Ärzte kämpfen mit Fremd-Medikamenten gegen Corona

4.4.2020, 05:55 Uhr
Das Medikament Avigan hilft, die Vermehrung von Grippeviren einzudämmen. Ob es allerdings auch gegen Sars-CoV-2 hilft, ist noch unklar.

© KAZUHIRO NOGI, AFP Das Medikament Avigan hilft, die Vermehrung von Grippeviren einzudämmen. Ob es allerdings auch gegen Sars-CoV-2 hilft, ist noch unklar.

Es gehe um Millionen Packungen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die sich auf Behördenkreise beruft. "Die beschafften Arzneimittel werden über Apotheken von Universitätskliniken und Behandlungszentren für die stationäre Versorgung verteilt", sagt dazu ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Dabei handelt es sich etwa um die Tablette "Avigan", die den Wirkstoff Favipiravir enthält. Er blockiert einen Botenstoff, den Grippeviren brauchen, um sich zu vermehren. Das bedeutet aber nicht, dass er beim Coronavirus Sars-CoV-2 genauso wirkt. Es laufen zwar bereits Studien, Ergebnisse zur Wirksamkeit liegen aber noch nicht vor.

Weltweit arbeiten Wissenschaftler daran, Medikamente zu finden, die gegen die neuartigen Viren helfen. Damit wollen sie die Ausbreitung bremsen und dazu beitragen, dass die dadurch ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 weniger schwer verläuft und seltener tödlich ist. Ein Medikament könnte schneller gefunden sein als ein Impfstoff, weil die Mediziner versuchen, auf bereits zugelassene Wirkstoffe aufzubauen. Bei neuen Impfstoffen muss erst in zahlreichen, aufwändigen Studien nachgewiesen werden, dass keine unerwarteten Nebenwirkungen auftreten.

HIV-Medikament in der Testphase

Aktuell ließen sich allerdings noch zu keinem der genannten Arzneimittel, die die Bundesregierung kauft, Aussagen zur Wirksamkeit bei Covid-19 treffen, sagt ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Die Ergebnisse laufender klinischer Prüfungen blieben abzuwarten. Getestet wird vor allem, um Patienten mit besonders schweren Verläufen eventuell doch noch zu retten. Die Folgen sind schwer absehbar. Auch wenn etablierte Medikamente in einem anderen Kontext verwendet werden, kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen.

Im Test befindet sich zurzeit auch das Arzneimittel "Kaletra", eine Kombination aus den Wirkstoffen Lopinavir und Ritonavir, das seit 2001 HIV-Patienten bekommen. Es soll die Vermehrung der Coronaviren in Rachen und Lunge hemmen. Eine erste, zweiwöchige Studie Ende Januar in Wuhan brachte allerdings nicht den gewünschten Erfolg. Bei 200 Personen mit schwerem Verlauf und einem Durchschnittsalter von 58 Jahren hat sich keine Verbesserung gezeigt. Aus früheren Laborstudien ist jedoch bekannt, dass Lopinavir und Ritonavir gegen länger bekannte Coronaviren wie Sars und Mers teilweise wirken, deshalb empfehlen Mediziner nun weitere Tests. Zum Beispiel könnte eine Kombination mit anderen Wirkstoffen bessere Ergebnisse bringen.

Ärzte können den Krankheitsverlauf derzeit nur abmildern

Bislang gibt es noch keine Arzneimittel, die speziell Coronaviren angreifen. Deshalb versuchen Mediziner, Medikamente einzusetzen, die gegen andere Virenarten wirken. Auf einer aktuellen Liste des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller stehen mehr als 30 Wirkstoffe, die jetzt umfunktioniert werden sollen. Der Verband unterteilt sie in drei Gruppen. Die antiviralen Medikamente blockieren die Vermehrung der Viren. Dazu gehört die Tablette "Foipan" mit dem Wirkstoff Camostat, die die Bundesregierung aus Japan einkauft. Sie wird sonst bei einer entzündeten Bauchspeicheldrüse oder Speiseröhre eingesetzt. Kliniken in den USA testen das Malaria-Mittel "Resochin" mit dem Wirkstoff Cloroquin. Deutschland hat zwei deutsche Studien mit Remdesivir genehmigt, einem Wirkstoff der ursprünglich gegen Ebolafieber entwickelt worden ist.

Die zweite Gruppe bilden sogenannte Immun-Modulatoren, die sonst bei Formen von Rheuma oder einem entzündeten Darm helfen. Sie regulieren die körpereigene Abwehr, damit sie nicht mehr schadet als das Virus selbst. Die dritte Gruppe sind Medikamente für Lungenkranke, die den Sauerstofftransport in Blut unterstützen, etwa bei Fibrose, bei der Narben das Lungengewebe verhärten und das Atmen erschweren. Bis ein Medikament gegen Covid-19 gefunden ist, bleibt den Ärzten nur übrig, den Verlauf der Krankheit abzumildern. Sie versuchen, den Patienten das Atmen zu erleichtern, indem sie Sauerstoff geben und eine zusätzliche Lungenentzündung mit Bakterien durch Antibiotika zu verhindern.


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