Das Comeback der Nachtzüge: Staatsbahnen wollen Wiederbelebung starten
8.12.2020, 14:17 UhrNachtzüge können durchaus erfolgreich betrieben werden, was die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in den letzten Jahren bewiesen haben.
2019 buchten nach Angaben von ÖBB-Chef Andreas Matthä rund 1,5 Millionen Passagiere einen Schlaf-, Liege- oder Sitzplatz an Bord eines "Nightjets", der auf insgesamt 16 Linien fährt, beispielsweise Zürich nach Hamburg, von Berlin nach Wien oder von München nach Rom.
Wegen der guten und steigenden Auslastung hat die ÖBB deshalb für mehrere Hundert Millionen Euro 13 neue Züge bei Siemens geordert, die ab 2022 als rollende Hotels in Betrieb gehen sollen.
Rückzug der DB
Die Deutsche Bahn gab hingegen Ende 2015 bekannt, den nächtlichen Liegewagen-Verkehr zum Fahrplanwechsel im Dezember 2016 komplett einzustellen. Einen Teil der Linien sowie des Fuhrparks übernahm die ÖBB.
Als Grund wurden von den DB-Verantwortlichen jahrelange Verluste genannt. So sei 2015 mit etwa 1,3 Millionen Buchungen ein Umsatz von 90 Millionen Euro gemacht worden, unter dem Strich wurde aber ein Verlust in Höhe von 31 Millionen Euro eingefahren.
Zudem wurde das betagte Wagenmaterial als Problem angeführt. Die nötigen Investitionen in die Modernisierung ließen sich nicht amortisieren, hieß es damals aus der DB-Chefetage.
Kritiker bezweifelten das stets. Tatsache ist aber, dass die Nachtzüge zwar gut für das Image einer Eisenbahn sind, Aufwand und Kosten allerdings hoch. Auch in anderen Ländern wie in Frankreich wurden die Linien in der Vergangenheit immer mehr zusammengestrichen.
Neue Kooperation
Auch noch mitten in der Anfang 2020 tobenden Klimadebatte und trotz entsprechender Diskussion auf politischer Ebene untermauerte der Staatskonzern, nicht mehr alleine in das Geschäft einsteigen zu wollen.
Das tut die Bahn auch jetzt nicht, doch es kommt zu einer umfassenden Kooperation. Darauf haben sich heute am Rande der Konferenz der europäischen Verkehrsminister die vier Bahnchefs Dr. Richard Lutz (DB), Andreas Matthä (ÖBB), Jean-Pierre Farandou (SNCF) und Vincent Ducrot (SBB) verständigt.
Die ersten konkreten Ergebnisse dieser Ausweitung der Kooperation sind vier neue Nightjet-Linien, die in den nächsten Jahren insgesamt 13 europäische Millionenmetropolen miteinander über Nacht verbinden werden.
Vier neue Linien
Ab Dezember 2021 werden die Züge auf den Linien Wien–München–Paris und Zürich–Köln–Amsterdam rollen, im Dezember 2023 kommt Wien/Berlin–Brüssel/Paris dazu und ein Jahr später schließlich die Strecke Zürich–Barcelona.
Die Erklärung der vier Bahnunternehmen bildet den Auftakt zum Europäischen Jahr der Schiene. Am 1. Dezember hatten sich die Europaabgeordneten des Verkehrsausschuss darauf geeinigt, das kommende Jahr der Stärkung des Schienenverkehrs zu widmen.
Gespräche für mehr Nachtzüge laufen - Scheuer zeigt sich offen
„Europas führende Bahnen vereinen ihre Kräfte für den Nachtzug. Das ist ein guter Tag für das Klima, unsere Kunden und das Zusammenwachsen Europas auf der Schiene", so der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz.
Klare Arbeitsteilung
Der Nachtzug sei "ein Geschäft unter Partnern" mit einer klaren Arbeitsteilung, so Lutz.
„Abends in München oder Berlin in den Zug steigen und morgens entspannt in Paris oder Brüssel ankommen – mit unserem Trans-Europ-Express TEE 2.0 und attraktiven Nachtzugangeboten auf der Schiene sind wir künftig in Europa noch klima- und umweltfreundlicher unterwegs", so Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
Die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) erklärte, dass die Nachtzüge "die Zukunft der klimafreundlichen Mobilität innerhalb Europas" seien.
Von 260 Weichen und harten Fakten rund um einen Bahnhof
"Es ist unsere gemeinsame Aufgabe für ein gutes Angebot für die Menschen in Europa zu sorgen", so Gewessler.
Renaissance der Nachtzüge
Auch in anderen Länder wird an einer Renaissance der Nachtzüge gearbeitet. In Schweden baut die Bahn ebenfalls seit 2018 das Nachtzug-Angebot aus, was auf den langen Strecken von Nord nach Süd auf viel Zuspruch stößt.
Dazu sollen nach dem Willen der schwedischen Regierung künftig auch über die Grenze hinweg andere europäische Städte angesteuert werden.
In Schottland hat der Betreiber des „Caledonien Sleeper“ ebenfalls viele Millionen in neue Nachtzüge für die Strecke zwischen London, Glasgow und Edinburgh investiert.
Reisen im Schlafwagen: Nachtzug erlebt Mini-Boom
In einem Strategiepapier forderten die Grünenpolitiker Cem Özdemir, Matthias Gastel und Franziska Brantner aus dem Bundestag und Michael Cramer aus dem EU-Parlament bereits Mitte 2019 den Aufbau eines europäischen Nachtzug-Netzes bis zum Jahr 2030.
Fahren Sie auch regelmäßig mit der Bahn? Dann treten Sie doch unserer jeweiligen Facebook-Gruppe bei:
1. Da sind zunächst die Regional- und S-Bahnen in Richtung Bamberg über Erlangen und Forchheim sowie die verbunden Nebenstrecken. Hier können Sie der Facebook-Gruppe beitreten!
2. Die Facebook-Gruppe für Bahnfahrer von und in Richtung Würzburg plus alle Nebenstrecken findet sich unter diesem Link.
3. Wer die Strecke Richtung Ansbach Schwabach, Roth und Treuchtlingen nutzt, ist hier genau richtig. Unter diesem Link können Sie der Gruppe beitreten.
4. Alle, die in Richtung Neumarkt, Regensburg, Allersberg oder München unterwegs sind, können sich in dieser Facebook-Gruppe beteiligen.
5. Zu guter Letzt gibt es noch eine Seite für die Reisenden in Richtung Pegnitz und Bayreuth und die Nutzer der Gräfenbergbahn. Hier können Sie der Gruppe beitreten. Die fünf Facebook-Gruppen werden von unserer Redaktion betreut und moderiert.
2 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen