Pläne aus Berlin: Der zweite Corona-Lockdown steht bevor

28.10.2020, 12:08 Uhr
Dem Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes zufolge soll das öffentliche Leben in Deutschland im November stark eingeschränkt werden.

© Janine Schmitz/photothek.net via www.imago-images.de, imago images/photothek Dem Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes zufolge soll das öffentliche Leben in Deutschland im November stark eingeschränkt werden.

Es sind 16 Punkte, die Kanzlerin Angela Merkel in ihrem Papier auflistet und die es in sich haben. 16 Punkte, die nicht bei allen Ministerpräsidenten auf Gegenliebe stoßen werden. Doch angesichts des Tempos, mit dem sich das Corona-Virus wieder in ganz Deutschland ausbreitet, bröckelt die Front der Weichzeichner. Selbst Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet nähert sich jenem Kurs an, den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seit Langem fordert.


+++ Bund und Länder einigen sich: Kontaktbeschränkungen schon ab 2. November +++


Im Kern sieht die Regierungsvorlage vier Dinge vor: Die Menschen sollen ihre Kontakte möglichst auf Null herunterfahren; so ziemlich alle Freizeiteinrichtungen müssen vorübergehend schließen; nur Schulen und Kitas bleiben offen; der Bund nimmt dafür erneut Geld in die Hand und hilft jenen Unternehmen und Betrieben, die der zweite Lockdown besonders hart treffen wird.

Folgen die Länderchefs der Kanzlerin, tritt der Lockdown am 4. November in Kraft und bleibt bis Ende des Monats. Anders, heißt es in dem Papier, lasse sich die zweite Welle nicht brechen. "In nahezu allen Regionen Deutschlands" herrsche "eine exponentielle Dynamik" vor; nur wenn die Kontakte erheblich reduziert werden, lasse sich die Inzidenzzahl wieder unter 50 pro 100.000 Einwohner und Woche drücken. Andernfalls werde binnen Wochen das Gesundheitssystem kollabieren und "die Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle erheblich ansteigen".

Merkels Vorschlag

- Abstand halten. Die Menschen sollen Kontakte nach Möglichkeit nur noch zu ihrer engsten Familie aufrecht erhalten. In der Öffentlichkeit dürfen sie sich demnach nur noch mit Angehörigen und Menschen aus einem weiteren Hausstand treffen. Feiern auf öffentlichen Plätzen wie im Privaten seien "angesichts der ernsten Lage inakzeptabel".

- Freizeit. So ziemlich alle Einrichtungen müssen nach den Plänen des Kanzleramtes schließen. Das trifft etwa Theater, Opern oder Konzerthäuser. Ebenso Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, kurz: alle Anbieter von Freizeitaktivitäten, drinnen wie draußen. Prostitution und Bordellbetrieb sind ohnehin untersagt. Es trifft demnach aber auch wieder den Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen Sportanlagen, in Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und anderen vergleichbaren Einrichtungen. Grundsätzlich will Berlin alle Veranstaltungen untersagen, "die der Unterhaltung dienen".

- Arbeiten. Industrie, Handwerk und Mittelstand sollen möglichst unbeschadet durch den zweiten Lockdown kommen. Geht es nach dem Bund, erarbeiten die Betriebe maßgeschneiderte Hygiene-Konzepte und beschränken die Kontakte intern wie zu Kunden auf ein Minimum. Wo immer umsetzbar, sollen die Unternehmen auf Heimarbeit ausweichen.

- Risikogruppen. Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen haben ohnehin schon umfassende Schutzkonzepte erarbeitet. Mit Schnelltests soll nun sichergestellt werden, dass sich SARS-CoV-2 innerhalb der Einrichtungen nicht unkontrolliert verbreitet. Die Kosten übernimmt Berlin.

- Einzelhandel. Geschäfte und Läden dürfen nach der Vorlage weiter geöffnet bleiben. Allerdings gelten dann strengere Vorgaben. So fährt die Vorlage die Zahl der Kunden im Laden deutlich nach unten: Auf 25 Quadratmeter Verkaufsfläche darf demnach nur noch ein Kunde kommen. Aktuell ist das Zweieinhalbfache zulässig.

- Schulen und Kindergärten. Sie sollen weiter offen bleiben (in Bayern enden am 6. November die Herbstferien). Allerdings sollen die Länder weitreichende und umfassende Hygienekonzepte erarbeiten, damit das Virus sich nicht über diesen Weg ausbreitet.

- Reisen. Die Menschen sollen "generell auf private Reisen und Besuche - auch von Verwandten - verzichten". Das gilt ebenso für überregionale tagestouristische Ausflüge. Hotels und Pensionen dürfen nur noch Gäste aufnehmen, die "ausdrücklich nicht touristische Zwecke" anstreben und deren Reise unvermeidbar ist.

- Gastronomie. Geht es nach dem Bund, schließen die Länderchefs ab 4. November alle Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen. Lediglich der Verkauf "mitnahmefähiger Speisen" wäre dann noch erlaubt. In Bayern sind Clubs, Diskos und Bars allerdings ohnehin schon geschlossen.

- Körperpflege. Massage- und Kosmetikstudios sowie Tattoostudios und vergleichbare Einrichtungen müssten schließen. Physiotherapien und andere medizinisch notwendige Behandlungen blieben weiter erlaubt. Friseurbetriebe müssten, anders als beim erste Lockdown, nicht dicht machen.

- Berlin stockt seine Hilfsprogramme noch einmal auf. Ein Nothilfe-Programm, das im Papier nicht näher dargestellt ist, soll für die finanziellen Ausfälle einspringen. Berlin will seine Überbrückungshilfen "verlängern und die Konditionen ... verbessern".

Ob es tatsächlich so kommen wird, ist vorerst offen. Kanzlerin Merkel schaltet sich heute ab 13 Uhr mit den Ministerpräsidenten zusammen und berät, welche Teile des Konzeptes sie übernehmen werden. Die Zahl der Länderchefs allerdings wächst, die diesen zweiten Lockdown für das kleinere Übel halten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnt seit Langem, dass im Herbst die Zahlen außer Kontrolle geraten könnten. Ein zweiter Lockdown sei näher, als viele denken. Jetzt könnte er recht behalten.

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