Statt Brückenfestival

Hilfe für die Subkultur: "Kulturoase" sucht immer noch Ort für Open Air

24.7.2021, 18:52 Uhr
Gelöste Stimmung im Hochsommer 2020 im ehemaligen Marientorzwinger-Biergarten: Eine Initiative aus der freien Szene richtete hier für sechs Wochen die "Kulturoase Zwingerclub" ein. Bei 22 Veranstaltungen waren jeweils 100 Besucher zugelassen - im Bild DJane Pauletta bei der Eröffnung.

© Michael Matejka Gelöste Stimmung im Hochsommer 2020 im ehemaligen Marientorzwinger-Biergarten: Eine Initiative aus der freien Szene richtete hier für sechs Wochen die "Kulturoase Zwingerclub" ein. Bei 22 Veranstaltungen waren jeweils 100 Besucher zugelassen - im Bild DJane Pauletta bei der Eröffnung.

Im ersten Corona-Sommer 2020 hatten sich mehrere Kulturinitiativen als "Kulturoasis e.V." zusammengeschlossen, um für die brachliegende Veranstaltungslandschaft ehrenamtlicher Gruppen, die keine eigenen Freiluft-Spielorte haben, symbolisch eine Oase zu bauen. Im leerstehenden Marientorzwinger-Biergarten auf der Stadtmauer richteten sie im August und September eine Open-Air-Bühne für 22 Gastspiel-Auftritte vor je maximal 100 Zuschauern ein. Geboten waren zum Beispiel Indie-Musik, Lesungen, DJ-Sessions und andere kostengünstige Musik- und Unterhaltungsformate.

Die Neuauflage 2021 wirkte im Kulturausschuss des Stadtrats im Mai eigentlich schon fix. Der Geschäftsbereich Kultur im Rathaus stellte dem Verein Fördermittel aus dem kommunalen 100.000-Euro-Topf für den "Kulturfrühling" in Aussicht. Doch die Initiatoren haben bei ihrer Standortsuche seitdem einen Rückschlag nach dem anderen erlebt. Ihren Favoriten, die historische Feuerwache 1 in Gostenhof, gibt die Stadtverwaltung nicht frei, sie führt bauliche Mängel und Rücksicht auf die Anwohner an. Die späte und widersprüchliche öffentliche Information darüber kritisierten die Kulturstadträte kürzlich.

Zähe Absprachen

Vor wenigen Tagen dann kam das Veto für einen anderen Wunschstandort, einen Hof beim Spittlertor, wo gerade die Musikzentrale Freiluftkonzerte ("Musikspeicher") veranstaltet. Dort ist ein Turmdach baufällig geworden. Aus dem Rennen fielen auch der ehemalige Lederer-Biergarten an der Bärenschanze und der Annapark in der Südstadt, jeweils wegen Sorgen des Eigentümers beziehungsweise des Rathauses vor Lärmbelästigung. Der Marientorzwinger steht zwar weiterhin leer, die Kulturoasis-Macher selbst schließen ihn aber wegen fehlender Barrierefreiheit aus.


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"Der Prozess verlief zäh, die Kommunikation mit den Behörden leider sehr langsam", stellt Vereinsvorstand Justin Seeger fest. Man wolle aber niemandem einen Vorwurf machen und fühle sich von der Stadt Nürnberg in der Sache unterstützt. Seeger behält die Hoffnung: "Wenn wir bis Anfang August endlich eine Zusage bekommen, könnten wir ab Mitte August noch sechs Wochen lang Programm machen." Neben der Pegnitzwiese unter der Theodor-Heuss-Brücke prüft das Liegenschaftsamt gerade noch einen zweiten Standort. "Wir tun alles, um das Vorhaben noch zu ermöglichen", verspricht Amtsleiter Claus Fleischmann. "Es ist uns ein echtes Anliegen", sagt auch Martina Bauernfeind, die zuständige Mitarbeiterin von Kulturbürgermeisterin Julia Lehner. "Wir haben so für das Fördergeld gekämpft."

Etwas Avantgarde fehlt in Nürnberg

Einer der Ideengeber für die Kulturoasis-Bühne ist das Stadtratsmitglied Ernesto Buholzer Sepúlveda von der Politbande. Er hat Kritik für die Hängepartie übrig und sieht den Fehler auch in mangelhafter Koordination innerhalb der Stadtverwaltung. Die Kulturoasis sei ein Musterbeispiel dafür, wie eine Kommune Kulturaktivitäten ressourcenschonend an freie Träger auslagern könne. "So ein Avantgardismus fehlt oft in Nürnberg." Aber dafür brauche es dann eben mehr der vielbeschworenen "Ermöglichungsräume". "Die Stadt Nürnberg hat einen relativ großen Kulturetat, aber eben auch viel zu große Ambitionen, alles selbst kuratieren zu wollen."

Auch der Marientorzwinger - hier ein Foto vom Eröffnungskonzert 2020 - steht nicht mehr zur Verfügung, außerdem ist der Spielort nicht barrierefrei.

Auch der Marientorzwinger - hier ein Foto vom Eröffnungskonzert 2020 - steht nicht mehr zur Verfügung, außerdem ist der Spielort nicht barrierefrei. © Michael Matejka

Das Brückenfestival, das sonst an einem Augustwochenende unter der Theodor-Heuss-Brücke stattfindet, entfällt in diesem Sommer zum zweiten Mal wegen der Pandemie. Das ist schon seit vergangenem Herbst Beschlusslage, so Justin Seeger, der auch hier zu den Organisatoren zählt. "Wir stehen für Offenheit und Barrierefreiheit, und ein wegen Corona-Auflagen eingezäuntes Festival konnten wir uns einfach nicht vorstellen."

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