Debatte um Astrazeneca: Corona-Impstoff ist kein "Wunschkonzert"

17.2.2021, 10:56 Uhr
Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca sind mit jeweils einem eigenen Corona-Impfstoff auf dem Markt. deren Wirksamkeit wird unterschiedlich eingeschätzt.

© Luka Dakskobler, dpa Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca sind mit jeweils einem eigenen Corona-Impfstoff auf dem Markt. deren Wirksamkeit wird unterschiedlich eingeschätzt.

Christian Drosten, der bekanntlich kein Problem damit hat, auch mal anzuecken, hält grundsätzliche Bedenken gegen den Astrazeneca-Impfstoff für unbegründet und ist für einen breiten Einsatz des Präparats. Er sehe keine Veranlassung, das Vakzin aus schwedisch-britischer Produktion in Deutschland nicht zu spritzen, sagte der Charité-Virologe im Podcast "Coronavirus-Update" bei NDR-Info. Wenn er sich die öffentliche Diskussion um diesen Impfstoff anschaue, habe er den Eindruck, dass vieles falsch verstanden worden sei.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstrich, dass der Impfstoff von Astrazeneca sicher sei. Er selbst würde sich impfen lassen, sagte er dem TV-Sender RTL. "Ausdrücklich auch mit Astrazeneca. Das ist ein sicherer und wirksamer Impfstoff", so Spahn.

Der Impfstoff von Astrazeneca hat eine geringere Wirksamkeit als die beiden anderen in Deutschland zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna. Kürzlich wurde zudem bekannt, dass das Astrazeneca-Präparat bei einer zunächst in Südafrika entdeckten Variante wohl weniger vor milden und schweren Verläufen von Covid-19 schützt.

Drosten sieht bei der Studie jedoch einige Einschränkungen. Zudem hält er für Deutschland insbesondere die Variante aus Großbritannien (B.1.1.7) für relevant. Deren Anteil wachse hierzulande, ebenso wie in anderen Ländern. Neue Daten vom Robert Koch-Institut dazu werden in dieser Woche erwartet. B.1.1.7 bedeute aber laut einer Studie keinen Nachteil für die Schutzwirkung des Astrazeneca-Impfstoffs, so Drosten.

Im Zusammenhang mit der niedrigeren Wirksamkeit gibt es Berichte über eine geringere Bereitschaft zur Impfung mit dem Vakzin. So kritisierte die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann, dass am Wochenende bei einer "Sonderimpfung im medizinischen" Bereich 54 Prozent von 200 zur Impfung angemeldeten Personen nicht erschienen seien, ohne den Termin abzusagen. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich wegen der geringeren Wirksamkeit in der Rheinischen Post gegen eine Astrazeneca-Impfung bei medizinischem Personal aus - die Probleme ließen sich nicht wegdiskutieren, so Montgomery.

Drosten sagte hingegen: "Wir müssen alles dransetzen, jetzt so schnell wie möglich in der Breite zu impfen." Die verfügbaren Impfstoffe seien extrem gut gegenüber dem, was man erwarten konnte. "Es gibt immer irgendwo ein Haar in der Suppe, und manche schauen da mit dem Vergrößerungsglas drauf."

"Alle Impfstoffe sind hochwirksam"

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der Rheinischen Post: "Alle Impfstoffe haben ein reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen und sind hochwirksam." Für die nächsten Monate bleibe absehbar, dass nicht ausreichend Impfstoffe zur Verfügung stünden. "Deshalb muss priorisiert werden. Solange das so ist, kann es keine Wahlmöglichkeiten geben."

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sieht das genauso, auch er lehnt eine Wahlmöglichkeit für Bürger beim Corona-Impfstoff ab. Die drei verfügbaren Impfstoffe seien regulär zugelassen und wissenschaftlich geprüft, sagte der CSU-Politiker in einem Interview der Bayern-2-Radiowelt. Das gelte auch für den Impfstoff von Astrazeneca. "Wir haben jetzt einfach noch zu wenig Impfstoff. Wir hoffen, dass es mehr wird. Aber jetzt geht es um die Einschätzung der Situation im Moment. Und da stehen die drei zur Verfügung, und da ist es eben kein Wunschkonzert", betonte der Minister.

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