Ein politischer Abend voller Harmonie

22.9.2018, 10:00 Uhr
Ein politischer Abend voller Harmonie

© Foto: Roland Huber

Sie könne sich nicht vorstellen, sagte DGB- Kreisvorsitzende Christa Gerdes, dass die von Michael Hofmann (CSU) und Thorsten Glauber (FW) zur Begründung vorgebrachten "Besprechungen so plötzlich einberufen" wurden. Sie empfinde die Absagen als "mangelnde Wertschätzung gegenüber den DGB-Kollegen".

Dafür erhielt Gerdes im Jungen Theater den Applaus des etwa 40 Köpfe zählenden Publikums. Es bestand fast ausschließlich aus DGB-Mitgliedern und den jeweiligen Anhängern und Parteifreunden der auf dem Podium sitzenden Kandidaten Atila Karabag (SPD), Emmerich Huber (B90/Grüne) und Paul Lehmann (Linke).

Wie es zu dieser Kandidatenauswahl kam, wurde dem Publikum nicht mitgeteilt. Gegenüber unserer Redaktion nannte DGB-Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt als Auswahlkriterium: "Die im Landtag vertretenen Parteien." Die Linke ist derzeit allerdings nicht im Landtag. Eckardt räumte das ein und begründete die Teilnahme von Paul Lehmann aus Bamberg so: "Das ist eben unser eigener Mann." Lehmann ist Gewerkschaftssekretär bei ver.di. Sein Auftritt in Forchheim sei mit dem hiesigen Linken-Direktkandidaten Willfried Pätzke abgesprochen.

Es wurden zwei Stunden großer Einigkeit im Jungen Theater, moderiert von dem Radio-Journalisten Thomas Apfel aus Coburg. Er hatte nicht viel mehr zu tun als die vom DGB vorgegebenen Themenkomplexe anzusprechen und dem Rumpf-Team auf der Bühne Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Alle forderten, dass es endlich auch in Bayern wie in allen anderen Bundesländern (außer in Sachsen) einen gesetzlich geregelten Bildungsurlaub für Arbeitnehmer geben müsse, mit entsprechender Freistellung. Alle waren sich einig in der Forderung, dass bei öffentlichen Vergaben auf die Tariftreue der Firmen geachtet und dass dies gesetzlich verankert werden müsse.

Ausnahmsweise verkaufsoffen

Kein Unterschied wurde erkennbar in der Beurteilung, dass die Lebensverhältnisse in Bayern längst nicht überall vergleichbar sind, wie von der bayerischen Verfassung verlangt. Unterschiede gab es lediglich bei der Frage nach verkaufsoffenen Sonntagen: Lehmann und Karabag sind für deren komplette Abschaffung, Huber hält zwei solcher Sonntage "als Ausnahme gerade für Familien" für vertretbar.

Atila Karabag brachte bei diesem Punkt die Lacher auf seine Seite, als er sagte: "Ich, als Nicht-Christ, muss darauf hinweisen, dass in der Bibel steht: ,Am siebten Tag sollst du ruhen’, und das soll so bleiben." Aus dem Publikum musste sich der Sozialdemokrat vorhalten lassen, dass es die SPD war, die Hartz IV eingeführt habe und so mitverantwortlich sei für die hohe Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Karabag entgegnete, er setze sich dafür ein, "dass es wieder so wird wie früher", in der Zeit vor Hartz IV.

Atila Karabag und vor allem Paul Lehmann zeigten sich bei den Herzensangelegenheiten des DGB deutlich sattelfester und besser vorbereitet als der Rechtsanwalt Emmerich Huber. Der Haupt-Organisator der europafreundlichen Kundgebungsreihe "Pulse of Europe" wurde immer dann deutlicher, emotional und argumentativ, wenn es um seine besonderen Anliegen ging: Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und der Umgang mit der AfD. Huber: "Die AfD ist eine marktradikale Partei, die genau das verlangt, was ihren Wählern schadet, zum Beispiel die Privatisierung der Sozialversicherungen." Atila Karabag fand: "Die AfD hat keinen Anstand, sie spaltet die Gesellschaft und hetzt." Und Paul Lehmann rief zum Widerstand gegen die Partei auf, natürlich im Rahmen der Gesetze.

Die AfD war ebenso wenig zum Gespräch geladen wie die FDP. Aufgrund der Absage der CSU- und FW-Kandidaten, sagte Emmerich Huber, "ist das heute Abend wie eine Inzuchtveranstaltung. Mit euch beiden allein", scherzte er, "macht das deutlich weniger Spaß". Auch darin waren sich alle einig.

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