher geschafft", sagt Rudin. Doch er ist auch schon einmal an drei Tagen 560 Kilometer von Adelsdorf zum Wörthersee in Österreich geradelt. Er kennt sich also aus mit langen Distanzen. "Ich musste mir die Kraft natürlich einteilen. Bei der zweiten Etappe war das jetzt nicht so einfach. Doch ich habe gewusst: Wenn ich am Gipfel bin, geht es zur Unterkunft nur noch 20 Kilometer bergab." Dabei, sagt Rudin, habe er es gespürt, ein "Feeling wie bei der Tour de France". Und das ist besser als jedes Gipfelfoto.

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